Bauwelt

Roskilde Festival Højskole


Im dänischen Roskilde hat im Februar die von MVRDV und COBE geplante Roskilde Festival Højskole eröffnet. Die Schule befindet sich in einer alten Betonfertigteilfabrik. Sie ist Teil eines neuen Stadtviertels, das dem Geist des nahen Roskilde Musikfestivals ver­pflichtet sein soll.


Text: Landes, Josepha, Berlin


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    Die Højskole ist, ebenso wie das golden glänzende Ragnarockmuseum, Teil von ROCKmagneten, einem Entwurf von COBE und MVRDV, der das neue Stadtviertel Roskilde Musicon kulturell aufwerten soll. Das Museum wurde 2016, die Schule in diesem Februar eröffnet.
    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Die Højskole ist, ebenso wie das golden glänzende Ragnarockmuseum, Teil von ROCKmagneten, einem Entwurf von COBE und MVRDV, der das neue Stadtviertel Roskilde Musicon kulturell aufwerten soll. Das Museum wurde 2016, die Schule in diesem Februar eröffnet.

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    Das Studentenwohnheim enstand mit sehr geringen Mitteln.
    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Das Studentenwohnheim enstand mit sehr geringen Mitteln.

    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Die metallische Fassadenverkleidung orientiert sich an der Containerstadt mit Kleingewerbe, die sich auf dem Platz vor dem ROCKmagneten eingelebt hat.
    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Die metallische Fassadenverkleidung orientiert sich an der Containerstadt mit Kleingewerbe, die sich auf dem Platz vor dem ROCKmagneten eingelebt hat.

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    Ragnarockmuseum
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    Ragnarockmuseum

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    Die Tischtennisplatte liegt der Schulleitung besonders am Herzen. Das Spiel bricht schon am ersten Abend das Eis zwischen bis dahin Unbekannten.
    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Die Tischtennisplatte liegt der Schulleitung besonders am Herzen. Das Spiel bricht schon am ersten Abend das Eis zwischen bis dahin Unbekannten.

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    Zweifellos raumprägend, die hölzerne Treppe zum Plaudern, Lesen oder als Tribüne für Veranstaltungen in der „orange Box“.
    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Zweifellos raumprägend, die hölzerne Treppe zum Plaudern, Lesen oder als Tribüne für Veranstaltungen in der „orange Box“.

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    Den Schülern stehen allerlei Werkzeuge und räumliche Ressourcen zur Verfügung, ...
    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Den Schülern stehen allerlei Werkzeuge und räumliche Ressourcen zur Verfügung, ...

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    ... etwa ein professionelles Tonstudio.
    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    ... etwa ein professionelles Tonstudio.

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    Der „fließende“ Raum zwischen den Kisten verdeutlicht, dass es an der Højskole wichtig ist, Teilbereiche zu vernetzen. Das gleiche gilt für vorgefundene und neue Struktur.

    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Der „fließende“ Raum zwischen den Kisten verdeutlicht, dass es an der Højskole wichtig ist, Teilbereiche zu vernetzen. Das gleiche gilt für vorgefundene und neue Struktur.

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    Die Möglichkeit von Blickbeziehungen zeigt, dass es darum geht, mit dem eigenen Lernen andere zu bereichern. Der orangefarbene Musikraum im Erdgeschoss und das schwarze Tonstudio im Obergeschoss las­-sen sich über Faltwände zu einem Publikum öffnen.
    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Die Möglichkeit von Blickbeziehungen zeigt, dass es darum geht, mit dem eigenen Lernen andere zu bereichern. Der orangefarbene Musikraum im Erdgeschoss und das schwarze Tonstudio im Obergeschoss las­-sen sich über Faltwände zu einem Publikum öffnen.

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    Orange wie die Festival-Bühne ist der Raum, wo Schüler und Lehrer morges zusammen singen.
    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

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    Orange wie die Festival-Bühne ist der Raum, wo Schüler und Lehrer morges zusammen singen.

    Foto: Rasmus Hjortshøj – COAST

Kaum mehr als ein Katzensprung ist es von Kopenhagen nach Roskilde. Ob über die Autobahn oder die Gleise der Danske Statsbaner, geradlinigführt der Weg aus der dänischen Hauptstadt nach Westen. Wen es hierher führt, der ist möglicherweise Anhänger der Monarchie – in der Kathedrale der 50.000 Einwohner zählenden Stadt werden seit über eintausend Jahren die Dänischen Könige beigesetzt – oder aber Fan populärer Musik. In Roskilde findet seit 1971 alljährlich ein, seither stetig wachsendes, Musikspektakel statt: das Roskilde Festival.
Nahe dem Festivalgelände, südlich des Stadtzentrums und von diesem durch Autobahn und Zugtrasse getrennt, entstand in den vergangenen Jahren das Fundament für den neuen, kulturell geprägten Stadtteil Musicon. Die Stadt hatte das Gelände 2013 erworben, nachdem der Betonhersteller Unicon die Produktion verlagert hatte. Plan ist es, ein Viertel mit rund 2000 Wohnungen und ebenso vielen Arbeitsplätzen „werden“ zu lassen: „Life before the City“ und „user-driven development“, steht auf den Fahnen.

