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Wohnbebauung „Rote Wand“ am Stuttgarter Killesberg

Text: Baus, Ursula, Stuttgart

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Wohnbebauung „Rote Wand“ am Stuttgarter Killesberg

Text: Baus, Ursula, Stuttgart

Der Killesberg in Suttgart-Nord ist eine gute Wohnadresse. Hier steht die legendäre Weißenhofsiedlung, dazu bereichern ein neuer Park und ein Freibad die Lebensqualität. 2007 zog die Stuttgarter Messe, die seit 1940 am Killesberg stattfand, an den Flughafen.
Für die freiwerdenden Flächen hatten Pesch und Partner bereits 2004 einen Masterplan entworfen, damals mit der Vorstellung, dass sich hier „Kreative“ ansiedeln. Für Messebesucher war noch eine Stadtbahnlinie bis zum Killesberg ver­längert worden, von der nun die neuen Quartiere auf dem ehemaligen Messegelände profitieren, allen voran: die „Killesberghöhe“, ein prominentes Projekt des Investors Franz Fürst, in dem sich die europä­ische Architektenelite verwirklichen durfte und sich entsprechend teuer wohnen lässt (Heft 1–2). Das Quartier besetzt eines der vier neuen Baufelder, die inzwischen Konturen angenommen haben, die mit Peschs Masterplan nur noch wenig zu tun haben.
Die „Rote Wand“, ein 0,9 Hektar großes Gelände, das zu Messezeiten als Parkplatz diente, liegt gegenüber der Killesberghöhe, auf der anderen Seite der viel befahrenen Straße „Am Kochenhof“. Das Gelände verdankt seinen Namen einer bis zu zwölf Meter hohen, rötlichen Böschung – die Spur eines alten, unter Naturdenkmalschutz stehenden Steinbruchs. Ein Investor wollte auf dem Areal zunächst ein Ordercenter für die Modebranche bauen, zog sich dann aber zurück. Der Weg für ein weiteres Wohnquartier wurde frei.
Zwei Quartiere – und eine Straße als Grenze
Im März wurde ein nichtoffener Wettbewerb, der als Grundlage für den Bebauungsplan des Areals dienen soll, von der Stadt ausgelobt und im Juli entschieden – fast. Die Jury unter Vorsitz von Peter Cheret kürte zwei Entwürfe mit einem ersten Preis, deren Verfasser wurden nun in die nächste Runde geschickt.
Die Wettbewerbsvorgaben, in die auch Ergebnisse einer 2012 mit rund 50 Personen durchgeführten Bürgerwerkstatt einflossen, waren nicht ganz schlüssig. Obwohl sich die Stadt an diesem Ort ein autofreies Quartier wünscht, forderte sie für jede der erwarteten 90 bis 110 Wohnungen einen Stellplatz. Das lässt Tiefgaragen mit Zufahrten befürchten, die Löcher ins Straßenbild reißen. Das Quartier „Rote Wand“ soll sich mit „eigenständigem Charakter“ zwar in das Stadtgebiet integrieren – dafür aber auch die Straße „Am Kochenhof“ zu beruhigen, überlegt die Stadt bisher nicht. Misslich ist auch, dass die unterirdische Stadtbahn-Haltestelle nur auf der Seite der Killesberghöhe zugänglich ist. Von dem Gelände der Roten Wand muss man erst über die Straße und dann zur Stadtbahn hinuntersteigen.
Gewünscht war neben Wohnungen für Studenten und einer Kita vor allem „innovatives Wohnen“ auf 10.000 Quadratmeter Wohnfläche, vorzugsweise in Holzbauweise und als KfW-Effizienzhäuser 55. Die Stadt sieht eine 50-prozentige Wohnbauförderung vor. Jeweils 17 Prozent der Förderung entfal-
len auf die Programme „Preiswertes Wohneigentum“, „Sozialer Mietwohnungsbau“ und „Mietwohnungsbau für mittlere Einkommensbezieher“. Auch Baugruppen und Baugemeinschaften sollen sich hier ansiedeln.
Da die Reichen, hier die weniger Reichen
Was die zehn gesetzten und zwanzig, nach einem Bewerbungsverfahren ausgewählten Büros des Wettbewerbs entwarfen, ist größtenteils solide – ins Schwärmen angesichts überschäumender Innovation gerät man aber nicht. Schwer taten sich alle Teilnehmer mit der Lage des Quartiers: Wie soll man die Wohnbebauung vor dem Straßenlärm schützen, ohne die Verbindung zum gegenüber liegenden Viertel „Killesberghöhe“ zu verbarrikadieren? Ein Dilemma, das auch die Platzgestaltung vor der östlich des Areals liegenden Brenzkirche erschwerte, an der in einem Bogen die Landenbergerstraße vorbeiführt.
Die Vielfalt der Entwürfe reicht von einer Wohnschlange (Dörr & Irrgang, Au) über im strengen rechten Winkel gesetzte Bauten (Michel + Wolf + Partner, Stuttgart), anthroposophisch abgerundeten Baukörpern (Frank Roser/Florian Braun, Ostfildern sowie Teleinternetcafé/Treibhaus, Berlin) bis hin zu kompakten Terrassenblöcken (Maske + Suhren, Berlin). Die Vernetzung mit dem Wohngebiet an der Killesberghöhe zu einem gemeinsamem Stück Stadt scheitert aber durchgehend an der Straße, die auf Dauer die reichen Killesberghöhen-Bewohner von den weniger reichen Bewohnern der „Roten Wand“ trennen wird.
Die beiden ersten Preise stehen stellvertretend für zwei Entwurfsansätze: KSG aus Köln schotten das Wohngebiet zur Straße mit einer Baumreihe und einem zweigeschossigen Riegel ab, in dem „multifunktionale Minimal Houses“ untergebracht sind. Dahinter platzieren sie vier „Wolkenhäuser“ auf amöbenförmigen Grundrissen, die kaum Bezug zu bestehenden Gebäudekonturen nehmen. Das Berliner Büro Roedig und Schop dagegen plante zwei Blocks aus Wohn- und Winkelbauten, die begrünte Höfe umschließen.
Warum nach einer Überarbeitung die Entscheidung für einen der beiden Entwürfe leichter fallen sollte, lässt sich nur schwer nachvollziehen.
Beschränkter städtebaulicher Wettbewerb nach RPW 2013
ein 1. Preis | KSG kister scheithauer gross; stern landschaften; Köln; ein 1. Preis | roedig.schop; plancontext, Berlin | 3. Preis | ARQ Rintz + Quack, Berlin | 4. Preis | Steimle Architekten; Jetter, Stuttgart | 5. Preis | Thomas Schüler; faktorgrün, Düsseldorf | drei Anerkennungen | Project, Esslingen a.N. | Maske+Suhren; Lützow 7, Berlin | Teleinternetcafé; Treibhaus, Berlin
Fakten
Architekten KSG kister scheithauer gross, Köln; stern landschaften, Köln; roedig.schop, Berlin; plancontext, Berlin
aus Bauwelt 33.2014
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