Bauwelt

„Die Träger stellten eine besondere Herausforderung dar“

Interview mit Daniel Pfanner

Text: Redecke, Sebastian, Berlin; Pfanner, Daniel, Frankfurt am Main

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Foto: Luc Boegly

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„Die Träger stellten eine besondere Herausforderung dar“

Interview mit Daniel Pfanner

Text: Redecke, Sebastian, Berlin; Pfanner, Daniel, Frankfurt am Main

Interview mit Daniel Pfanner, Fassadenplaner und Partner von den Ingenieuren Bollinger+Grohmann, über die Konstruktion des Louvre Lens.
Herr Pfanner, in der Eingangshalle des Louvre Lens kommen Sie mit wenigen, extrem schlanken Rundstützen aus. Vergleichbares gibt es auch im Rolex Learning Center der EPFL in Lausanne. Wie gelingen Ihnen derartige Lösungen?
Die Herausforderung ist weniger die Anzahl und die geringe Dimension der vorhandenen Stützen, sondern vielmehr die Tatsache, dass außer ihnen keine weiteren vertikalen Bauteile, wie zum Beispiel Wände, bis zur Dachstruktur reichen. Da die Stützen keine Aussteifungslasten, beispielsweise aus Windbeanspruchungen, abtragen können, war die gesamte Eingangshalle zunächst unausgesteift, was natürlich nicht akzeptabel ist. Es wurde eine Lösung erarbeitet, mit der sämtliche Horizontallasten in der Dachstruktur zu den Eingängen der beiden Ausstellungsgebäude querverteilt werden. Hier werden sie über Stahlverbände abgetragen, die in die angrenzenden Außenwände der Ausstellungsgebäude integriert sind. Die Stahlstützen übernehmen als klassische Pendelstützen lediglich Vertikallasten. Für den Stützendurchmesser von 14 Zentimetern war die Detail­ausbildung an Kopf- und Fußpunkt maßgeblich.
Wie wurde die Dachkonstruktion konzipiert?
Wie bei den meisten Projekten war es eine Entwicklung über einige Varianten bis zur endgül­tigen Lösung. Zu Beginn des Projekts gingen wir von einer sichtbaren Konstruktion unter einem Glasdach aus. Nun ist die Konstruktion abgehängt, sodass ein sehr rationaler Trägerrost aus Doppel-T-Profilen für die primären und sekundären Träger zum Einsatz kam. Durch die Querverteilung von Horizontallasten zu den beiden Ausstellungshallen hin, kommt es zur Konzentration von Normalkräften in diesen Trägern, die in der Dimensionierung zu berücksichtigen waren.
Welche besonderen Vorkehrungen wurden getroffen, damit die sechs Meter hohen Glasflächen der Fassaden nicht allzu starke Kräfte aufnehmen müssen?
Die Glasscheiben nehmen keinerlei Horizontalkräfte in ihrer Ebene auf. Um dies trotz der relativ großen Horizontalverformungen des Dachs zu gewährleisten, haben wir in der Fassadenplanung verdrehbare Einzellager für die Glasrahmen entwickelt. Diese Lösung wurde vom ausführenden Unternehmen allerdings abgeändert, sodass nun eine am oberen Glasscheibenrand entkoppelte Variante zum Einsatz kam.
Beim Glaspavillon gibt es einen großen Abstand zwischen der inneren und äußeren Glashaut. Welche Gründe hat das?
Die komplette Doppelfassade ist Teil des Energiekonzepts und wurde von uns gemäß den Vor­gaben umgesetzt. Die konkrete Tiefe des Fassadenzwischenraums ergab sich aus Simulationen des Klimaingenieurs, um die ordnungsgemäße natürliche Belüftung der Fassade über Öffnungen unter der Fassade und im Dachrand zu gewährleisten. Außerdem spielte natürlich die erforder­liche Tiefe für Wartung und Reinigung der Innenseiten der Glasflächen eine Rolle.
In der Haupthalle des Museums fallen die un­gewöhnlich schlanken und dicht nebeneinander liegenden „Lamellenträger“ ins Auge. Haben Sie diese Träger gemeinsam mit den Architekten entworfen?
Form und Zwischenabstand der Expo-Träger (der Name entstand in Anlehnung an den Einbauort in den Ausstellungshallen, „Bâtiments d’exposition“) sind das Endergebnis eines langen iterativen Prozesses mit den Architekten von SANAA. Die endgültige Entscheidung über die Gestalt wurde in enger Abstimmung zwischen unseren Berechnungen und der Modellbauwerkstatt in Tokio getroffen. Man kann schon sagen, dass die Träger für uns eine besondere Herausforderung darstellten. Sie sind weder in der Form noch im Aufbau konventionell, sondern bestehen – zumindest vom Besucher sichtbar – lediglich aus stehenden, nur 1 cm schmalen Blechen.
Arbeiten Sie zurzeit bei einem weiteren Projekt mit SANAA zusammen?
Derzeit leider an keinem konkreten Projekt.
Fakten
Architekten Kazuyo Sejima+Ryue Nishizawa/SANAA, Tokio; Bollinger+Grohmann Ingenieure, Frankfurt am Main
aus Bauwelt 5.2013
Artikel als pdf

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