Bauwelt

Im Festrausch

Rio de Janeiro erwartet die Fußball-WM 2014

Text: Crone, Benedikt, Berlin

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1. Preis: mekene.architects, K. Hassayoune

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Im Festrausch

Rio de Janeiro erwartet die Fußball-WM 2014

Text: Crone, Benedikt, Berlin

In Rio de Janeiro wird wie vielerorts in Brasilien gegen die hohen Kosten der Fußball-WM protestiert. Zwei Wettbewerbe zeigen nun, was das Event der Stadt bescheren könnte — im Großen wie im Kleinen.
Am Strand der Strände, der Copacabana von Rio, versammelten sich im Juni Fußballgott Pelé, Brasiliens Sportminister Aldo Rebelo und die Organisatoren der WM 2014. Mit vereinten Kräften enthüllten sie eine Countdown-Uhr, die gemächlich die Tage zur Weltmeisterschaft runterzählt. Aus Europa schaltete sich FIFA-Präsident Sepp Blatter zu und verkündete: „Diese Weltmeisterschaft wird die Menschen zusammenbringen. Es gibt keine Unterschiede im Fußball, soziale Klassen existieren nicht!“ Tatsächlich solidarisierten sich, als wenige Tage später der Confederations Cup angepfiffen wurde, landesweit über 200.000 Menschen – allerdings nicht zur Feier, sondern zum Protest: Rund elf Milliarden Euro will Brasilien in das Großevent pumpen. Die Wut gilt der Staats-Korruption und Polizei-Willkür des Landes, vor allem aber dem Neu- und Ausbau pompöser Fußballstadien, was auch manch Architekten in Deutschland zu Gute kommt. Wo das Geld stattdessen fehle: Unis, Schulen und Krankenhäuser.
Noch bevor Protestbilder europäische Medien erreichten, ließ sich auch die englische Organisation „AC-CA“ vom Fußballfieber anstecken. Das Londoner Büro, das regelmäßig weltweit Studenten wie Absolventen der Architektur zu offenen Ideenwettbewerben einlädt, suchte Entwürfe für einen „World Cup Pavillon“ auf dem Hauptplatz des zentralen Stadtteils Lapa (links). Gefragt war ein Pavillon als Treffpunkt, Infostand und Public-Viewing-Plattform für Fans. „Ich arbeitete gerade an meinem Entwurf, da tauchten die Demonstranten in den Nachrichten auf, während andere die Spiele im Fernsehen verfolgten“, schrieb eine Wettbewerbsteilnehmerin auf ein Rendering ih-res Panels. Als Antwort auf die gleichzeitige WM-Begeisterung und -Verachtung kopierte die Rumänin Menschen in Trikots auf das Bild, die sich auf Plakaten über die Weltmeisterschaft empörten. Andere, an sich originelle Entwürfe, erhielten durch die Proteste jedoch den faden Beigeschmack einer Festivalarchitektur, die im Kleinen vorführt was gerade im Großen entsteht.
Wahrlich umwälzenden Veränderungen in Rio prophezeit so auch das italienische Preisträger-Team eines weiteren internationalen Wettbewerbs zur Zukunft der Stadt, organisiert von der römischen Zeitschrift cityvision. In dem sarkastischen Szenario der Architekten wird das sonnige Rio mit austauschbaren Großbauten zugepflastert – ohne Rücksicht auf Stadt und Mensch (rechts). Die Folge: Immer mehr Reiche drängen sich auf die Copacabana, wo sie anfangen sich zu langweilen. Am Ende kaufen sie die nicht nur unter Architekten in Mode gekommenen Favelas der Stadt auf, um sie mit Gartenanlage, Swimmingpool und Gold-Fassade aufzupeppen. Und die alten Bewohner der Favelas? Sie finden eine Notunterkunft in den Ruinen der Glitzerwelt, die ihnen die Sportevents hinterlassen haben.
Offener Ideenwettbewerb
1. Preis mekene.architects, K.Hassayoune, Paris | 2. Preis A.Ochoa, R. Valera, J.Caceres, M.Loaiza, China | 3. Preis L.Specks, G.Lizama, O.Özdemir, Deutschland | Anerkennung A.Marimbert, E.Arsenault, M.Terne, Frankreich | Anerkennung J.Kim, D.Kim, Südkorea | Anerkennung A.McDonnell, Irland | Anerkennung B.Grilli, A.Angelelli, M.Iorio, Italien | Anerkennung R.Ferreira, J.Beldade, M.Serrano, T.Runa, Portugal | Anerkennung C.Bogdan, Rumänien | Anerkennung G.Guastella, F.Filippi, P.Malinverni, T.Costachescu, Frankreich
Fakten
Architekten mekene.architects, K.Hassayoune, Paris; L.Specks, G.Lizama, O.Özdemir, Deutschland; C.Bogdan, Rumänien; A.Marimbert, E.Arsenault, M.Terne, Frankreich
aus Bauwelt 35.2013
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