Bauwelt

Wir haben ein externesTermincontrolling mit unabhängigen Expertisen beauftragt

Ein Gespräch mit dem Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup zum angekündigten sechsten Eröffnungstermin 2020 und zum Masterplan 2040 für den bereits jetzt zu kleinen Hauptstadtflughafen

Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin

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    Engelbert Lütke Daldrup geb. 1956. Studium der Raumplanung an der Universität Dortmund. Promotion an der TU Berlin. 1995–2005 Stadtbaurat in Leipzig. 2013–2014 Geschäftsführer der IBA Thüringen. Ab 2014 Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung. Seit März 2017 Chef der Flughäfen Berlin-Tegel, Schönefeld und BER
    Foto: Jasmin Schuller

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    Engelbert Lütke Daldrup geb. 1956. Studium der Raumplanung an der Universität Dortmund. Promotion an der TU Berlin. 1995–2005 Stadtbaurat in Leipzig. 2013–2014 Geschäftsführer der IBA Thüringen. Ab 2014 Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung. Seit März 2017 Chef der Flughäfen Berlin-Tegel, Schönefeld und BER

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    Boris Schade-Bünsow (links) am 16. Februar im Gespräch mit Engelbert Lütke Daldrup in seinem Büro.
    Foto: Jasmin Schuller

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    Boris Schade-Bünsow (links) am 16. Februar im Gespräch mit Engelbert Lütke Daldrup in seinem Büro.

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    Die ungenutzte Zufahrt.
    Foto: Florian Thein

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    Die ungenutzte Zufahrt.

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    Der verwaiste Willy-Brandt-Platz vor dem Terminal 1. In Bildmitte das leerstehende Hotel Steigenberger.
    Foto: Florian Thein

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    Der verwaiste Willy-Brandt-Platz vor dem Terminal 1. In Bildmitte das leerstehende Hotel Steigenberger.

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    Das Areal Midfield vor dem Terminal 1. Hier soll in der Phase 1 des Masterplans (2022–25) der Terminal 2 entstehen.
    Foto: Florian Thein

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    Das Areal Midfield vor dem Terminal 1. Hier soll in der Phase 1 des Masterplans (2022–25) der Terminal 2 entstehen.

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    Der Erläuterungsbericht der Flughafengesellschaft ...
    Foto: Jasmin Schuller

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    Der Erläuterungsbericht der Flughafengesellschaft ...

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    ... zum Masterplan BER 2040.
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    ... zum Masterplan BER 2040.

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    Sebastian Redecke (rechts) im Gespräch mit Engelbert Lütke Daldrup.
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    Sebastian Redecke (rechts) im Gespräch mit Engelbert Lütke Daldrup.

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    Der neue Terminal 1-E am Pier Nord
    Abb.: ATP

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    Der neue Terminal 1-E am Pier Nord

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    Der Masterplan (vier Phasen) bis 2040.
    Visualisierun­g: FBB

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    Der Masterplan (vier Phasen) bis 2040.

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    Die Airport City mit Gebäudeblocks unterschiedlicher Nutzung wird die Zufahrt zum Flughafen BER be­gleiten. Geplant ist auch ein Personentransportsystem.
    Visualisierun­g: FBB

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    Die Airport City mit Gebäudeblocks unterschiedlicher Nutzung wird die Zufahrt zum Flughafen BER be­gleiten. Geplant ist auch ein Personentransportsystem.

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    Zwei ursprüngliche Flughafenmodelle von gmp Archi­tekten in der Eingangshalle der Flughafenverwaltung.
    Foto: Jasmin Schuller

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    Zwei ursprüngliche Flughafenmodelle von gmp Archi­tekten in der Eingangshalle der Flughafenverwaltung.

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    Vorfahrt auf zwei Ebenen unter dem Dach des Ter­minals 1. Links: Ein Parkhaus, der Bürobau und das Hotel.
    Foto: Florian Thein

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    Vorfahrt auf zwei Ebenen unter dem Dach des Ter­minals 1. Links: Ein Parkhaus, der Bürobau und das Hotel.

