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„Wir haben das niederländische Baurecht genau durchforstet“

Interview mit Helena Casanova

Text: Berg, JaapJan, Amsterdam

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Helena Casanova

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Helena Casanova


„Wir haben das niederländische Baurecht genau durchforstet“

Interview mit Helena Casanova

Text: Berg, JaapJan, Amsterdam

Helena Casanova von Casanova + Hernández Architecten im Gespräch
Das Projekt der Super-Shell-Houses geht auf den Europan 6-Wettbewerb im Jahr 2001 zurück. Zwischen Idee und Ausführung liegt eine Menge Zeit.
Helena Casanova | Es war eines unserer ersten Projekte, gleich nach der Gründung des Büros in Rotterdam. Der Entwurf hat sich über die Jahre natürlich verändert. Im Wettbewerb schwebte uns eine offene Strategie vor, bei der wir nur die wesentlichen Eckpunkte festlegen – also eher als Stadtplaner auf Quartiersebene arbeiten, denn als Architekten im Maßstab des einzelnen Gebäudes. Wir haben damals die städtebauliche Figur entworfen und die architektonischen „Spielregeln“ vorgegeben – nicht zuletzt, um Anpassungen an die wirtschaftlichen Gegebenhei-ten zu ermöglichen, die sich während langfristiger Stadtentwicklungsprozesse ja ändern.
Eine eher defensive Entwurfshaltung ...
Indem wir eine Siedlung entwarfen, in der es nicht-standardisierte Gebäudetypen zu kaufen gab, hofften wir, unsere potenziellen Zielgruppen würden ein Haus finden, das ihren Wohnwünschen entspricht, wollten größtmögliche Flexibilität schaffen für die „Personalisierung“ der Häuser. Wir haben die Bestimmungen des niederländischen Baurechts genau durchforstet und dabei herausgefunden, dass es möglich ist, Häuser ohne Küchen, Toiletten oder Bäder anzubieten. Die einzigen vorgeschriebenen Einbauten sind eine Treppe und ein Sicherungskasten.
Haben Sie mit den künftigen Bewohnern zusammengearbeitet?
Persönlich hatten wir keinen Kontakt mit den Nutzern. Wegen der doch recht großen Anzahl von Interessenten hatte sich der Bauherr, eine Groninger Wohnungsbaugesellschaft, entschlossen, über eine Kontaktperson mit ihnen zu verhandeln. Grob gesagt, wurden zwei Optionen zur Wahl gestellt: Ein vollkommen leeres Haus zu kaufen oder ein Gebäude mit einer individuellen Ausstattung, die zum Zeitpunkt des Kaufs festgelegt wurde. Rein rechnerisch gab es 343 Varianten.
Wie sieht es mit Veränderungen nach der ersten Bewohner-Generation aus?
Das ist immer eine wichtige Frage bei dieser Art von Projekten. Wenn sich der erste Nutzer auf den Grundriss des Hauses festgelegt hat, muss die folgende Generation erst einmal damit leben: also im Prinzip kein Unterschied zu herkömmlichen Bauprojekten. Aber Dank der drei möglichen Positionen des Installationsschachts sind diese Häuser doch wesentlich flexibler als traditionelle Bautypen. Spätere Bewohner können neue Positionen für die Installationen wählen und so die Grundrisse komplett verändern – ohne allzu große Investitionen.
Ist das Ihr einziges derartiges Projekt?
Es ist das bisher umfangreichste Projekt dieser Art. Wir versuchen aber generell, bei unseren Bauten ein Maximum an Flexibilität zu erreichen, weil wir es wichtig finden, dass die Bewohner eine Rolle bei der Gestaltung ihres eigenen Hauses spielen. Der Philosoph Zygmunt Bauman hat das die „flüchtige Moderne“ genannt: Warum sollen sich denn in einer Gesellschaft, in der alle so viele Möglichkeiten haben und sich alles ständig wandelt, nicht auch Häuser individuell anpassen lassen?

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