Bauwelt

Prototypen für tragende Strukturen

Am Institut für Tragwerksentwurf der TU Graz werden Schalentragwerke neu gedacht

Text: Peters, Stefan, Graz; Trummer, Andreas, Graz

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    Das Prinzip des „Strohboids“: eine Schalenkon­struktion, bei der Stroh als lastabtragenes und dämmendes Material zum Einsatz kommt.
    Grafik: Fritz Walter

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    Das Prinzip des „Strohboids“: eine Schalenkon­struktion, bei der Stroh als lastabtragenes und dämmendes Material zum Einsatz kommt.

    Grafik: Fritz Walter

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    Der Pavillon wurde im österreichischen Freilichtmuseum Stübing errichtet. Foto: Max Schade

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    Der Pavillon wurde im österreichischen Freilichtmuseum Stübing errichtet.

    Foto: Max Schade

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    Die Betonschalengeometrie wurde in einzelne Fertig­teile aufgeteilt.
    Abbildung: TU Graz, ITE

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    Die Betonschalengeometrie wurde in einzelne Fertig­teile aufgeteilt.

    Abbildung: TU Graz, ITE

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    Da alle Teile Unikate sind, entwickelte man eine Universalschalung, ...
    Foto: TU Graz, ITE

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    Da alle Teile Unikate sind, entwickelte man eine Universalschalung, ...

    Foto: TU Graz, ITE

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    ... die verstellbar ist, um diese Unikate effizient herzustellen.
    Foto: TU Graz, ITE

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    ... die verstellbar ist, um diese Unikate effizient herzustellen.

    Foto: TU Graz, ITE

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    Die Elemente aus hochfestem Beton mit Kohlefaser­bewehrung wurden anschließend speziell zusammen­gefügt. Entstanden ist ein Mock-Up aus neun Teilen, die sich zu einer Schale verbinden.
    Foto: TU Graz, ITE

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    Die Elemente aus hochfestem Beton mit Kohlefaser­bewehrung wurden anschließend speziell zusammen­gefügt. Entstanden ist ein Mock-Up aus neun Teilen, die sich zu einer Schale verbinden.

    Foto: TU Graz, ITE

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    Prototyp für ein 20 Meter weit gespanntes Scha­lendach, das sich aus vier großformatigen, hoch­-präzis gefertigten Betonfertigteilen zusammensetzt.
    Abbildung: TU Graz, ITE

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    Prototyp für ein 20 Meter weit gespanntes Scha­lendach, das sich aus vier großformatigen, hoch­-präzis gefertigten Betonfertigteilen zusammensetzt.

    Abbildung: TU Graz, ITE

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    Arbeitsabläufe beim Einsatz von 3-D-Druckern, mit denen sich das Forschungsprojekt COEBRO (Additive
    Fabrication of Concrete Elements by Robots) befasst.
    Abbildung: TU Graz, ITE

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    Arbeitsabläufe beim Einsatz von 3-D-Druckern, mit denen sich das Forschungsprojekt COEBRO (Additive
    Fabrication of Concrete Elements by Robots) befasst.

