„Räume und Gefühle stehen mithin unablässig in produktivem Austausch und konstituieren in dieser Verschränkung Mentalitäten, Lebensformen und Lebensstile einer Kultur“ – von dieser These nimmt  die Anthologie „Raum und Gefühl“ ihren Ausgang.

Die Herausgeberin Gertrud Lehnert ist Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft an der Universität Potsdam. Gemeinsam mit 18 weiteren Autoren, Wissenschaftlern aus den Bereichen Kunst, Kultur, Literatur und Medien, widmen sie sich zu fünf Oberthemen – „Wahrnehmung, Raum, Gefühl“, „Die Räume und die Künste“, „Urbane Räume“, „Räume Schreiben“ und „Literatische Räume“ – der Wahrnehmung von Räumen und dem wahrgenommenen Raum.

Sowohl die Kategorien als auch die Autorschaft lassen erkennen, dass viele der Räume in diesem Buch keine – sichtbaren – Wände haben. Aus verschiedenen Perspektiven werden der Raum und die Raumwahrnehmung untersucht. Dementsprechend wird Raum auf verschiedenste Weise definiert und nicht als feste Konstante gehandelt. Hierbei gilt: Raum wird „durch menschliches Handeln“ verändert und Räume wirken „auf das Handeln und Gefühl zurück“. Der Begriff des Raums wird nicht eingegrenzt, sondern seine Weitläufigkeit dargestellt. In ähnlicher Weise wird der zweite Begriff des Titels „Gefühl“ pluralistisch definiert und hier beispielsweise für Raumwahrnehmung, Raumwirkung und Gefühlsraum verwandt. Die unterschiedlichsten Räume und ihre Perzeption werden vorgestellt: Hotelzimmer und Warenhäuser ebenso wie Schaufenster und Räume in Computerspielen, Lesekabinen und Bibliotheken, Konzentrationslager und Gärten, Passagen und Straßenräume oder auch Intensitäts- und Transformationsräume.

Nicht alle Beiträge sind für die Architektur relevant, aber es werden spannende Phänomene und Entwicklung der Raumtheorie dargestellt. So geht Dieter Mersch den „Fraktalen Räumen“ nach, eine Folge des Einflusses von Internet und mobiler Kommunikation auf den geographischen Raum, mit dem Ergebnis, dass mehrere Räume simultan bewohnt werden. „Scripted Spaces“ dagegen sind Räume, die „Handlungsanweisungen“ vorgeben. Diese werden von Laura Bieger erforscht, die die Wirkung von Räumen untersucht, die den „narrativen Rahmen, in

dem diese Handlungen stattfinden“ bestimmen. Sie stellt dies an drei architektonischen Beispielen vor: dem Strip in Las Vegas, dem Washingtoner Regierungsviertel und der White City in Chigago. Das Buch liefert einen umfangreichen Überblick der wichtigs­-ten Raumtheorien und Raumforscher.