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Making Offenbach

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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Jan Friedrich freut sich, dass das DAM seiner Heimatstadt die Würde zurückgab

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Jan Friedrich freut sich, dass das DAM seiner Heimatstadt die Würde zurückgab


Making Offenbach

Text: Friedrich, Jan, Berlin

Meine Herkunft war nie etwas, womit ich hätte prahlen können. Sie kennen das: Es gibt diese Städte – wenn man deren Namen nennt, schauen alle Umstehenden betreten zu Boden. Und irgendjemand entblödet sich schließlich zu sagen: Ach, da soll es aber auch total nette Ecken geben. Doch als ich Kind war, in den 70er Jahren, da gab es diese netten Ecken nicht in Offenbach. Offenbacher zu sein, das war echt nicht witzig.
Nun, viele Jahre später, ist meine im besten Fall mitleidig belächelte Heimatstadt mit einem Mal in aller Munde. Als leuchtendes Beispiel für eine „Ankunftsstadt“ im Sinne von Doug Saunders’ „Arrival City“. Plötzlich werden mir auf Familienfeiern Fotos unter die Nase gehalten, auf denen mein Neffe neben dem Bundespräsidenten zu sehen ist, der sich kürzlich selbst ein Bild von dieser vorbildhaften Stadt machen wollte. Und ja, ich kann es nicht abstreiten: Das macht stolz. Es scheint mir der gerechte Ausgleich für die jahrelang erlittene Demütigung zu sein.
Zu verdanken haben wir Offenbacher dieses neue Selbstwertgefühl dem Deutschen Architekturmuseum. Dessen Kuratoren haben unser seit Jahrzehnten in der Tat ausgesprochen integrationsfähiges Gemeinwesen – 58 Prozent aller Offenbacher haben einen Migrationshintergrund, es gibt 156 Nationalitäten in der Stadt – als Teil der „Making Heimat“-Ausstellung auf die Architekturbiennale nach Venedig mitgenommen. Offenbach in Venedig! Und nun – das ist im Grunde noch großartiger –, wo die Ausstellung ins Architekturmuseum selbst wandert, da schafft es Offenbach sogar bis nach Frankfurt! In die Kaufleute- und Bankiersstadt, die jahrhundertelang abschätzig auf die kleine, schmutzige Nachbarin mit ihren armen Handwerkern und Arbeitern herabgeschaut hat!
Eröffnet wird die Schau im DAM am 3. März mit einem ganztägigen Symposium. Am 10. Mai gibt es eine Pecha-Kucha-Nacht mit dem schönen Titel „Offenbach is almost all right“. Und auf der Museumswebsite finde ich den Hinweis, dass es sogar Stadttouren durch Offenbach geben soll. Ganz ehrlich: Bis vor Kurzem hatte ich Angst davor, später, falls die Rente fürs Leben in Berlin nicht reicht, vielleicht zurückkehren zu müssen ins Haus meiner Familie nach Offenbach. Diese Vorstellung schreckt mich nicht mehr. Danke, liebes DAM!

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