    Abbildung: TU Graz, ITE

Prototypen für tragende Strukturen

Am Institut für Tragwerksentwurf der TU Graz werden Schalentragwerke neu gedacht

Text: Peters, Stefan, Graz; Trummer, Andreas, Graz

Architekturfakultäten an Technischen Universitäten stehen bei Forschungsvorhaben im Rahmen des Wettbewerbs mit naturwissenschaftlichen oder ingenieurtechnischen Nachbarfakultäten einer zunehmenden Erwartungshaltung gegenüber. Die Forschungsergebnisse werden meist in Zahlen gemessen, welche die erbrachten Forschungsleistungen an einer Architekturfakul­tät sowohl quanti­tativ als auch qualitativ nicht hinreichend bewerten. Die Höhe der Drittmittel­umsätze oder die Anzahl von Publikationen pro Jahr sind nur zwei Beispiele von Benchmarks, mit denen sich Architekturfakul­täten in dieser Hinsicht nur bedingt einordnen lassen. Gleichzeitig ist die Integration an einer Tech­nischen Universität aber auch eine große Chance, können doch Architekturforschende dadurch auf den großen technisch-naturwissenschaftlichen Wissensschatz und auch auf die hervorragende Infrastruktur dieser Universitäten zurückgreifen. Architekturfakultäten kommt dabei in der Forschung oftmals eine Pionierrolle zu, beginnen doch die Projekte nicht selten als Visionen, die für ihre Umsetzung sowohl den generalistischen Blick fürs Ganze, eine hohe gestalterische und soziale Kompetenz, aber eben auch viel technisches Know-how anderer Disziplinen benötigen. Die Fakultäten können dadurch im Idealfall Initiatoren verschiedenster technischer Neuerungen sein, die gleichzeitig einen starken Bezug zu architektonischer und damit baukultureller und gesellschaftlicher Notwendigkeit aufweisen. Forschungsbestrebungen an Architekturfakultäten sind in der Regel genauso vielfältig wie die inhaltlichen Schwerpunkte ihrer Institute, die von Entwurf und Konstruktion bis hin zu Geschichte, Kunst und Theorie vielfältige Be­reiche abdecken. Am Institut für Tragwerksentwurf (ITE) der Tech­nischen Universität Graz, dessen Hauptauftrag in der Vermittlung von Tragwerkslehre und Tragwerksentwurf im Rahmen des Ar­chitekturstudiums liegt, arbeiten sowohl Bauingenieure als auch Architekten. Der Fokus der Forschung liegt an der Schnittstelle zwischen Structural Engineering und Architektur. Die Forschungsausrichtung orientiert sich an Leichtbauprinzipien, materialgerechtem Konstruieren sowie der Nutzung digitaler Methoden von Entwurf und Formfindung bis zur Fertigung. Die Forschungsprojekte am ITE nutzen die Synergien interdisziplinärer Entwicklungen und Erfindungen und stützen sich aber gleichzeitig auf Planung und Umsetzung großmaßstäblicher Prototypen zur Überprüfung der theoretischen An­sätze. Dies erfolgt möglichst immer unter Einbeziehung von Partnern aus der Bauindustrie.
Tragwerke aus Stroh und Holz
Die Studierenden Max Schade und Fritz Walter setzten sich im Rahmen ihrer Masterarbeit intensiv mit dem Thema der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung von Baustoffen und Bauweisen auseinander. Ziel der Arbeit war es nicht, bestehende Bauwerke zu bewerten, sondern einen eigenständigen neuen Ansatz zu finden. Als Ergebnis dieser forschungsnahen Masterarbeit steht der Prototyp des sogenannten Strohboids, einer Schalenkonstruktion für eine Gebäudehülle unter Verwendung von Stroh als lastabtragendes Baumaterial. Die Konstruktion folgt der Geometrie einer Sattelfläche und besteht aus einer zweilagigen Gitterschale aus Buchenholzlatten, in deren Zwischenraum Strohballen geschichtet sind. Diese haben sowohl tragende als auch dämmende Wirkung. Die beiden zug- und druckfesten Holzgitterschalen erzeugen in Verbindung mit der druckfesten Zwischenlage aus Stroh eine hybride Tragwirkung mit ausreichender Stabilität, auch gegen asymmetrische Belastungen. Aus den Erfahrungen beim Selbstbau, basierend auf einer präzisen Planung, mechanischen Belastungsversuchen und dokumentierten Berechnun­gen, lässt sich eine Bauweise aus emissionsfreien Materialien auch für andere Bauwerksformen ableiten. Speziell die ökologische Seite des Strohboids ist überzeugend. Die Holzgitterkon­struktion spart nicht nur Baumaterial und damit Herstellungsenergie, das Gebäude ist bis hin zur Dämmung auch frei von Kunst- und Schadstoffen und kann nach seiner Nutzung komplett recy­celt bzw. kompostiert werden. Die Arbeit steht stellvertretend für spannende und unkonventionelle Forschungsideen, bei denen in einer ersten Phase mit viel Leidenschaft, einem vergleichsweise geringen Budget von nur rund 8000 Euro und vielen Sponsoren wertvolle Daten, aber noch vielmehr ein wichtiger Beitrag zur Heranführung an wissenschaftlich kreatives und methodisches Arbeiten geleistet wird.
Neue Schalen aus Beton