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    Eines der Parkhäuser am Flughafen.
    Foto: Florian Thein

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    Eines der Parkhäuser am Flughafen.

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    Offene Halle vor dem Terminal 1 am Willy-Brandt-Platz. In den gläsernen Pavillons liegen die Roll­treppen ...
    Foto: Florian Thein

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    Offene Halle vor dem Terminal 1 am Willy-Brandt-Platz. In den gläsernen Pavillons liegen die Roll­treppen ...

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    ... zum Airport-Bahnhof unter dem Platz.
    Foto: Florian Thein

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    ... zum Airport-Bahnhof unter dem Platz.

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Wir haben ein externesTermincontrolling mit unabhängigen Expertisen beauftragt

Ein Gespräch mit dem Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup zum angekündigten sechsten Eröffnungstermin 2020 und zum Masterplan 2040 für den bereits jetzt zu kleinen Hauptstadtflughafen

Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin

Der Flughafen BER ist zu klein. Unabhängig von der geplanten Eröffnung 2020 haben Sie daher einen Masterplan 2040 erarbeiten lassen. Wie wurden die zu erwartenden Fluggastzahlen der Bedarfsplanung ermittelt?
Wir arbeiten seit einigen Jahren mit der in London ansässigen SDG Group zusammen, ein weltweiter Spezialist für Airline-Marktentwicklung, die jedes Jahr eine Aktualisierung der Fluggastprognosen vornimmt. Für 2040 prognostiziert SDG, dass in Berlin pro Jahr 55 Millionen Passagiere fliegen werden.
Ist im Vergleich zu anderen deutschen Flughäfen die Steigerung der Fluggastzahlen größer?
Berlin ist in den letzten 20 Jahren etwa doppelt soschnell gewachsen wie der Durchschnitt aller Flughäfen in Deutschland. Das hat vor allem zwei Ursachen: den Nachholbedarf nach der Wiedervereinigung und die sehr dynamische Entwicklung im Low-Cost-Flugverkehr, dem am stärksten wachsenden Markt.
Wer entwickelte die Grobszenarien für die mögliche BER-Flughafenentwicklung?
Vor allem Ingo Kanehl, der Gesellschafter von denPlanern und Architekten Astoc, Lutz Weiser von amd sigma und Christoph Hansel aus unserem Haus waren bei den Diskussionen wichtige Ratgeber. Wir hatten uns als ersten Schritt vorgenommen, die gesamte denkbare Entwicklung vorurteilsfrei anzuschauen. Welche Potenziale gibt es im Norden, im Westen, im Midfield und im Süden des Flughafens? Dann haben wir im Ausschlussverfahren entschieden, welche Szena­rien wir genauer untersuchen. Dabei ging es im Wesentlichen darum, wie schnell die Entwicklung realisierbar ist, welchen planungsrechtlichen Aufwand wir erwarten, wie die Kosten sind, welche Umweltauswirkung auf die Nachbarschaft es gibt, wie es mit der Wirtschaftlichkeit aussieht und was für die Airlines und für die Kunden am besten ist. Wenn ich bei einer Airport-Erweiterung mehrere Terminals an verschiedenen Standorten habe, dann ist die Orientierungs­frage für die Fluggäste ein ganz zentrales Thema. Die wollen genau wissen, wo sie hin müssen. Mit Blick auf die Erschließung ist der Bahnhof der zentrale Punkt. Über ihn werden rund zwei Drit­-tel der Mitarbeiter und Passagiere den Flughafen erreichen. Somit bietet der Bereich Midfield die größten Potenziale, und wir haben dann nur dort Varianten vertieft untersucht.
