Brückenmetropole Hamburg | Baukunst – Technik – Geschichte bis 1945
Text: Niemann, Sebastian, Paris
Brückenmetropole Hamburg | Baukunst – Technik – Geschichte bis 1945
Text: Niemann, Sebastian, Paris
Während die Ausstellung durch eine nüchterne, sehr kompakte Darstellung, die von spielerisch-didaktischen Annährungsformen aufgelockert wird, überzeugen kann, kommt das Buch von Sven Bardua kaum über einen Sammelband hinaus. Da die Abschnitte nur relativ dürftig miteinander verbunden sind, gelingt es dem Autor leider nicht, für Orientierung in der Hamburger Brückenlandschaft zu sorgen. Zudem verlieren sich die historischen Ausführungen zu sehr in Verallgemeinerungen, als dass einem wissenschaftlichen Anspruch Rechnung getragen werden kann; auf ein Fazit wird gänzlich verzichtet.
Von Interesse ist vor allem die Diskussion um die Ambivalenz der „Ingenieursbaukunst“ als Synthese aus statischen und ästhetischen Ansprüchen: Da die Ingenieure mit dem technischen Fortschritt der Industrialisierung die von den Architekten repräsentierten ästhetischen Konventionen schlichtweg überholten, kam es im Brückenbau bisweilen zu eigentümlichen Ergebnissen in der „Zusammenarbeit“ beider Disziplinen, wie sie zum Beispiel die Straßenbrücke über die Norderelbe von 1887 mit ihren torartigen Kopfbauten verkörpert. Das Tragwerk aus dreilinsenförmig verschränkten Druckbögen und Zugbändern von jeweils über 100 Metern Länge wurde hier mit historisierenden Klinkerbauwerken an beiden Enden der Brücke „aufgewertet“. Ähnliche Formen der Gestaltung, wie die „Verkleidung“ von Stahlbeton durch Klinker und das Hinzufügen symbolischer Referenzen durch Bildhauer, trugen noch lange Zeit zur Einbindung von Brücken in das Stadtbild bei.
Dass die neugotischen „Stadttore“ an der Norderelbe in den 50er Jahren abgebrochen wurden, da sie den technischen Anforderungen einer Brückenerweiterung im Weg standen und zu diesem Zeitpunkt auch keine ästhetischen Einwände vorgetragen wurden, belegt den Wandel der Prioritäten. Wie das eingangs erwähnte Beispiel der Erneuerung der Sternbrücke zeigt, scheinen heute jedoch weder Architekten noch Ingenieure, sondern allein die Technokratenmit ihren funktionell-ökonomischen Ansprüchen die Oberhand gewonnen zu haben. Eine Stadt, die wie Hamburg von ihrer Verkehrsinfrastruktur abhängig ist, muss sich daher fragen, wie das Gleichgewicht aus statischen, ästhetischen und ökonomischen Ansprüchen bei der Errichtung und Erneuerung von Brückenbauwerken hergestellt werden kann. Auf der Suche nach einer Antwort liefern Buch und Ausstellung wichtige historische Beispiele.
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