Das Forschungsprojekt „Schalentragwerke aus UHPC – Dünnwandige gekrümmte Bauteile aus hochfesten Betonen für eine innovative Schalenbauweise“, das von 2012 bis 2015 am Institut für Tragwerksentwurf an der TU Graz bearbeitet worden ist, steht stellvertretend für ein öffentlich und aus der Wirtschaft gefördertes Projekt. Gemeinsam mit den Firmen ABB, BASF, Dyckerhoff, Max Bögl, nomotec und SGL stand für die durchgeführten Arbeiten innerhalb von drei Jahren ein Drittmittelforschungsbudget von 750.000 Euro zur Verfügung. Die Leitung über das Projekt lag beim ITE, beteiligt waren außerdem mehrere Institute der Bauingenieurfakultät. Das Projekt widmete sich dem Bau von Betonschalen, die aus dem Kanon möglicher Bauarten im Hochbau in den letzten 20 Jahren leider fast vollständig verschwunden sind. Als Grund dafür wird oft die kostenintensive Herstellung der Schalungen aufgeführt bzw. die Diskrepanz zwischen dem kostengünstigen Werkstoff Beton und einem kostenintensiven Herstellungsprozess. Betonschalentragwerke sind aus der Baugeschichte nicht wegzudenken und verdanken ihren Platz sowohl einer einzigartigen Ästhetik als auch einer mit der Bauweise einhergehenden außergewöhnlichen Effizienz.
Im Forschungsprojekt wurde eine neuartige Bauweise für Betonschalen entwickelt und getestet, die sich im Wesentlichen auf den Nutzen digitaler Planungs- und Fertigungsmethoden stützt. Zusätzlich sind auch Neuerungen im Bereich der Beton- und Bewehrungstechnologie als auch in der Materialwahl für Schalhäute in das Projekt eingeflossen. Zu Beginn wurde vorausgesetzt, dass jegliche Betonschalengeometrie in einzelne Betonfertigteile aufgeteilt werden kann. Handelt es sich dabei nicht um 1-, 2-achsige- oder rotationssymmetrische Geometrien, so entstehen bei der Aufteilung viele einzelne Bau­teile, die allesamt geometrische Unikate darstellen. Die Herstellung dieser Unikate ist schon heute möglich, setzt aber die Herstellung einer jeweiligen Schalungsform voraus, welche nur einmal benutzt wird. Ein zentraler Bestandteil war deshalb die Entwicklung und Konstruktion einer Universalschalung, die als robuste und einfache, rein mechanische Verstelleinheit von einem Industrieroboter ABB IRB 6660 angesteuert und wiederholt verstellt werden kann. In der Folge wurde dazu übergangen, von diesem Schaltisch Sandformen abzunehmen, welche nach dem Betonieren wieder zerkleinert und aufbereitet werden können. Ein weiterer zentraler Bestandteil war die Nachbearbeitung und Fügetechnik der Betonschalenelemente aus hochfestem Beton mit Kohlefaserbewehrung. Sehr bewusst und in Anlehnung an die Bauweise von Stahlgitterschalen entschied man sich für die Entwicklung einer Schraubverbindung mit hochpräzis gefrästen Oberflächen. Sämtliche Thesen und Entwicklungen wurden an der 1-zu-1-Umsetzung eines Mock-Ups überprüft. Das Mock-Up stellt einen Ausschnitt aus einer doppelt gekrümmten, frei geformten Schalengeometrie dar, welche aus insgesamt neun Platten mit an die Laborbedingungen angepassten Kantenlängen von etwa einem Meter besteht. Aktuell findet das Projekt Fortsetzung in einem Projekt gemeinsam mit dem Bauunternehmen Max Bögl, bei dem die Verwendung großformatiger, hochpräziser Betonfertigteile für schalenartige Tragwerke im Fokus steht. Im Mittelpunkt der Entwicklungen steht ein 20 Meter weit gespanntes Schalendach aus nur vier Fertigteilen. Die beiden Beispiele sind stellvertretend für Forschungsvorhaben, bei denen die zentrale Idee gestalterisch-konstruktiv motiviert ist, die einen starken Bezug zu Bau- und Technikgeschichte haben und die Teil einer weltweiten Entwicklung an Architekturfakultäten sind, bei denen die Methoden der Fertigung, im Beson­deren der digital gestützten, wieder stärker in den Mittelpunkt rücken.
3-D-Beton-Druck
Beton ist der meist eingesetzte Baustoff weltweit. Der Aufwand für Formen und Schalungen zur effizienten Herstellung von Bauteilen steht diametral zum verhältnismäßig kostengünstigen Werkstoff selbst. 3-D-Beton-Druck-Verfahren könnten dazu beitragen, den Aufwand für den Schalungsbau zukünftig signifikant zu reduzieren. Im Gegensatz dazu erzeugt das Gießen, als aktuell meist genutztes Einbringverfahren, robuste aber nicht immer effiziente Bauteilquerschnitte bzw. Bauteilformen. Der 3-D-Beton-Druck eröffnet die Option, unabhängig von der Form verschiedener Materialien, zum Beispiel Betone unterschiedlicher Qualität und Festigkeit, zu kombinieren. Beide beschriebenen Aspekte eröffnen die Möglichkeit zu einem deutlich differenzierteren, ressourcenschonenderen und damit auch wertschöpfenden Umgang mit dem Material Beton für einen breiteren Anwendungsbereich als bislang üblich.
Aufbauend auf eine prozessorientierte Projektstruktur, die Industriepartner wie auch Wissenschaftspartner aus den Bereichen Architektur, Betontechnik, Schalungstechnik, Anlagenbau, Robotik und die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) einbindet, zielt das Projekt COEBRO mit einem Budget von rund einer Millionen Euro auf massenrelevante, großmaßstäbliche Anwendungen im Fassaden- und Geschossdeckenbau. Die Umsetzung von 1-zu-1-Prototypen wird sowohl die technische Machbarkeit als auch die bautechnische Relevanz überprüfbar machen.
Fakten
Architekten Engelsmann Peters Beratende Ingenieure, Stuttgart/Graz
aus Bauwelt 7.2017
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