Bauwelt

Dresdner Bauherr und Mäzen

Das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen würdigt Heinrich Graf von Brühl

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

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Johann Christoph Knöffel, Brühlsches Belvedere mit Grottensaal, Längsschnitt, Entwurfsvariante, um 1749
© Landesamt für Denkmalpflege Sachsen; Plansammlung, Inv.-Nr. M 13.BI.3

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Johann Christoph Knöffel, Brühlsches Belvedere mit Grottensaal, Längsschnitt, Entwurfsvariante, um 1749

© Landesamt für Denkmalpflege Sachsen; Plansammlung, Inv.-Nr. M 13.BI.3


Dresdner Bauherr und Mäzen

Das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen würdigt Heinrich Graf von Brühl

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Das Ensemble der „Brühlschen Terrasse“ ist untrennbar mit dem berühmten Dresdner Elb-Panorama verbunden. Die Teile der früheren Festungsanlagen, die der sächsische Premierminister Heinrich Graf von Brühl (1700–1763) während der Augusteischen Ära durch seinen Hausarchitekten Johann Christoph Knöffel (1686–1752) zu einem beliebten Treffpunkt der Hautevolee ausbauen ließ, bilden den Mittelpunkt vieler Stadtbild-Darstellungen.
Im Nachfolgebau des Brühlschen Palais, im Ständehaus, residiert heute das Sächsische Landesamt für Denkmalpflege. Das Denkmalamt hat Brühls 250. Todestag zum Anlass genommen, eine Ausstellung zu den unter ihm entstandenen Bauten zu kon­zipieren. Zu sehen sind neben beeindruckenden Original-Zeichnungen Johann Christoph Knöffels aus der hauseigenen „wissenschaftlichen Plansammlung“ auch Kupferstiche nach Meisterwerken der Brühl’- schen Kunstsammlung sowie Stuckfragmente des gräflichen Palais. Abgerundet wird diese Zusammen­stellung durch eine großformatige Fotoserie mit überwiegend aus dem späten 19. Jahrhundert stammenden Innen- und Außenaufnahmen Brühl’scher Bauten; sie lassen Teile des verlorenen „alten Dresden“ wieder auferstehen.
Erst unter August dem Starken und seinem Sohn Friedrich August II. entwickelte sich Dresden von der dichten, mittelalterlich geprägten Stadt zur Kunst- und Kulturmetropole von internationalem Rang. Viele der Bilder, die bis heute das Image von Dresden ausmachen, verdanken sich jener Ära: barocke Prachtbauten, wertvolle Kunstsammlungen und eine hochentwickelte Festkultur. Eine Schlüsselfigur für diese Entwicklung war kein Geringerer als der Graf von Brühl. Neben seinen politischen Ämtern – Ge­heimer Kabinetts- und Konferenzminister, Polnischer Kronfeldzeugmeister, Sächsischer Wirklicher Ge­heimer Rat, General der Infanterie, Oberkammerherr, Oberrechnungsdeputationsdirektor und vieles mehr – leitete Brühl die kurfürstlichen Kunstsammlun­­gen, kümmerte sich um den Ankauf von Gemälden und war darüber hinaus Generalintendant der Dresdner Oper sowie Direktor der Meißener Porzellanmanufaktur. August der Starke überhäufte ihn geradezu mit Ämtern und Aufgaben. Das wusste Brühl geschickt zu nutzen und baute sich ein ansehnliches Vermögen auf. Er avancierte zum größten Grundbe­sitzer des Landes nach dem König. Einige seiner Anwesen wie die Schlösser Lindenau und Pförten etablierte er geschickt als Übernachtungsmöglichkeit für den zwischen Sachsen und Polen pendelnden Regenten, andere nutzte er selbst. Mit seinen weiteren Erwerbungen betrieb er etwas, das man heute einen schwunghaften Immobilienhandel nennen würde.
Nach und nach überließ Friedrich August II. die Dresdner Festungswälle seinen Beamten zur Nutzung. Graf Brühl erhielt ab 1739 den direkt an der Elbe gelegenen Abschnitt zwischen Schlossplatz und Jungfernbastei. Er ließ auf den Wallanlagen einen aufwendig gestalteten Garten anlegen und daran angrenzend eine Reihe von Prachtbauten, die meist  nur „Brühlsche Herrlichkeiten“ genannt wurden: sein Palais, ein Belvedere, die gräfliche Gemäldegalerie und eine Bibliothek für seine rund 62.000 Bücher.
Sächsisches Rokoko
Johann Christoph Knöffel, vom Bauhandwerker zum Obersten Baubeamten des Kurfürstentums aufgestiegen, konnte hier im kongenialen Zusammenspiel mit dem kunstbeflissenen Bauherrn sein bedeutendstes Gebäude-Ensemble realisieren. Dabei kombinierte er gekonnt die örtlichen Barocktraditionen im Sinne seines Lehrers Matthäus Daniel Pöppelmann mit den zeitgenössischen Raum- und Ornamententwicklungen des französischen Rokoko. Die Gestaltung des Belvedere und die – bis hin zum Deckengemälde von Louis de Silvestre – herausragende Ausstattung des Festsaals im Palais gehörten zu den Dresdner Meisterwerken der Epoche. Immer wieder war die „Brühlsche Terrasse“ auch Schauplatz staatlicher Empfänge und prunkvoll inszenierter Feste.
Der preußische König Friedrich II. gilt als Brühls Erzfeind. Ihm war neben den fortwährenden außenpolitischen Winkelzügen des Grafen im Ringen um Schlesien auch dessen ausschweifende Hofhaltung zuwider. Die Sachsen hatten sich im Siebenjährigen Krieg auf die Seite der Österreicher geschlagen; nach deren Niederlage ließ Friedrich viele der Brühl’schen Bauten (darunter das Belvedere) zerstören – und läutete gleichzeitig das Ende des Augusteischen Zeitalters ein.
Nach der Völkerschlacht 1813, die Sachsen auf der Seite Napoleons verlor – diesmal gegen Russland, Preußen und Österreich –, ließ der russische Generalgouverneur die „Brühlsche Terrasse“ der Öffentlichkeit zugänglich machen und in diesem Zuge die bekannte Freitreppe anlegen. Die Wallanlagen avancierten zur beliebten Flaniermeile und wurden aufgrund ihrer einmaligen Lage als „Balkon Europas“ berühmt. Während der rasanten Stadtentwicklung um 1900 ersetzte man weitere Gebäude des Ensembles – Gemäldegalerie, Bibliothek und Palais – durch Neubauten. Heute vermitteln nur noch alte Stadtansichten einen Eindruck von der ursprünglichen Anlage. 
Fakten
Architekten Johann Chris­toph Knöffel (1686–1752)
aus Bauwelt 7.2014
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