Warum war die Idee schnell vom Tisch, den Flughafen in seiner ursprünglich geplanten Größe fertigzustellen und einen weiteren Flughafen weiter außerhalb von Berlin zu planen?
Die zentrale Frage ist doch, in welcher Form wir in Zukunft mindestens 20 Millionen Passagiere zusätzlich aufnehmen können. Das Landebahn- und Startbahnsystem am BER ist problemlos für bis zu 60 Millionen Passagiere im Jahr einsetzbar. Der Bahnhof ist sogar für 90 Millionen Passagiere ausgelegt. Insofern liegt unser Fokus eindeutig auf diesem Flughafenstandort in Schönefeld. Ein anderer Standort macht auch deshalb keinen Sinn, da bei einer Flughafeninfrastruk­tur etwa 50 Prozent der Basisinvestitionen in die Verkehrserschließung fließen: Auto, Schiene, die Flugbetriebsflächen, also Start- und Landebahn, Rollwegsysteme, Enteisungsanlagen usw. Erst wenn diese Basisstruktur erschöpft ist, könnte es Sinn machen, über einen weiteren Standort nachzudenken. Das ist aber in Berlin in den nächsten 30 Jahren wohl nicht der Fall.
Sie planen ohne den Flughafen Berlin-Tegel. Ist das denn richtig nach dem Volksentscheid für den Weiterbetrieb des Flughafens im September letzten Jahres? Man hat politisch noch nicht abschließend entschieden, und Sie planen weiter nur am neuen Flughafen BER. Wird der Volksentscheid übergangen?
Für uns als Unternehmen gibt es eine klare Vorgabe der Gesellschafter Berlin, Brandenburg und Bund, in der Hauptstadtregion das Single-Airport-Konzept zu verfolgen, also alles auf den Standort BER zu konzentrieren. Dafür haben wir sehr gute Gründe, da man nur an einem Stand­ort effizient arbeiten kann. Zwei Standorte hätten jährlich mindestens 100 Millionen Euro Mehraufwendungen zur Folge, weil zwei Terminalmannschaften, zwei Feuerwehren, zwei Energiesysteme usw. unterhalten werden müssen. Außerdem kann nur an einem Standort Umsteigeverkehr entwickelt werden. Die drei Gesellschafter müssen abschließend über Tegel entscheiden. Zwei von ihnen haben bereits klar gesagt, dass sie an der Single-Airport-Konzeption festhalten. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir Tegel mit seinen 480 Hektar Ende 2020 an das Land Ber­lin und den Bund zurückgeben werden. Die Planung der Nachnutzung ist bereits weit fortgeschritten. Die Beuth-Hochschule wird das Hauptgebäude von gmp Architekten sehr gut nutzen können. Zwischen den Start- und Landebahnen wird ein neuer Stadtteil entstehen, die Urban Tech Republic. Neben Wissenschaft, Gewerbe und Forschung sind insgesamt 10.000 Wohnungen vorgesehen. Dies bedeutet eine große Chance für die Berliner Stadtentwicklung. Da wir durch den Masterplan BER 2040 detailliert nachweisen können, dass der Zukunftsbedarf am neuen Standort BER auch in den nächsten 30 Jahren komplett abgedeckt wird, ist für mich klar, dass wir Tegel auch hinsichtlich der Kapazität nicht brauchen.
Rechts und links der breiten Zufahrt zum BER liegen die Areale der zukünftigen Airport City. Gibt es einen architektonischen Leitfaden für die Bauten, die entlang dieser Zufahrt zum Terminal 1 entstehen werden?
