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Neubau einer kongresstauglichen Messehalle in Berlin

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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1. Preis: Code Unique Architekten

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Niveauausgleicher

Neubau einer kongresstauglichen Messehalle in Berlin

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Die Berliner Messe wird erweitert. Anstelle der zum Abriss frei gegebenen Deutschlandhalle soll eine neue Halle entstehen, die während der Sanierung des ICC auch für Kongresse genutzt werden kann. Gefragt waren pragmatische Lösungen.
Es war ein langer, schließlich erfolgloser Kampf der Berliner Denkmalpfleger. Im November 2010 hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Abriss­genehmigung für die Deutschlandhalle erteilt. 1936 war diese für die Olympischen Spiele als damals größte Multifunktionshalle der Welt eingeweiht worden, 1957 nach Kriegsschäden neu errichtet und 1995 unter anderem wegen ihrer großen stützenfreien Spannweite unter Denkmalschutz gestellt worden. An ihrer Stelle, östlich vom Messeeingang Süd, soll nun eine neue Messehalle gebaut werden. Obwohl erst in den 90er Jahren auf dem Gelände unterm Funkturm mehrere Hallen nach Entwürfen von O.M. Ungers hinzu gekommen waren, gibt es längst wie­der Platzprobleme. Und die internationale Konkurrenz ist groß. Die Berliner Messegesellschaft will welt-weit bedeutende Messen wie die Internationale Funk Ausstellung, die Grüne Woche und die Internationale Tourismus Börse nicht an andere Standorte verlieren. Zugleich braucht sie Ersatzflächen für den Kongressbetrieb. Denn das ICC (Bauwelt 13.04) soll nicht, wie noch bis 2008 diskutiert, abgerissen,
sondern, und hier haben die Denkmalschützer Erfolg gehabt, ab 2014 saniert werden. Die neue Halle muss also 2013 fertig sein.
Laut Auslobung sollten die 15 Teilnehmer des Wettbewerbs einen Entwurf erarbeiten, der sich mit dem heterogenen städtebaulichen Umfeld auseinandersetzt, „den ursprünglichen Standort der Deutschlandhalle mit ihrer sozialgeschichtlichen, kulturellen und städtebaulichen Bedeutung für West-Berlin respektiert und eine eigene Identität entwickelt“. Für den Hallenneubau will die Messe 65 Millionen Euro zur Verfügung stellen – viel zu wenig wie die Ergebnisse zeigen, deren Kostenschätzungen im Mittel bei jeweils 95 Millionen lagen. Doch auch wenn es die nüchterne Visualisierung des Siegerentwurfs von Code Unique Architekten vielleicht vermuten lässt, wurde der Wettbewerb nicht aufgrund von finanziellen Argumenten entschieden (einer der preiswertesten Vorschläge kam auf Rang 4), sondern in Bezug auf eine funktionierende Ein- und Anbindung der Halle in das extrem schwierige Gelände. Sie muss nicht nur an Halle 2 und 7 andocken und von zwei Seiten erschlossen werden, sondern auch zwischen unterschiedlichen Niveaus vermitteln, die mit dem Vorplatz der nach Plänen von Ungers 2002 gebauten Eingangshalle Süd zu tun haben. Dieser wurde damals, in Form eines Amphitheaters, um etwa neun Meter unter Straßenniveau abgesenkt, damit das schlecht vermietbare Untergeschoss der Messehallen ebenerdig erschlossen werden kann.
Die Messehalle für Berlin, so macht das Ergebnis deutlich, muss in erster Linie flüssige Bewegungen für Aussteller und Besucher ermöglichen. Aufwendige Tragwerke oder Formen waren nicht gewünscht. Alternativen zur bewährten Kiste hatten keine Chance – weil ihre Verfasser sie eher wie Solitäre behandelt, denn ins Umfeld eingebettet haben: Nieto Sobejanos eng gefaltete Sheddachstruktur oder Zaha Hadids Gürteltierhülle etwa wurden im zweiten Rundgang aussortiert.
JSWD und Chaix Morel gelangten mit ihrem Vorschlag einer kreisrunden Halle, die, wie fast alle Arbeiten, zweigeschossig organisiert ist und als Antwort auf die halbkreisförmige Eingangshalle Süd gedacht ist, auf Platz 3. Die Jury befand diesen aber als „städtebaulich unbefriedigend“. Der runde Solitär schaffe räumlich schwierige Bezüge, so ihr Urteil, das vielleicht auch im Respekt vor Ungers Werk begrün­-det liegt. Die Fassade aus vertikalen Aluminiumrohren, schien ihr „dem Umfeld nicht angemessen“.
Der Vorschlag von Wulf & Partner (2. Preis) wird durch eine Fassade aus Betonfertigteilen mit per­forierten Quadraten und eine Dachkonstruktion aus 6 Meter hohen Holzkastenträgern bestimmt. Die Idee, Tageslicht durchs Dach in die obere Halle zu leiten, goutierte die Jury aber nicht. „Die kastenförmigen Träger über der Halle im Erdgeschoss, zusammen mit den dazwischen liegenden Glasflächen stellen eine kostenintensive Lösung dar und könnten im Hinblick auf den geforderten Tageslichtanteil ver­einfacht werden.“
Code Unique (1. Preis) haben, von außen be­trach­tet, eine Halle entworfen, wie man sie schon häufig gesehen hat: Pfosten-Riegel-Konstruktion, Dachüberstand, geschlossenes Fassadenband mit Aufdruck. Und man wünscht der Messe, dass die Architekten raffinierter detaillieren werden, als ihre Renderings vermuten lassen. Was für die Jury gezählt hat, ist die Einbindung in das Gelände. Der wohlproportionierte, schwebende und klare Baukörper überzeuge städtebaulich und architektonisch, so ihr Urteil. Auf die schwierige Topographie hätten die Verfasser äußerst geschickt durch zwei gegenüberliegende Ebenen geantwortet, die in die Grundrisse hineinspielte.
Fakten
Architekten Code Unique Architekten, Dresden; Wulf & Partner, Stuttgart; SWD Architekten, Köln, Chaix & Morel et Associés, Paris; Ackermann und Partner Architekten, München
aus Bauwelt 21.2011
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