Bauwelt

Der Bunker am Halleschen Ufer in Berlin


Der Architekt John Pawson hat mit dem Büro Realarchi­tektur einen Bunker in Berlin für die Feuerle Collection um­gestaltet


Text: Klingbeil, Kirsten, Berlin


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    Der Bunker steht am Landwehrkanal, gegenüber vom Deutschen Technikmuseum.
    Foto: Sebastian Spix

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    Der Bunker steht am Landwehrkanal, gegenüber vom Deutschen Technikmuseum.

    Foto: Sebastian Spix

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    Der weitläufige Ausstellungsraum im Untergeschoss wird von massiven, in einem regelmäßigen Raster stehenden Stützen gegliedert.
    Foto: Gilbert McCarragher

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    Der weitläufige Ausstellungsraum im Untergeschoss wird von massiven, in einem regelmäßigen Raster stehenden Stützen gegliedert.

    Foto: Gilbert McCarragher

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    Einer der wenigen baulichen Eingriffe ist der „Incense Room“, eine Box aus schwar-zem Glas. Durch die Spie­gelung nimmt man sie im Dunkel der Ausstellung kaum wahr.
    Foto: Gilbert McCarragher

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    Einer der wenigen baulichen Eingriffe ist der „Incense Room“, eine Box aus schwar-zem Glas. Durch die Spie­gelung nimmt man sie im Dunkel der Ausstellung kaum wahr.

    Foto: Gilbert McCarragher

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    Vom Ausstellungsraum im Untergeschoss blickt man durch riesige Fenster in den gefluteten „Lake Room“.
    Foto: Nic Tenwiggenhorn,VG Bild-Kunst, Bonn, ©The Feuerle Collection

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    Vom Ausstellungsraum im Untergeschoss blickt man durch riesige Fenster in den gefluteten „Lake Room“.

    Foto: Nic Tenwiggenhorn,VG Bild-Kunst, Bonn, ©The Feuerle Collection

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    Kaiserlich-chinesischen Möbeln wird zeitgenössische Kunst gegenübergestellt, hier ein Werk von Adam Fuss.
    Foto: Nic Tenwiggenhorn, VG Bild-Kunst, Bonn, ©The Feuerle Collection

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    Kaiserlich-chinesischen Möbeln wird zeitgenössische Kunst gegenübergestellt, hier ein Werk von Adam Fuss.

    Foto: Nic Tenwiggenhorn, VG Bild-Kunst, Bonn, ©The Feuerle Collection

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    Ab dem 4. Juni wird die Berlin Biennale für zeitge­nös­sische Kunst das Erdgeschoss mit einer Aus­stellung bespielen.
    Foto: Nic Tenwiggenhorn, VG Bild-Kunst, Bonn, ©The Feuerle Collection

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    Ab dem 4. Juni wird die Berlin Biennale für zeitge­nös­sische Kunst das Erdgeschoss mit einer Aus­stellung bespielen.

    Foto: Nic Tenwiggenhorn, VG Bild-Kunst, Bonn, ©The Feuerle Collection

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    Auf dem Dach des Bunkers entsteht ein Penthouse für den Sammler.
    Foto: Sebastian Spix

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    Auf dem Dach des Bunkers entsteht ein Penthouse für den Sammler.