Musicon

Kern von Musicon ist ein Ensemble von Kulturbetrieben, bestehend unter anderem aus einem Museum und einer Schule, deren Aufgabe es ist, den Festival-Spirit auch außerhalb des sommer­lichen Tohuwabohus im Quartier zu verankern. Wie gewünscht entwickelte sich auch schon kurz nach der Öffnung des Geländes, im freien Geist des Festivals und der bereits zuvor in der Umgebung ansässigen Künstler, eine erst informelle, später temporäre Containerstadt mit Kleingewerbe, die sich verstetigen sollte. Von einem Hauptquartier für die Roskilde Festival Group sowie einem neuartigen Gesundheitszentrum aus der Feder von Olafur Eliasson und Sebastian Behmann ist noch nichts zu ahnen. Die Preziosen des Kultursegments „ROCKmagneten“ hingegen, das Ragnarockmuseum und die Roskilde Festival Højskole, beide gemeinsam von COBE aus Kopenhagen und MVRDV aus Rotterdam geplant, haben eröffnet. Auch sind mittlerweile Wohnheime und erste Geschosswohnungsbauten in die Höhe gewachsen – bislang weitestgehend ohne dem industriell brüchigen Charme zu schaden.

Ein fulminantes Auftaktlicht auf Musicon warf 2016 die Fertigstellung des kühn kragenden Ragnarockmuseums – ein Gebäude in Gestalt eines goldenen Bügels, Abbild für Glamour und Rebellion des Rock’n’Roll, in dem die Geschichte der dänischen Rock- und Popmusikgeschichte lebt. Der goldene äußere Schein umhüllt Symbole für die der Musik innewohnende Leidenschaft und einen, bisweilen abgründigen, Freiheitsdrang: Das Foyer ist als samtig rotes Futteral inszeniert, darüber, zur Hälfte über den Eingang ragenden, obliegt es den Ausstellungsmachern, eine zwielichte Raumfolge zu bespielen. Nirgends könnte dieses Museum strahlen und mitspielen, wie an diesem Platz neben der alten Betonfertigteilfabrik, wo es als Ikone glänzt. Und die Auffrischung der benachbarten Fabrikhalle beachtet die Abhängigkeit. Seit Februar ist sie Standort der Roskilde Festival Højskole.
Roskilde Festival Højskole

Anders als bei deutschen Volkshochschulen, die einen für alle Generationen gleichermaßen geeigneten Ausbildungsweg abseits klassischer Curricula bieten, sind dänische Højskole auf die Berufsorientierung von Schulabgängern fokussiert. Die Jugendlichen leben ein Semester lang vor Ort und können in unterschiedliche Disziplinen hineinschnuppern, um ihr eigenes Profil zu finden – ohne dabei bewertet zu werden. Das System geht auf den Pfarrer Nikolaj Frederik Severin Grundtvig zurück, der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts Bildung auch für die ar­me Bevölkerung, zu der Zeit die Mehrheit, zugänglich machen wollte. Es hat sich bewährt, wenn auch gewandelt. Die Schule in Roskilde ist der erste Neubau einer solchen Institution seit fünfzig Jahren.
COBE und MVRDV, die sich während des Planungsprozesses bisweilen gegenseitig besuchten, die Arbeit aber darüber hinaus auf Planungsgruppen in Kopenhagen und Rotterdam verteilt hatten, verändern die Kubatur des vorgefundenen, modularen Gebäudes kaum. Zwischen vier Stützenreihen spannen zwei minimal geneigte Satteldächer, alle konstruktiven Elemente sind selbstredend: Betonfertigteile. Die Fassade mussten die Planer in den beheizten Nutzungseinheiten mit Dämmung aufrüsten, verstecken diese aber in einer doppelschaligen Betonwand. Das Dach ist aus schallschutztechnischen Gründen nach innen mit grauen HWL-Platten verblendet und für eine gute Belichtung von Dachfenstern durchbrochen.
Darunter gruppieren die Architekten 16 farbige Kisten, die Funktionsräume der Lehrbereiche Musik, Medien, Management, Politik, Kunst und Handwerk sowie ein Lehrerzimmer, Sekretariat und Sanitärzellen fassen. Die Kisten stapeln sie zweigeschossig, die Zwischenräume wabern herum und hindurch. Geschossübergreifend verknüpft der interne Freiraum die Vorbereiche und das Innere der Kisten durch großflächige, teils öffenbare Fenster. Konzentriertes Lernen ist möglich, versteht sich aber stets als kollektiver Prozess und nimmt so die Idee des Roskilde Festivals auf. Roskilde nämlich ist ein umfangreich auf dem Engagement freiwilliger Mitarbeiter gründendes Fest (mehr dazu ab Seite 46). Und so haben sich auch die Schüler der Højskole dort, zum Ende ihres Semesters eingebracht: Ihr Projekt für das Roskilde Festival 2019 war eine „nachhaltiges Camp“, ein Ort, der es den Besuchern erleichtern sollte, sorgsam mit ihren Nachbarn, den Organisatoren, der Umwelt und sich selbst umzugehen.
Festival Spirit