In der Airport City stehen bereits 39 Gebäude, diewir gebaut haben, dazu gehören neben den Bauten des Flughafens auch ein Hotel und ein Bürogebäude vor dem Terminal 1. Diese beiden Gebäude zeigen eine klare städtebauliche Handschrift mit einer stadttypischen Höhenentwicklung und mit Lochfassaden. Der große Glaskubus vom Terminal nimmt als solitäres Gebäude eine Sonderrolle ein. Für die Bauten in der weiteren Entwicklung der Airport City und der angrenzenden Flächen haben wir mit Astoc ein städtebauliches Konzept entwickelt, das sich typologisch an blockähnlichen Strukturen orientiert. Geplant sind Büro- und Kongressnutzung, sicher auch Handel, Hotellerie und Boarding-Einrichtungen. Es werden in den nächsten 20 Jahren weit über 400.000 Quadratmeter Geschossfläche entstehen. Der Stadtteil wird die Erschließung des Airport-Bahnhofs nutzen. Ein geplan­-tes Personentransportsystem wird auch die weiter entfernten Bereiche der Airport City anbinden.
Warum erst in den nächsten 20 Jahren?
Die Situation ist mit dem Berliner Hauptbahnhof vergleichbar, der 2006 fertig wurde. Die städ­-tebauliche Entwicklung ging danach erst richtig los. Solange wir das Terminal nicht in Betrieb genommen haben, fehlt den Investoren das Vertrauen, sich zu engagieren. Und gute Stadt­entwicklung braucht Zeit für ein organisches Wachstum.
Wird es Wettbewerbe für die einzelnen Bauten der Airport City geben?
Wir werden das Herzstück immer als einen Ort begreifen, der zum Kernbereich des Flughafens gehört. Wir wollen also selber auch ein Stück weit Verfügungsgewalt behalten (zum Beispiel Erbbaurechte) und werden mit verschiedenen Verfahren für Qualität sorgen. Es wird sicher auch Wettbewerbe geben.
Wie wird das Personentransportsystem der Airport City aussehen?
Wir befinden uns noch in einer offenen Debatte. Man kennt die Bahnen, die wie am Frankfurter Flughafen auf einer Betontrasse fahren. Es gibt neue Entwicklungen mit einem Seilbahnsystem, die sehr leistungsfähig und wesentlich preiswerter sind, und es gibt eine dritte Option, die sich im Bereich von autonomem Fahren mit Bussen bewegt. Das PDS-System wird erst in acht Jah­ren entstehen. Bis dahin wird in der Mobilitätstechnologie sehr viel passieren. Der Flughafen und die Airport City werden einen ganz eigenen Mobilitätsknoten ausbilden. Hier werden Fernbusse, S- und Regionalbahnen und der ICE nach Dresden und Prag halten. Den Flughafenbahn­-hof wird man in 12 Minuten vom Bahnhof Berlin-Südkreuz und 20 Minuten vom Hauptbahn­hof mit dem FEX (Flughafen-Express) erreichen.
Wann wird der Flughafen die ICE-Anbindung haben?
Bei Inbetriebnahme der Dresdner Bahn. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Trasse gebaut wird.
Wann ist die Fertigstellung zu erwarten?
Im Jahr 2025.
Wir kommen jetzt zu einem konkreten Bauvorhaben. Mit dem Bau des Terminal 1-E wurde bereits begonnen. Wie kam es zum Auftrag an das Büro ATP architekten ingenieure?
Die Architekten waren schon beauftragt, als ich 2017 angetreten bin. Wir haben aber die Planung verändert, weil zunächst vorgesehen war, dieses Terminal neben dem Pier Nord zu bauen. Mit dem Masterplan wurde dann beschlossen, es davor zu setzen, weil wir den sehr schönen Wartebereich im Pier Nord nutzen können und die ursprünglich vorgesehene Baufläche neben dem Pier brauchen, um in einer späteren Phase den größeren Terminal 2 entwickeln zu können.
Die Visualisierungen des Terminal 1-E zeigen eine ganz schlichte Gebäudehülle. Sie wirkt wie ein provisorischer Behälter. Lag es an den Kosten oder wie kam es dazu, dass man da architek­tonisch nicht etwas Anspruchsvolleres vorgesehen hat?
