Bauwelt

Mit Social Media gegen den Domi­nator

Blogging the City in Berlin

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

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Mit Social Media gegen den Domi­nator

Blogging the City in Berlin

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

Ein junger Mann steht auf: „Mein Name ist Luka Bakradze, ich komme aus Georgien. Und ich bin aus Facebook ausgetreten.“ Wir befinden uns nicht auf einem Treffen der Anonymen Facebookverweigerer, sondern auf der Konferenz „Blogging the City“.
Die Betreiber der Blogs urbanophil und architekturvideo haben die Tagung in den Uferhallen Berlin organisiert – und so bereits mit der Veranstaltung selbst die These, der„face2face“-Kontakt habe in Zeiten von Social Media ausgedient, eindrucksvoll widerlegt. Mit ihrer offensichtlichen Begeisterung stehlen die jungen Freizeit-Blogger von urbanophil, stadtstadtstadt, architekturvideo und urbanshit gleich zu Anfang allen später Vortragenden die Show und erweisen sich als die eigentlichen Profis der „Blogosphäre“. Die Beiträge aus der professionellen Ecke der Zeitschriften, Architektur- und PR-Büros wirken dagegen eher wie bemühte Versuche, von dieser Leidenschaft zu profitieren. Etwa das Statement eines Medienschaffenden, der den Blog einer Architekturzeitschrift betreut: Der Blog habe zwar fast keine Leser, werde aus schierer Begeisterung an der Sache aber weitergeführt, „auch im Urlaub und in der Freizeit“. Ganz nebenbei wirft er damit die Frage auf, was eigentlich das Wort „Freizeit“ bedeutet, wenn ein bloggender Redakteur sie nutzt, um für seinen regulären Arbeitgeber Inhalte zu produzieren und zu veröffentlichen – also genau für das, wofür er in seiner „Arbeitszeit“ von demselben bezahlt wird.
Am Nachmittag verlässt die Konferenz das titelgebende Thema und widmet sich dem Feld des Geoweb, des Mobile Computing und der Emotionalen Kartierungen (mehr hierzu in vierzehn Tagen in der Stadtbauwelt „Die virtuelle Stadt“) sowie dem Nutzen der neuen technischen Möglichkeiten für Partizipation. Dabei können viele Teilnehmer die von Bernd Streich von der TU Kaiserslautern geäußerte Hoffnung, die digitale Partizipation bedeute das „Ende des Dominators“ in der Stadtplanung, nicht durch Erfahrungen stützen. Denn, wie Frank Eckardt von der Bauhaus-Universität Weimar anmerkt: Man partizipiere nur, wenn man auch eine Chance habe, wirklich Einfluss zu nehmen, und – neue Medien hin oder her – oft sei das Gegenteil der Fall.
Nach einem Tag des Offline-Redens über Online wird auch den Freunden der guten alten Print-Medien wieder warm ums Herz, als Blogger Rudolf Klöckner bei der abschließenden Diskussion zwar die „Diskriminierung“ der Online-Medien beklagt, aber auf
die Frage, warum er denn dann ein Print-Magazin herausgebe (spacemag), davon schwärmt, wie es sich anfühlt, etwas real in der Hand zu halten. Erfreuliches Fazit von acht Stunden Blogging the City: Weder Print noch das „echte Leben“ sind tot. Und die Begeisterung für eine ernsthafte Beschäftigung mit Fragen der Stadtentwicklung unter den jungen „digital immigrants“ ist enorm.

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