Wie dieser Umgang miteinander gelingen kann, das testen sie in der Schule täglich aus. Auch hier teilen sie ihren Alltag mit einer großen Familie aus Mitschülern und Lehrern. Sie leben in Wohngemeinschaften mit Zweierzimmern im benachbarten Wohnheim. Dieses zweiteilige Gebäuden besteht aus je vier Türmen, gruppiert um einen Innenhof. Eine Reihenhauszeile für die Lehrer und ihre Familien schließt sich an. Die Fassaden sind mit verschieden geriffelten und nuancierten grauen Wellblechen verkleidet, sodass der Anschein einer Containerarchitektur entsteht, die in Original zu kostenintensiv geworden wäre. Die verbindenden, offenen Erschließungsebenen sollen als Balkone der Begegnung dienen – was sich noch beweisen muss, denn die Schule und ihre Umgebung könnten zum attraktiveren Stadtplatz avancieren.
Im Schulgebäude schließlich beginnt der Tag allmorgendlich in der orangefarbenen Kiste links des Eingangs. Sie ist der Veranstaltungsraum: Auf orangefarbenen Stufen stehen orangefarbene Stühle – orange, wie die berühmteste Bühne auf dem Festival, die „Orange Stage“, auf der in diesem Jahr, unter anderen, zum sechsten Mal auch Bob Dylan aufgetreten ist. Diese orangefarbene Kiste dominiert als Aula das „Foyer“, in das hinein sie sich auch erweitern lässt. Dann kann das Publikum von gegenüber sich auftreppenden Sitzstufen aus zum Beispiel dem Spiel auf dem Flügel lauschen. Dieser teilt sich den Star-Status in der „Orange Box“ mit einem unscheinbar in dunklem Leder gebundenen Liederbuch: dem „Højskole Sangbogen“, Dänemarks Langzeitbestseller. Das Buch ist der Hit in allen siebzig Højskole und den meisten dänischen Haushalten. Die Architekten konzipierten eine passgenaue Regalwand dafür.
Raum, um Teil eines Ganzen zu sein

Die Kunst der Højskole besteht darin, Gemeinschaft und Individualität zu dosieren, von fami­liären Strukturen zu Eigenständigkeit überzuleiten und den Sinn der Jugendlichen für sich selbst aber auch für ihren Platz innerhalb einer Gemeinschaft, und damit letztlich in der Gesellschaft, zu stärken. Das ist ein Unterfangen, das dogmatisch enden könnte. Zumindest in Roskilde scheint das jedoch unvorstellbar. Die Freiräume zwischen den Programmpunkten sind räumlich wie auch sozial weitgespannt, verschlungen und geradezu flüssig. Die Räume in der Schule sind mit einfachen Mitteln, wie Farbe und Material, Raumproportion und internen Bezügen, attraktiv gestaltet und geben Anreiz, sie zu benutzen. So ist etwa das Lehrerzimmer der einzige holzverkleidete Körper, die Tanzkiste gelb gestrichen, die Musikbox gänzlich schwarz poliert, edel wie ein professionelles Tonstudio. Sie sind nahbar, und ihre Benutzung ist erstrebenswert, da sie von einer Wertschätzung für die Nutzer zeugen, die diesen wiederum Selbstbewusstsein verleihen kann.
Dergleichen gilt für die Ausstattung und das Personal. Die Lehrer sind jung(-geblieben) und engagiert, leben vor Ort; Materialien und Werkzeuge sind vielseitig und in gutem Zustand vorhanden, Anleitung stets parat. Kaum vorstellbar, dass aus dieser Konstellation keine Motivation für noch den zurückhaltendsten Schüler erwächst. Rückzugs- und Austauschbereiche für die Abstimmung auf eigene Bedürfnisse nach Nähe und Abstand bieten die verschachtelten Räume zur Genüge, und Nahtstellen, damit das System trotz diverser Tages- und Lebensrhythmik zusammenhält, geben, neben der orangefarbenen Box, etwa der Speiseraum, die aus alten Festivalbau­ten zusammengewerkelten Lounge-Möbel oder die Tischtennisplatte, um die Lehrer und Schüler jeden Abend gemeinsam ihre Runden drehen.



Fakten
Architekten MVRDV, Rotterdam; COBE, Nordhavn
Adresse Basgangen 20, 4000 Roskilde, Dänemark


aus Bauwelt 17.2019
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