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Passstücke

Bauen im historischen Kontext – Krekeler Architekten

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

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Passstücke

Bauen im historischen Kontext – Krekeler Architekten

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

„Pass-Stücke“: Ein Titelfoto mit zwei nahezu lebensgroßen Händen auf einem Steinblock. Man gewinnt den Eindruck, das Hardcover-Buch mit seinen 319 Seiten wie einen Stein in die Hand zu nehmen!
Die architektonische Handschrift der Architekten zeigt sich nicht, denn sie setzt sich weder deutlich ab noch in einer anderen Form in Szene. Im Epilog beschreibt es Jürgen Tietz als „ein behutsames Planen und ein oft demütiges Bauen, das der Erhaltung und Fortschreibung des historischen Bauwerks das Primat einräumt gegenüber der baulichen Selbstdarstellung der Architekten“. Krekeler Architekten haben sich ganz der Bedeutung und der Kraft des Bestands verschrieben, gehen für ihre Grundinstandsetzungen, Umplanungen und Ergänzungen intensiv in die Auseinandersetzung mit dem historischen Kontext.
Ein entscheidender Hintergrund für diese Arbeitsweise liegt in der Vorgeschichte des Büros. Achim Krekeler war seit 1984 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent am Deutschen Archäologischen Institut in Kairo. Danach war er viele Jahre auf der Nilinsel Elephantine bei Assuan tätig und hat dort nicht Neues entworfen, sondern, wenn überhaupt, bei den Wiederaufbauarbeiten fehlende Teile „in neutraler Formen-sprache“ ergänzt. Aus dieser Zeit mit vielen Erfahrungen in der Bauforschung erzählt der Architekt ausführlich im Prolog.
Für Achim Krekeler folgte dann in den frühen 1990er Jahren der große Schritt vom Nil in die Stadt Brandenburg an der Havel. Er gründete dort ein eigenes Büro und widmete sich dem riesigen Bestand an unsanierten Denkmalobjekten in ganz Ostdeutschland. Internationale Projekte, meist Sanierungen von Bauten des Bundes im Auftrag der Bundesbaudirektion, heute das BBR, bleiben ein zweites Standbein.
Die Dokumentation ist klar gegliedert. Sie beginnt mit neun das Buch in Einzelkapitel gliedernden und die Arbeit des Büros leitenden Begriffen: Spuren, Strukturen, Ordnen, Konzept, Anklänge, Verwandlung, Bewahren, Fragment und Idealbild mit jeweils einem Statement in wenigen Zeilen und einem Foto. Nach dem Prolog mit der Zeit in Ägypten und der Geschichte des Büros folgt der Hauptteil mit 30 Projekten aus 30 Jahren. Sie sind nicht chronologisch, sondern immer mit drei oder vier Bauten einem der Begriffe auf den ersten Seiten des Buchs zugeordnet, der zu ihnen passt. Zum Begriff „Strukturen“ sind es zwei Kirchen in der Lutherstadt Wittenberg und in Prenzlau und die Residenz des deutschen Botschafters in Bukarest, eine pompöse Villa von 1904. Bei vielen der 30 Bauten folgt nach einem einleitenden Kurztext der erläuternde Beitrag eines der Projektarchitekten im Büro. Leider fehlen bei vielen Bauten Grundrisse und Schnitte, die farblich dargestellt Veränderungen durch das Büro deutlich machen.
Herauszuheben ist, dass Krekeler Architekten sich bei weiten nicht nur mit historischen, sondern auch mit Bauten der jüngeren Zeit befassen. Die Spannweite reicht von der 2024 abgeschlossenen partiellen Wiedererrichtung des römischen Osiris-Nesmeti-Tempels in Elephantine und der Grundinstandsetzung des Nicolaihauses von 1670 in Berlin über die Sanierung und den teilweisen Wiederaufbau einer romantischen Burg des späten 18. Jahrhunderts in Kassel bis zur Highdeck-Siedlung in Berlin, ein Denkmal des Sozialen Wohnungsbaus von 1975–84 und heute ein sozialer Brennpunkt. Auch das Gymnasium Andreanum in Hildesheim von Die-ter Oesterlen aus den 1960er Jahren, die Residenz des deutschen Botschafters in Madrid von Alexander Freiherr von Branca von 1966 und das Audimax der TU Braunschweig von Friedrich Wilhelm Kraemer von 1959 sind zu nennen. Sie wurden alle mit Bescheidenheit instandgesetzt. In Braunschweig ist jetzt Kraemers stringenter Entwurf neu erlebbar (Bauwelt 11.2021).
Betroffen macht, dem Kapitel „Fragment“ zugeordnet, die Gedenkstätte von Beslan in Nord-ossetien-Alanien. 2004 wurde dort von tschetschenischen Terroristen eine Schule besetzt. Bei der Erstürmung durch russische Spezialeinheiten kamen mehr als 300 Menschen ums Leben, darunter viele Kinder. Hier haben Krekeler Architekten 2012 (Bauwelt 45.2013) mit eigener Sprache eine neue goldfarbene elliptische Gebäudehülle von großer Prägnanz und Symbolik über die Ruine gelegt.
Fakten
Autor / Herausgeber Jens Birnbaum, Tina Gebler und Achim Krekeler (Hrsg.)
Verlag Jovis Verlag, Berlin 2024
Zum Verlag
aus Bauwelt 11.2025
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