    Foto: Sebastian Spix

In Berlin scheint es unter den privaten Sammlern einen Wettstreit um den spektakulärsten Ausstellungsort zu geben. Historische Baudenkmäler werden (in wenig transparenten Verfahren, meist von der Stadt) erworben, zu Museen umgestaltet und sind fortan nur noch gegen (hohe) Eintrittspreise und mit gebuchten Führungen für die Öffentlichkeit zugänglich. Ende April eröff­nete der Sammler Désiré Feuerle in einem ehemaligen Telekommunikationsbunker am Halleschen Ufer nun die „Feuerle Collection“ – es ist der zweite Bunker, der in der Hauptstadt für eine private Sammlung umgenutzt wird. Bereits 2007 zog Christian Boros mit seiner zeitgenössischen Sammlung in einen Reichsbahnbunker aus den vierziger Jahren (Bauwelt 3.2007). Wie Boros hat sich auch Feuerle auf dem Dach des massiven Baus ein Penthouse errichten lassen.
Trotz der konzeptionellen Nähe unterscheiden sich beide Bunker, nicht nur durch die ausgestellte Kunst, sondern in der räumlichen Gestaltung deutlich. Anders als der Reichsbahnbunker, der dem Schutz von Menschen diente, schützte der BASA-Bunker Anlagen des Fernmeldenetzes der Deutschen Reichsbahn. Erd- und Untergeschoss waren nicht in Räume gegliedert, sondern boten freie Flächen für große Gerätschaften. Anfang der Sechziger lagerten hier Teile der Senatsreserve, Güter, die die West-Berliner im Fall einer erneuten Blockade ein halbes Jahr lang versorgt hätten.
Im Vorbeifahren nimmt man den langgestreckten, schlichten Bunker mit den großen Betonquadern auf dem Dach kaum war. Eine Reihe hochgewachsener Bäume schirmt ihn zur Straße ab. Die neu hinzugekommenen Erweiterungen, für die Wohnung des Sammlers sowie Büroräume auf der Rückseite des Baus, sind mit grauen Metallplatten verkleidet. Bis auf wenige Durchbrüche und einige Einbauten im Innern sollte in erster Linie das Alte bewahrt werden. Herausstehende Nägel sind umgebogen, Flecken an der Decke zeugen noch immer von Wasserschäden, Korrosionsstreifen überziehen Teile der Betonwände.
Im Bewahren lag letztlich auch die Schwierigkeit des Umbaus. Der federführende Architekt John Pawson, der mit diesem Umbau sein erstes Projekt in Berlin realisiert hat, versuchte möglichst wenig an der Substanz zu ändern: „Es war ein langsamer, wohlüberlegter Prozess – eine Reihe subtiler Verfeinerungen und Eingriffe, welche die Qualität des Raumes intensivieren“. Mit Bedacht wurde die Patina an Wand, Decke und Boden bewertet und konserviert: Stalaktiten erhalten, Graffiti entfernt, Löcher gefüllt. Laut Pe­-­tra Petersson vom Büro Realarchitektur, das auch den Boros-Bunker sanierte und mit dem Pawson den Umbau gemeinsam umsetzte, wäre es einfacher und auch günstiger gewesen, die Wände zu überstreichen, als sie mit ihren „Fehlern“ zu erhalten. Nur der Boden bekam einen staubbindenden Anstrich.
Betritt man das Gebäude über den unauffäl­ligen Eingang an der nordwestlichen Stirnseite, fällt Pawsons minimalistische Architektursprache sofort ins Auge. Die rohe Betonstruktur wurde, wo notwendig, mit reduzierten Einbauten ergänzt, wie etwa weißen Garderobenschränken. Ein schwarzer Seidenvorhang trennt den Eingangsbereich vom ebenerdigen Ausstellungsraum, den man erst am Ende des Rundgangs betreten wird. Über eine Treppe gelang man zunächst ins Untergeschoss und als erstes in den schmalen, völlig abgedunkelten „Sound Room“, eine Art Schleuse, die die Konzentration des Besuchers auf die Kunst lenken soll. Es läuft „Music for Piano #20“ von John Cage. Die Gesamtfläche des Bunkers von etwa 6500 Quadratmetern verteilt sich auf zwei Ebenen – entsprechend groß sind die beiden Ausstellungs­flächen. Gegliedert werden sie von massiven rechteckigen Stützen, zwischen denen sich Flächen von etwa 20 Quadratmetern bilden. In diesen Vierecken stehen die Exponate, meist mittig, auf schlichten, schwarzen Podesten.
Ausgestellt werden Khmer-Skulpturen des 7. bis 13. Jahrhunderts aus Stein, Bronze und Holz, kaiserlich-chinesische Lack- und Steinmöbel sowie zeitgenössische Kunstwerke. In der kuriosen Gegenüberstellung dieser Werke, man fand sie auch als Thema in verschiedenen, von Feuerle konzipierten Ausstellungen, liegt der kuratorische Ansatz für seine eigene Sammlung. „Für mich sind alle diese Möbel Skulpturen“, betont er.
Ähnlich diesem Ansatz kann man auch zwei bauliche Eingriff im Untergeschoss selbst als „Kunstwerk“ verstehen: Riesige „Fenster“ trennen an einer Längsseite des Ausstellungsraums den „Lake Room“ ab. Man blickt in einen etwa gleich großen, leeren, asymmetrischen Raum, der fast doppelt so hoch erscheint. Eine optische Täuschung. Einziges Exponat ist eine Wasserfläche, in der sich der Raum spiegelt.
An der Wand zum Lake Room steht eine etwa zehn auf zwölf Meter messende, deckenhohe Box: aus schwarzem, spiegelndem Glas wurde der dritte „Raum“ eingefügt, der „Incense Room“ (engl. Weihrauch). Da, anders als es die Fotos vermuten lassen, nur die Exponate in der Ausstellung beleuchtet werden, nimmt man den Ein­bau kaum wahr. Ein paar Stufen führen in den dunk­-len Raum für die Incense-Zeremonie, eine der ältesten Traditionen Chinas, bei der man über Düfte in einen rauschartigen, spirituellen Zustand gelangt.
Über ein zweites Treppenhaus gelangt man zurück ins Erdgeschoss. Es wird von einer weißen, mit einer Fuge vom Bestand abgesetzten Wand gerahmt. Hinter ihr verschwindet die Mu­seumstechnik. Die Wand selbst wirkt fast wie ein Fremdkörper, zu stark ist der Kontrast zum robusten, rau belassenen Beton. Das Erdgeschoss wirkt ohne „Ausblick“, Struktur der Decke und Spiegelungen im schwarzen Glas nüchtern, schwächt den Gesamteindruck dieser neuen Ausstellungsräume aber nicht: Die architektonischen Eingriffen konservieren nicht nur die vorgefundene Substanz, sie bewahren die Aura des Ortes.



Fakten
Architekten Pawson, John, London; Realarchi­tektur, Berlin
Adresse Hallesches Ufer 70 10963 Berlin


aus Bauwelt 22.2016
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