Bauwelt

Bitte näher zusammenrücken!

Editorial

Text: Geipel, Kaye, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

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Editorial

Text: Geipel, Kaye, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Nachverdichtung im Bestand ist heute für viele wachsende Städte eine der ganz großen Herausforde­rungen. Wir zeigen in diesem Heft drei exemplarische Projekte, die aus den Bedingungen des Enger und Dichter neue Qualitäten schöpfen. In Wien-Floridsdorf handelt es sich um den schwierigsten Standort: Das dreieckige Terrain wird auf zwei Seiten von vielbefahrenen Straßen eingeschnürt. Die Architekten erfinden als Antwort auf den Lärm hohe, perforierte Wohnwände, wie man sie seit den 6oer Jahren nicht mehr gesehen hat. Mancher mag das als zu „brut“ emp­finden. Vor der Vielzahl an unterschiedlichen Grundrissen und Typologien kann man aber nur den Hut ziehen – das Projekt war eines der wenigen europäischen Wohnbauprojekte, das für den diesjährigen Mies-van-der-Rohe-Preis nominiert war.
In Berlin-Lichtenberg gelang es den Architekten, im Hof einer klassischen DDR-Großwohnsiedlung der 70er Jahre noch zwei weitere Wohntürme hineinzubugsieren und diese – abgesehen von den cleveren Wohnungstypologien –, mit einem ganzen Bündel zusätzlicher Funktionen für Bewohner und Nachbarschaft auszustatten.
Der ästhetisch ausgetüftelste Wohnbau kommt aus Zürich. Es ist ein sogenannter Ersatzneubau, der die Architekten in die formale Trickschublade greifen ließ, bis hin zur Gestaltung falscher, als Holzintarsie im Boden nachgebildeter Dauer-Schatten. Wie der unkonventionell auskragende Geschossgrundriss mit seinen „Thick Spaces“ gelöst wurde, kommt dann ohne Koketterie daher und ist schlicht souverän gelöst.
Brits ’n’ Bricks
Wer offenen Auges durch London spaziert, kann sich über vieles wundern. Zum Beispiel: Wohnungsbau kommt häufig ohne die freche Schäbigkeit der hierzulande zum Standard mutierten Wärmedämmverbundsysteme aus. Stattdessen gibt es Holz-, Eternit- und Betonfassaden, vor allem aber solides Sichtmauerwerk. Welch gestalterischer Reichtum damit möglich ist, zeigt Peter Barber mit einer Wohnanlage für junge Familien, die auf einen lange verfemten Grundriss­-typ zurückgreift: das Back-to-Back-House.
Während dies ein klassisches Nachverdichtungsprojekt in gewachsener Vorstadt-Umgebung ist, wird bei einem Erweiterungsgebiet in der Universitätsstadt Cambridge deutlich, dass auch am Stadtrand andere Typologien möglich sind als das Siedlungs-Einerlei, mit dem in Deutschland die Erdoberfläche gepflastert wird: mit Blick auf die Gebäude, vor allem aber mit Blick auf den öffentlichen Raum. Mehr zur Entwicklung an der Peripherie der „Europäischen Stadt“ Ende September, in der nächsten StadtBauwelt.

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