Es gibt verschiedene Gründe für eine zurückhaltende Architektursprache. Kostenüberlegungen spielen natürlich eine wesentliche Rolle. Wir haben aber keine eingeschossige Blechkistenarchitektur, sondern es handelt sich um einen zweigeschossigen Bau mit vier Kernen, jeweils drei Flächen auf zwei Ebenen. Er basiert auf Industriebaustandards mit einfacher Tragstruktur und sehr einfacher Brandfall-Entrauchung und Belüftung. Das ist uns extrem wichtig gewesen, da wir mit dem sehr komplexen Terminal 1 ein absolutes Desaster erlebt haben. Die Bauweise des Terminals 1-E hat aber auch einen anderen Grund. Wir haben heute völlig veränderte Fluggaststrukturen. Das Flaggschiff Terminal 1 von gmp Architekten kommt aus einer Zeit, als Fliegen noch ein mehr oder weniger exklusives Gut war. Fliegen ist mittlerweile ein absolutes Massenphänomen. Wenn ein Flug 30 Euro kostet, ein Taxi nach Schönefeld vielleicht aber schon mehr, kann man sich vorstellen, dass wir keine Terminals bauen können, die als Kathedralen des Verkehrs einen Exklusivitätsanspruch verkörpern und Kosten verursachen, den die Kunden nicht mehr bezahlen möchten. Das geht weltweit heute allen wichtigen Flughäfen so. Der Terminal 2 ist weit größer als der Terminal 1-E vorgesehen. Wir werden ihn aber auch mit einfachen Standards bauen – ein ordentliches Gebäude mit einer Industriebauästhetik und einfachen haustechnischen Lösungen, da sie die Hauptkostentreiber sind.
Wird der Terminal 2 nicht genau vor diesem repräsentativen Terminal 1 stehen und ihn bei der Anfahrt verdecken?
Wie sich das architektonisch darstellen wird, werden wir weiter untersuchen. Dabei sind auch Varianten in der Diskussion, die die Mitte freihalten. Hier müssen städtebauliche und funktionale Aspekte noch sehr genau analysiert und abgewogen werden. Mir ist wichtig, dass der Fluggast auch weiterhin vom großen Dach und dem großen gläsernen Kubus des Terminals 1 empfangen wird. Das hat schon was. Wir werden am Ende diesen Flughafen vor allem von einem zentralen Platz erleben, wo auf der einen Seite das markante gmp-Gebäude steht und vis-à-vis der geplante Terminal 2.
Wird es einen Wettbewerb geben?
Für den Terminal 2 ist ein Wettbewerbsverfahren vorgesehen. Wir werden uns aber zuvor noch intensiv mit funktionalen Fragen beschäftigen müssen, u. a. weil es unter dem Midfield einen Tunnel gibt und die baulogistischen Verhältnisse sehr eng sind. Der Bau muss zudem eine hohe Modularität aufweisen. Es kann nicht ein monolithisches Gebäude sein, da es zumindest in zwei Abschnitten errichtet werden soll. Der Terminal 2 muss sich einfach auf dem sehr volativen Flugverkehrsmarkt besser anpassen können als der Terminal-1-Dinosaurier.
Das heißt, wenn sich in der Art des Fliegens etwas ändert, könnte das neue Terminalgebäude im zweiten Bauabschnitt auch anders gebaut werden?
Wir wollen kein Vorratsgebäude bauen, sondern immer sukzessive entsprechend der erforder­lichen Terminalkapazität planen.
Wie hoch wird der Terminal 2 sein?
Wir stellen uns vor, dass der Terminal 1 weiter dasdominante Gebäude bleibt. Ob wir beim Terminal 2 überhaupt zentral eine große Gebäudestruktur haben werden oder die Mitte frei bleiben kann und das Gebäude sich nach rechts und links aufteilt, ist eine offene Frage. Die Gestalt wird sich erst im Wettbewerb entscheiden.
Wie müssen wir uns den zentralen Platz vorstellen?
