Wohnen für alle
Text: Landes, Josepha, Berlin; Spix, Sebastian, Berlin
Wohnen für alle
Text: Landes, Josepha, Berlin; Spix, Sebastian, Berlin
Auf dem deutschen Wohnungsmarkt fehlen 550.000 Sozialwohnungen – Tendenz rapid steigend. Im Frühjahr konstatierte eine Studie des Pestel Instituts: Der aktuelle Bestand liegt bei rund 1,1 Millionen Einheiten. Bis 2030 müssten mindestens zwei Millionen neue Wohnungen zu erschwinglichem Mietsatz her. Das ist so alarmierend, wie es klingt – insbesondere, weil der Konjunktiv gilt: Wer glaubt noch wirklich, das ließe sich machen? Glücklicherweise gibt es eine Reak-tion im Bundesbauministerium. Bedauerlicherweise wirkt die jedoch eher wie Alarmismus als Nachhaltigkeit. Mit dem „Bauturbo“ steht die Sorge im Raum, der Quantität werde die Qualität geopfert. Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und modulares Bauen bergen Potenziale. Aber eben auch Risiken. Bereits heute bestätigt der Blick auf die meisten, zumal günstigeren Neubauten: Von Baukultur kann in diesem Segment hierzulande nicht die Rede sein.
Mit Sauerbruch Huttons Franklin Village in Mannheim hat jüngst ein Projekt den Deutschen Architekturpreis erhalten, das das Soziale am Wohnungsbau betont. Ein klassischer Sozialwohnungsbau ist es allerdings nicht. Alarmismus ist angebracht: Der soziale Wohnungsbau muss Architektur werden! Und zwar im Rahmen der Förderrichtlinien und Bauregularien, nicht als Glückstreffer und by good will. Wohnbauten zeichnen das Bild einer Gesellschaft, sie prägen ihre Menschen. Wir haben ins europäische Ausland geschaut: Wie nehmen die verflixten dreißig Prozent – die mittlerweile in den meisten Bauvorhaben geforder-te Marge an günstigem Wohnraum – dort Gestalt an?
Konstruktive Experimente
Claude Parent wurde 1953 mit seiner Maison G. bekannt. In den Sechzigern und Siebzigern folgten zahlreiche Bauten: Wohnhäuser, Einkaufszentren, Rathäuser und zwei Kernkraftwerke. Die Kirche Sainte Bernadette du Banlay in Nevers – eine Ikone des Brutalismus – und die Villa Drusch, Ergebnis seines Manifests „Vivre à l’Oblique“ und des Austauschs mit Paul Virilio, zählen zu seinen bedeutendsten Werken. Aus derselben Zeit stammt das Studentenwohnheim Maison d’Iran in der Pariser Cité Internationale Universitaire: ein imposanter Stahlbau. Nach langem Leerstand und einer Asbestsanierung wurde das Hochhaus im letzten Herbst wiedereröffnet. Die historischen Aufnahmen der Maison d’Iran konnten dank der Unterstützung seiner Tochter Chloé Parent für diese Ausgabe gesichert werden. Im Büro Parents arbeitete einst der junge Jean Nouvel, der in Texten immer wieder Parents Einfluss auf sein eigenes Werk erwähnt. Unweit des Maison d’Iran entstand im letzten Jahr ein nicht weniger auffallender Turm von LAN – aus Holz.






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