Bauwelt

In Stein gemeißelt

Die 16. Dortmunder Architektur­tage huldigten dem „Stein in der Fassade“

Text: Rumpf, Peter, Berlin

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    Wie jedes Mal gab es eine Fotoausstellung während der Dortmunder Architekturtage. Jan Kleihues steuerte die Fassade des „Hotel H10“ in Berlin-Charlottenburg bei (Kleihues + Kleihues, 2008–2011) .
    Foto: Stefan Müller

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    Wie jedes Mal gab es eine Fotoausstellung während der Dortmunder Architekturtage. Jan Kleihues steuerte die Fassade des „Hotel H10“ in Berlin-Charlottenburg bei (Kleihues + Kleihues, 2008–2011) .
    Foto: Stefan Müller

In Stein gemeißelt

Die 16. Dortmunder Architektur­tage huldigten dem „Stein in der Fassade“

Text: Rumpf, Peter, Berlin

Sie haben sich wieder getroffen, die „alten Recken“ (Gastgeber Christoph Mäckler in seiner Begrüßung) zu den von Josef Paul Kleihues an der Dortmunder TU ins Leben gerufenen Architekturtagen. Das Thema in diesem Jahr, oder sollte man sagen, das Herzensanliegen ist immer noch das gleiche: die Tradition in der Architektur zu verteidigen, ihre Dauerhaftigkeit und Schönheit, gegen die Verlockungen neuer Moden, Materialien, Techniken und Eitelkeiten, sprich: gegen den allseits gepriesenen und gehuldigten „Fortschritt“. Paul Kahlfeldt brachte es hintergründig auf den Punkt, als er darauf verwies, dass man „modern“ auch auf der ersten Silbe betonen kann. Oder mit Mäcklers Worten: Eine Alu-Glas-Fassade ist heute doch ein „alter Zopf“.
So stand der Samstag vor dem ersten Advent folgerichtig unter dem Titel „Der Stein in der Fassade“. (Dass die Referenten dabei vor dem umwerfend schönen, hölzernen und vergoldeten flämischen Flügelaltar in der Stadtkirche St. Petri standen, verlieh der Veranstaltung einen ganz eigenen Rahmen.) Das Thema meinte präzise: die Fassade aus Naturstein oder Ziegel – und eben nicht aus Aluminium und Glas, von der gern behauptet wird, sie sei per se Ausdruck von Transparenz, wenn nicht gar von Demokratie. Wozu der Hinweis des Architekturtheoretikers Jasper Cepl passte, dass die von Günter Behnisch – gegen die für den Pariser Platz in Berlin von Hans Stimmann verordneten steinernen Fassaden – gebaute gläserne Akademie der Künste dazu verdammt ist, das benachbarte, historisierende „Hotel Adlon“ zu spiegeln. Cepl war es auch, der als Verfasser einer dicken Ungers-Biografie an den „alt-testamentarischen“ Meister erinnerte, für den Stein das eigentliche Grundmaterial der Architektur darstellte.
Aber: Abgesehen von Mäcklers Levi-Strauss-Schule in Berlin-Köpenick, wo ihm eine Fassade aus 49 Zentimeter Sichtmauerwerk gelang (Bauwelt 13.2002), war man sich in der Runde einig, dass Naturstein oder Ziegel heute aus verschiedenen Gründen fast ausschließlich als äußere Schicht „vorgehängt“ zum Einsatz kommt. Der Berliner Architekt Ivan Reimann sieht in ihnen ehrlicherweise deshalb auch nur den „Schein von Dauerhaftigkeit“. Nichtsdestotrotz: An Lob der Beständigkeit von Stein und Ziegel wurde von keinem Referenten gespart angesichts der grassierenden Abrisse „moderner“ Nachkriegsbauten allerorten: „Oft ist noch das Richtfest in Erinnerung.“ Der Stuttgarter Arno Lederer („Ich kann gar nicht anders als Stein“) fragt sich darüber hinaus, wie man es erreicht, dass Häuser im Laufe der Zeit besser werden: „Heute möchten moderne Gebäude immer jung bleiben. Sie können nicht in Würde altern.“
Wie das gelingen kann, führte Christoph Mäckler dann in einer Art Vorlesung vor, in der er de­zidiert den Umgang mit Naturstein als Verkleidung deklinierte: polierte, geschliffene oder gestockte Oberfläche, Schattenwurf bei Fugen, Ecken, Gewänden, Fensterbänken und Kanneluren bis hin zum scheitgerecht gemauerten Fenstersturz. „Wissen ist nötig“. Eben! – Christoph Sattler hingegen ist Beständigkeit nicht
so wichtig. Er, von dem der ursprünglich stringente städtebauliche Plan für den Potsdamer Platz in Berlin stammt, verfolgt inzwischen ganz an­dere Ziele: rund um das Ornament. „Wir sind damit noch viel zu zurückhaltend. Ich suche noch, habe noch Hoffnung, trotz meines Alters.“
Das „Goldene Wunder“ in seinem Rücken, der Schnitzaltar, ist über 500 Jahre alt.

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