Das ist momentan noch nicht definiert. Es wird ein offener Raum sein. Ob er ein Dach bekommt, hängt auch davon ab, wie weit das Personentransportsystem architektonisch eingepasst werden kann, weil es ein großes Interesse gibt, die Passagiere von den vorgelagerten Parkhäusern und Stellplätzen möglichst nah an den Terminal 1 zu bringen.
Wird der Terminal 2 vom unterirdischen Bahnhof direkt erreichbar sein?
Nein.
Wird dieser Anschluss später kommen?
Auch das kann ich noch nicht abschließend beantworten. Wir haben am Bahnhof sechs Rolltreppen-Aufgänge, vier sind im Terminal 1 selber und zwei am Platz. Man wird etwa 100 Meter über den Platz bis zum Terminal 2 laufen. Das ist im Verhältnis zu anderen Flughäfen minimal. In Frankfurt laufen Sie 800, in München 600 Meter. Der Wetterschutz, die Atmosphäre und die Fra­ge, ob dort besondere Aktivitäten stattfinden sollen, sind wichtig. Es hat daher eine gewisse Logik, diesen Platz eines Tages zu überdachen.
Dies architektonisch gut hinzubekommen, ist ziemlich anspruchsvoll.
Ja, auch weil die Empfangshalle des Terminals 1 sich auf der Ebene +2 befindet. Es hängt sehr stark davon ab, wie die Höhenentwicklung hier sein wird.
Jetzt kommen wir zur luftseitigen Entwicklung. Warum gibt es keine unterirdische Anbindung der geplanten Satelliten 1 und 2?
Weil das sehr aufwändig ist und man unter der Erde ungern Gastronomie- und Shopping-Flächen entwickelt. Der Verbindungsbau vom Terminal 1 ist daher oberirdisch vorgesehen. Die Gastronomie- und Shoppingflächen haben hier Platz. Der Terminal 1 hat trotz des neuen Marktplatzes, den man mühsam rein implementiert hat, zu wenig Handelsflächen.
Der Marktplatz vom Terminal 1 ist im Nachhin­ein entstanden?
Ja, das ist eines der großen Probleme gewesen. Der Terminal 1 wurde zunächst ohne nennenswerte Gastronomie- und Shoppingflächen geplant, obwohl man weiß, dass ein Flughafen heute mit drei Dingen Geld verdient: Gastronomie, Handel und Parkplätze. Mit dem Fliegen können Sie bestenfalls ein kostendeckendes Passagierentgelt bekommen. Erst in der weiteren Planung hat man diesen Marktplatz vorgesehen und im innenliegenden Gebäudering ein weite­-res Geschoss hineingebracht. Dies hat die haustechnische Struktur, die eh schon komplex war, noch weiter kompliziert. Wenn Sie einen Marktplatz haben, sind Fettabscheider und Absauganlagen von erheblicher Dimension erforderlich. Trotzdem hat dieses Gebäude nur 60 Prozent der Retail- und Gastronomieflächen, die man eigentlich bräuchte. Deswegen ist dieser oberir­dische Verbindungsbau zum geplanten Satelliten vor allen Dingen auch dazu da, dort die fehlenden Flächen unterzubringen. Die Fluggäste laufen dann durch eine Handels- und Gastronomielandschaft.
Dieses angedockte Gebäude wird den mittleren Teil der großen luftseitigen Front des Terminals 1 deutlich verändern. Das muss architektonisch gut gelöst werden.
Das ist nicht einfach. Gmp architekten hatten damals eine große Brücke geplant, die natürlich nicht nur ein Laufsteg gewesen wäre, sondern mit ergänzenden Funktionen rechts und links.
Im Masterplan ist das angedockte Gebäude erst 2030 oder später vorgesehen. Mit diesem Verbindungsbau wird das Rollfeld durchkreuzt. Die Flugzeuge können dann nicht mehr vor dem Terminal 1 entlangrollen?
Man muss dort nicht entlangrollen. Die Flugsicherung sortiert vor dem Anflug, auf welcher der zwei Landebahnen gelandet wird. Es wird also in der Luft festgelegt, wer auf welcher Bahn lan­det. Dadurch vermeidet man fast alle querenden Rollverbindungen.
