Bauwelt

Asterios Polyp

Text: Niemann, Sebastian, Paris

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Asterios Polyp

Text: Niemann, Sebastian, Paris

Als just am 50. Geburtstag sein New Yorker Büro-Apart­ment in Flammen aufgeht, bricht für den renommierten Architekten und Universitätsprofessor Asterios Polyp die Welt zusammen: Die gültige Ordnung, die nicht nur Grundlage seines bisherigen Handelns und seiner zahlreichen Schriften war, sondern ihm zudem half, über alltägliche Probleme wie altes Geschirr oder unbezahlte Rechnungen hinwegzusehen, fällt in sich zusammen.
Mit seinem klaren Standpunkt, der keine Zweifel zuließ, sondern zu jedem Problem eine einfache Antwort und die dazu­gehörige Form produzierte, wird auch sein gesamtes bisheriges Leben in Frage gestellt.
So begibt sich Asterios Polyp auf eine Reise, die die Suche nach dem Sinn des Lebens symbolisiert und auf der er lernt, sich anderen Sichtweisen zu öffnen. Während er auf dem Weg der Selbsterkenntnis voranschreitet, versucht er, seine Lebensgeschichte zu verarbeiten, die in episodenhaften Rückblicken aus Erinnerungen und einst unumstößlichen Weisheiten dargestellt wird.
Der Autor inszeniert sowohl die Geschichte als auch die Suche über eine zunächst sehr gewöhnungsbedürftig vielfältige Mischung von Farben, Typographie und Zeichentechnik. Diese wächst jedoch zu einem präzisen Bild und entwickelt eine konzeptuelle Tiefe. Mazzucchelli arbeitete in den 80er Jah­ren zusammen mit Frank Miller an den klassischen Superhelden-Comics und adaptierte später mit Paul Karasik den Auster-Roman „City of glass“ als graphic novel. Mit Asterios Polyp präsentiert er sein erstes eigenes Album, welches er mit einem extra-starken Kartonumschlag aufwendig und bis ins kleinste Detail gestalten konnte. Dafür er­hielt er in seiner amerikanischen Heimat gleich drei Eisner-Awards und wurde im Januar beim interna­tionalen Comic-Festival im französischen Angoulême mit dem Grand Prix du Jury ausgezeichnet.
Mazzucchelli entfaltet die Geschichte mit der ihm eigenen Ironie, so dass man sich oft fragen muss, welches Bild der Autor von der Welt und insbesondere von den Architekten hat. Und weil er dabei einen Erzählstrang nur andeutet, zwingt er den Leser, die vielfältigen Fragmente und Details selbst zusammenzusetzen und eine eigene Sichtweise zu entwickeln. Wie wichtig der eigene Standpunkt für die Interpretation der Welt ist, ist auch die zentrale Erkenntnis dieses zeitgenössischen Märchens und wird dank der Synthese von Handlung und Darstellung auf eine besonders gelungene Art und Weise herausgearbeitet. Dass Asterios Polyp nach einer langen, graphisch wie inhaltlich spannenden Reise wieder zu sich selbst findet, kann jedoch nichts daran ändern, dass seine Welt am Ende doch untergeht. 

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