Bauwelt

Ohne Magdeburg? Sauerei!

Das Forum Gestaltung in Magdeburg stellt die zerschnittene Welt des Stefan Wewerka aus

Text: Kasiske, Michael, Berlin

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    Stefan Wewerka, Vive l’Europe! Hommage à Heiner Müller, 1989/90, Originalmünzen BRD und DDR, reduziert und mit Scharnier verbunden.
    © Wewerka Archiv/Norbert Eisold

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    Stefan Wewerka, Vive l’Europe! Hommage à Heiner Müller, 1989/90, Originalmünzen BRD und DDR, reduziert und mit Scharnier verbunden.

    © Wewerka Archiv/Norbert Eisold

Ohne Magdeburg? Sauerei!

Das Forum Gestaltung in Magdeburg stellt die zerschnittene Welt des Stefan Wewerka aus

Text: Kasiske, Michael, Berlin

„Der Dummheit Schaden tun.“ Der Titel einer Abhandlung Friedrich Nietzsches über die Indivi­dualität des Denkens bringt die Arbeit von Stefan Wewerka (1928–2013) auf den Punkt. Die unbändige Lust, vermeintliche Realitäten ins Wanken zu bringen und spielerisch Neues zu erzeugen, charakterisiert das vielfältige Werk des Künstlers, Designers und Architekten. Die nicht immer alltagstauglichen, doch stets überraschenden Ergebnisse rückt die aktuelle Ausstellung im Forum Gestaltung in Magdeburg ins Blickfeld.
Ihr Name „deKONSTRUNKTion dER mODERne“ führt jedoch in die Irre. Obwohl Wewerka vor Gordon Matta-Clark, Frank Gehry und anderen Dinge zerschnitt und verändert zusammenfügte, sah er sich in der Tradition der Moderne. Mies van der Rohe bewunderte er, Möbel entwarf er als Objekte für den unbegrenzten Raum, dem auch der ausgestellte Entwurf des Hauses für den Hamburger Mäzen Horst Schmitter huldigt.
Wewerka hat keine Räume dekonstruiert, sondern ausschließlich Objekte, etwa Stahlschnitte berühmter Kirchen (Bauwelt 25.2017), er hat Münzen geteilt und mit Scharnieren neu verbunden, Schallplatten mit Reißverschlüssen ver­sehen. Am eindrucksvollsten sind freilich die unzähligen Stühle, benutzbar oder als Skulptur. Wewerka zertrümmerte sie, „um danach die Splitter neu geordnet wieder anderen falschen Stühlen zusammenzubauen“, gleichsam gegen die Dienstbarkeit von Architektur gerichtet.
In seine Geburtsstadt Magdeburg fand Wewerka im Alter wieder zurück. Der Dom und die Siedlungen der 1920er Jahre wie die Hermann-Beims-Siedlung, in der er aufwuchs, haben ihn geprägt. Dass die Hauptstadt Sachsen-Anhalts auf der Fernseh-Wetterkarte fehlt, nannte er unverblümt „Sauerei“. Was er sicher unterstrichen hätte, wäre ihm bekannt gewesen, dass sein Archiv dort Heimstatt finden würde.

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