Wird zum angekündeten Termin im Oktober 2020 der gesamte Flughafen in Betrieb genommen?
Ja.
Gibt es aufgrund der mehrfachen Verschiebung des Eröffnungstermins in den vergangenen Jahren jetzt ein besonderes Controlling oder Monitoring, damit dieser Termin sicherge­stellt ist?
Wir haben im Vorfeld der Terminfestlegung sehr umfangreiche Risikoanalysen durchgeführt und ein externes Termincontrolling und unabhängige Expertisen beauftragt. Wir haben auch ausreichende Sicherheiten für alle Prüfprozesse vorgesehen, die noch laufen. Die Situation ist heute eine völlig andere als vor drei Jahren, da wir seit Februar 2017 alle Baugenehmigungen haben. Dazu sind alle baulichen Arbeiten, die aus Umbauten entstanden sind, abgeschlossen. Wir befinden uns seit ungefähr einem Jahr in der Phase der Mängelbeseitigung und der TÜV-Prüfungen. Wir haben alle Anlagen in wesentlichen Gebäudeteilen einmal durchgeprüft und wissen, welche Restprobleme behoben werden müssen, insofern gibt es heute eine sehr solide Geschäftsgrundlage für den Eröffnungstermin Oktober 2020.
Welches waren, soweit Sie es beurteilen können, die größten technischen Probleme seit der gescheiterten Eröffnung 2012?
Die Probleme waren vielfältig: Die vielen Änderungen noch während der Bauphase und vor allem die sehr strengen Brandschutzanforderungen. Wir müssen jeden Raum ab 20 Quadratmeter separat entrauchen, das ist deutlich strenger als in anderen Bundesländern. In Frankfurt sind es 150 und in München 130 Quadratmeter.
Im Land Brandenburg muss tatsächlich jeder Raum ab 20 Quadratmeter entraucht werden?
Genau. Auch Toiletten. Es mussten insgesamt 800 Räume nachträglich entraucht werden, die 2012 nicht ordnungsgemäß nach Brandenburger Baurecht ausgestattet waren. Wir haben einen sehr großen Aufwand gehabt, alle Kabel zu erneuern bzw. in Ordnung zu bringen. Die Brandschutzanlage ist in großen Teilen nicht nur ergänzt, sondern umgebaut worden. Sie wurde in kleinere Anlagen aufgeteilt und mit Frequenzumformern ausgestattet, damit überhaupt der Luftstrom in den Anlagen vernünftig dimensioniert werden kann. Ein Riesenproblem war zudem, dass die Anlieferhöfe rechts und links vom Terminal 1, die früher offene Höfe waren, mit Pavillons für weitere Check-in- und Security-Spuren überbaut worden sind. Dadurch hat man sich ein weiteres Brandschutzproblem verschafft, da direkt darunter Lkws stehen können mit 1000 Liter Kerosin, was auch die Zuluft des Terminals massiv beeinträchtigt.
Welche Firmen sind jetzt vor allem an der Mängelbeseitigung und Baufertigstellung beteiligt?
Wir haben etwa 50 Firmen auf der Baustelle. Die fünf wichtigsten sind Siemens, Bosch, ROM, Caverion und T-Systems.
ROM, Rudolf Otto Meyer, diese Firma gibt es doch gar nicht mehr?
Das ist die Nachfolgefirma, die aus der Imtech-Insolvenz entstanden ist. Die hießen früher Rudolf Otto Meyer, dann Imtech, jetzt wieder Rudolf Otto Meyer und sind für alle Kabelgewerke zuständig.
Ist es bei Flughäfen üblich, dass nach Fertigstellung bis zur Nutzungsfreigabe die Prüfung ein ganzes Jahr dauert?
Nach der Baukatastrophe werden wir sicher besonders streng angeschaut. An anderen Standorten geht es schneller.
Wie hoch sind die Mehrkosten, die insgesamt durch die Verzögerung der Fertigstellung
entstanden sind?
