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Marketing und Nachhaltigkeit

Zumtobel Group Award 2010

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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Marketing und Nachhaltigkeit

Zumtobel Group Award 2010

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Im September hat der österreichische Lichtkonzern Zumtobel zum zweiten Mal einen Preis für nachhaltige Projekte vergeben. Er folgt damit nicht nur einem Marketingtrend.
Warum haben die prämierten Arbeiten denn gar nichts mit Licht zu tun?, fragte ein Gast auf der Preisverleihung des Zumtobel Group Award 2010 in Bregenz. Die Antwort ist simpel. Heute reicht es für eine Firma nicht mehr, Anwendungen der eigenen Produkte oder eh schon weithin gelobte Bauwerke bzw. hochdekorierte Stars zu prämieren, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit der Architekten zu wecken. Die Zielgruppe will ihre Themen gefördert sehen. Auch die Firma Zumtobel hat das erkannt und 2007 einen Preis zum Thema Nachhaltigkeit ins Leben gerufen. „Mit dem Preis prämieren wir neben den ökologisch technischen Aspekten eines Projekts vor allem auch die Menschlichkeit. Dabei wollen wir nicht nur fertig Gebautes würdigen, sondern auch Forschungsprojekte“, erklärte Kristin Feireiss auf der Preisverleihung den weit gefassten Ansatz. Ihr Forum Aedes ist als Partner für die Organisation verantwortlich. Die Vorbilder des Preises verschweigt sie nicht: den Aga-Khan-Award, der seit 1977 an Projekte in muslimisch geprägten Kulturen vergeben wird, und den Holcim Award, der seit 2003 ökologisch-soziale Projekte in allen Teilen der Welt würdigt. Auch mit dem Preisgeld hat sich Zumtobel an ihnen orientiert. Zwar sind diese insgesamt höher dotiert (die Aga-Khan-Stiftung vergibt 500.000 US-Dollar, Holcim zwei Mil­lionen), doch mit durchschnittlich 70.000 Euro pro Preisträger alle annähernd auf Pritzkerpreisniveau. Bewerben kann man sich für den Zumtobel Award allerdings nicht. Ein internationales Team hat für die zwei Preiskategorien je 20 Projekte vorgeschlagen, aus denen die Jury (u.a. Brian Cody, Stefan Behnisch, Colin Fournier und Yung Ho Chang) je fünf nominiert und zwei Sieger ermittelt hat. Im Vergleich zur ersten Runde (Bauwelt 38.07) gehören die Verfasser die­ses Mal zur jüngeren Generation.

Die lebende Fassade von São Paulo

In der Kategorie „Gebaute Umwelt“ siegte das Bürogebäude „Harmonia // 57“ in São Paulo. Das im Jahr 2000 gegründete französisch-brasilianische Büro Triptyque hat die Fassade des Hauses aus Wasser- absorbierendem Beton mit porenartigen Vertiefungen versehen, so dass Pflanzen darin Halt finden können. Über ein Sprühwassersystem werden sie bewässert. Dafür ist das Haus mit einem System aus Röhren, Kollektoren und Tanks umstellt, das als selbst­verständlicher Teil der Architektur eine klare Botschaft in die stark versiegelte und bei Regenfällen re­gelmäßig überschwemmte Großstadt sendet.

Die Zukunft von New York

Den Forschungspreis erhielt das von Mitchell Joachim und Maria Aiolova gegründete Designkollektiv Terreform One + Terrefuge für die Arbeit „New York City Resource & Mobility“. Gemeinsam mit Wissenschaftlern und Künstlern haben sie die Infrastruktur und die Ressourcen von New York in Bezug auf sechs Felder (Energie-, Wasser- und Abfallwirtschaft, Lebensmittelerzeugung, Verkehrswesen und die Stadt als Lebensraum) untersucht und überlegt, inwieweit die Stadt zu einem weitgehend autarken Organismus werden könnte. Unter anderem wenden sie dabei das aus der Waren- und Dienstleistungsproduktion bekannte Wirtschaftsmodell des Ressourcenaustauschs auf die Umweltbilanz an. Sie plädieren nicht nur für flexible Grundrisse oder die Umnutzung alter Gebäude. Mit Wohnwagenmodellen und Techniken, die den Baumwuchs manipulieren, so dass Tragwerke entstehen können, holen sie auch Ideen aus den 70er Jahren wieder hervor und beeindrucken mit Rechenexempeln: 36.200 Tonnen Müll produziere New York täglich – genug, um die Freiheitsstatue aller 18 Tage zu füllen, genug aber auch, um künftig Häuser daraus zu bauen. Ausgedehnte Grünflächen und ein Labyrinth aus unregelmäßigen Gebäudeblöcken, so ihre These, werde die städtische Struktur einmal ablösen.

Der Luxus des Nein

Dass der Zumtobel Preis die allgemeine Diskussion anregen will, unterstrich schließlich die mit internationalen Podiumsgästen angereicherte Preisverleihung, die viele Nachhaltigkeitsthesen neu gemischt ins Publikum warf: Wir sollten uns den Luxus vorbehalten, „Nein“ zu sagen, mahnte Dagmar Richter von der Cornell University. Die Verantwortung der Architekten sei höher, als auf wissenschaftlich ermittelte Daten zu reagieren. Hubert Klumpner, der mit seinem Büro Urban Think Tank 12 Projekte in den Favelas von São Paulo verwaltet, ergänzte: Nicht Verzicht sei das Stichwort, sondern Wiederverwertung. Dass Forscher den Preis unter anderem für ein Müllverwertungsszenario bekommen, zeige, dass ein Umdenken bereits stattfinde.

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