Bauwelt

Die DDR und das Porzellan

Opulente Keramikschau in Dresden: von Meissener Wand­arbeiten bis Sake-Sets

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Die DDR und das Porzellan

Opulente Keramikschau in Dresden: von Meissener Wand­arbeiten bis Sake-Sets

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Die Ausstellung „Die blauen Schwerter “ im Japanischen Palais in Dresden schafft einen facettenreichen Überblick über die während der DDR-Zeit geschaffenen Erzeugnisse von Meissen.
Eine Kooperation der Porzellansammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit der Meissen Porzellan-Stiftung gibt bis ins Detail Aufschluss über den künstlerischen Entstehungsprozess einiger der rund 450 Exponate.
Die Porzellan-Manufaktur Meissen war 1710 Europas erste ihrer Art. Schon ihr Gründer August der Starke (1670–1733) präsentierte seine umfangreiche Sammlung im Japanischen Palais. Dafür sollte der gesamte Gebäudekomplex zum „Porzellanschloss“ werden, mit opulenten Wandgestaltungen, Bauschmuck und künstlerischen Objekten. Zwar blieb das Vorhaben unvollendet, doch ziehen sich seitdem baugebundene Arbeiten durch die gesamte Manufakturgeschichte.
Zwei Räume der Sonderschau zeigen Wandgestaltungen der DDR-Zeit. 1951 bekam die Porzellanmanufaktur den Auftrag für die kunsthandwerkliche Umsetzung der monumentalen Wandgestaltung „Aufbau der Republik“ in der Pfeilervorhalle des damaligen Hauses der Ministerien in Berlin (ursprünglich: Reichsluftfahrtministerium, heute: Detlev-Rohwedder-Haus). Der Künstler Max Lingner geriet bei der Motivfindung jedoch in die „Formalismus“-Kampagne, die eine Lobpreisung des neu gegründeten Staates im Stil des „Sozialistischen Realismus“ durchsetzen wollte. Lingner musste seinen Entwurf mehrfach grundlegend überarbeiten, bis er damit selbst nicht mehr zufrieden war. In der letzten Fassung sind im Hintergrund sogar Bauten zu erkennen, die an die Stalin-/Karl-Marx-Allee sowie das frühere Walter-Ulbricht-Stadion erinnern. Eine Porzellanmalerin und 13 Porzellanmaler waren an der Umsetzung des Entwurfs auf 1800 quadratischen Porzellanplatten beteiligt. Musterfliesen zeigen die schwierige Entwicklung der gewünschten Farbtöne und Oberflächenstrukturen des 1953 fertiggestellten Wandbildes.
Unmittelbar danach richtete die Manufaktur eine eigene Abteilung „Künstlerische Wandgestaltung“ ein, die eine Vielzahl von beeindruckenden Arbeiten für die Innenausstattung von prestigeträchtigen Gebäuden (Staatsratsgebäude in Berlin, Gästehäuser der SED, Inter-Hotels) realisierte. Dazu gehören auch mehrere vor dem Gebäudeabriss bewahrte Wandbilder (1975) des Palasts der Republik, bei denen die Künstler relativ freie Hand hatten. Ludwig Zepner und Peter Strang kreierten für das Restaurant plastische, an Blütenstrukturen erinnernde Wandgestaltungen mit handmodellierten hellglänzenden, teilweise vergoldeten Elementen, die in der Ausstellung in einer komplexen, dreidimensional-überlappenden Original-Hängung zu sehen sind. Rudi Stolle und Heinz Werner gestalteten wandfüllende Fliesenbilder für die Mokka- und Milchbar. Diese werden teilweise in den Abtropfkörben der Milchbar präsentiert, in die sie bei der Abnahme hineingestellt worden waren.
Weitere Fragmente abgenommener Wandbilder sind zu sehen, darunter auch Fliesen, die das Ensemble des Berliner Alexanderplatzes während der Bauphase 1968 zeigen. Großformatige Foto-Shows und eine interaktive Karte zu etlichen in Dresden und Meißen noch in situ erhaltenen Wandbildern der Manufaktur laden mit Hintergrundinformationen zu Erkundungen ein.
Die Porzellan-Manufaktur hatte eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für die DDR. Große Teile der Produktion wurden ins westliche Ausland exportiert. Die hochwertigen Erzeugnisse brachten dringend benötigte Devisen ins Land. Traditionsbewusste Geschirr-Käufer schätzten weiterhin das bereits während der barocken Ära kreierte „Zwiebelmuster“, das – genauso wie das weltberühmte Markenzeichen der gekreuzten Schwerter – als kobaltblaue Unterglasurmalerei aufgetragen wird.
Parallel dazu bemühte sich die Manufaktur ab den 1960er Jahren auch sehr um moderne Gestaltungen. Ein großer Fokus der Schau liegt dabei auf dem Künstlerkollektiv um Zepner, Werner und Strang, die – neben Geschirr und Wandgestaltungen – u. a. auch von Theaterstücken und tschechischen Animationsfilmen inspirierte Porzellanfiguren schufen. Dabei beleuchtet die Schau neben den vielfältigen Herausforderungen der systembedingten Vorgaben auch die teilweise recht großen Freiheiten, die einzelne renommierte Künstler bei ihrer Arbeit hatten.
Ein Bereich beschäftigt sich mit dem inten­siven Austausch mit Japan. Um die ostdeutsche Handelsbilanz auszugleichen, erkundete man den asiatischen Markt mit speziellen Tee-Services, Soja-Gießern und -Schälchen, Sake-Sets sowie eleganten, mit japanisch inspirierten Dekoren verzierte Geschirrteilen und Vasen. Beeindruckende Landschafts- und Architekturzeichnungen der ins Land der aufgehenden Sonne mitgereisten Formgestalter und Porzellanmaler sind auch zu sehen.
Ein Eyecatcher der Ausstellung sind die vielschichtigen Fotoserien der 50er und späten 80er Jahre zu betrieblichen Abläufen und Firmen­kultur. Die charmanten, in der Produktion aufgenommenen Fotos zeigen neben den porträtierten Personen bei der Arbeit (mit Postern von Patrick Swayze oder barbusigen Damen im Hintergrund) auch Pausenszenen und Betriebsfeiern.

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