Das Terminal 1 hätte für eine Milliarde Euro gebaut werden können. Wir werden, um das Ter­minal fertig zu stellen, zu den 2,8 Milliarden, die wir bis heute aufgewandt haben, noch weitere 300 Millionen benötigen. Das Terminal wird am Ende wohl dreimal mehr kosten, als ursprünglich geplant.
Nur der Terminal 1?
Ja. Der Terminal 1 wird immer als Baukörper mit großer Halle gesehen, aber wenn Sie den gan­zen Technikbereich betrachten, dann ist das im Kern eine Maschine, ein Kraftwerk.
Die Kosten des gesamten Flughafens werden bei rund 7 Milliarden Euro liegen. Gehen Sie davon aus, dass gerichtlich die Verantwortung für das Planungs- und Ausführungsdesaster abschließend geklärt wird? Sind noch Prozesse anhängig?
Die Baukosten des BER liegen bei 5 Milliarden, hinzukommen der Schallschutz und die Finanzierungskosten. Mit gmp Architekten haben wir uns vor wenigen Monaten final in einem Vergleich geeinigt. Die Versicherungssummen, die dort in Rede standen, sind dem Flughafen zu­geflossen. Und dass resultiert aus der Generalplaner-Verantwortung, die das Büro gmp mit seinen Partnern hatte. Der Generalplaner hatte das Problem, dass die Partner zum Teil in die Insolvenz gingen und dann mit Subunternehmern weiter gearbeitet wurde. Im komplexen Planungsprozess ist – auch bedingt durch die vielen Änderungen während der Bauphase – die Koordination offenbar verloren gegangen.
Heute ist generell das Problem der General­planer, dass der Planungsprozess so komplex geworden ist.
Das trifft zu. Wenn ich mir in Deutschland allein die VDI-Norm anschaue, die ganzen Normierungsregelwerke, die sich verdreifacht, vervierfacht haben in den letzten 20 Jahren, gibt es einen wahnsinnig hohen regulatorischen Aufwand. Manche Projekte sind kaum noch bau­bar. Wir leben in einer Gesellschaft, die sektorale Maximierung betreibt. Jeder optimiert oder ma­ximiert seinen Bereich bis zum Exzess, und damit wird eine sinnvolle Gesamtplanung immer schwieriger. Wichtig scheint nur noch zu sein, ob die Energieeffizienzverordnung 1:1 eingehalten wird, die VDI-Norm xy bei der Verkabelung richtig ist usw. Wir legen viel zu wenig den Fokus auf die gesamtheitliche Qualität. Damit wird die Baukultur in ihrem Kern bedroht.
Wie sieht das zukünftige wirtschaftliche Konzept des Flughafens aus?
Flughäfen können nicht alleine von den Passagier­entgelten leben. Dann wären sie nicht in der Lage, sich privatwirtschaftlich weiter zu entwickeln. Wir leben vom Geld, das wir aus den Gas­tronomie und den Handelsflächen generieren. Wir leben außerdem davon, dass wir Parkplätze und Mobilität in verschiedenster Form anbieten. Und wir leben zunehmend, das wird durch den Masterplan deutlich, von der Immobilienentwicklung. Alle großen Flughäfen arbeiten nach diesem Modell. Man denkt zudem immer mehr über die Mobilität der Zukunft neben dem Auto nach. Wir sind ein spannender Ort für Mobilitätsentwicklung in der Region und können zum Beispiel Andockpunkte für autonomes Fahren bieten. Vielleicht gibt es sogar am Flughafen eines Tages Forschungseinrichtungen, die sich mit Mobilitätsaspekten beschäftigen. Ich sehe vielfältige Möglichkeiten in den nächsten 20 Jahren.
Mit dem Fahrrad sind es sieben Kilometer bis nach Treptow-Köpenick.
Die Wege sind schon gut ausgebaut. Viele unserer Mitarbeiter kommen mit dem Rad zum Flughafen.
Fakten
Architekten Lütke Daldrup, Engelbert, Berlin
aus Bauwelt 8.2018
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