Bauwelt

Das große Patt

Bauhaus Museum Weimar

Text: Kil, Wolfgang, Berlin

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ein 2. Preis: Johann Bierkandt

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ein 2. Preis: HKR Architekten

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Das große Patt

Bauhaus Museum Weimar

Text: Kil, Wolfgang, Berlin

Der Wettbewerb zum Bauhaus Museum Weimar endete unentschieden. Das liegt vor allem an der Aufgabenstellung.
Seit den 1990er Jahren ist klar – Weimar braucht ein Bauhaus-Museum. Hatte man hier der legendären Kunstschule zu ihrem 50. Gründungsjubiläum 1969 noch nicht mal eine kleine Feierstunde gegönnt, ist inzwischen, nicht zuletzt durch großzügige Schenkungen, eine hochkarätige Sammlung mit über 10.000 Exponaten entstanden. Die 1995 für Touristen umgerüstete klassizistische (!) Remise am Theaterplatz war der kulturellen Dimension des Themas nie wirklich angemessen. Inzwischen ist das Bauhaus Weltkulturerbe, und 2019 steht sein hundertster Geburtstag an. Der Handlungsbedarf wird dringend.
Der Umgang der „Klassikerstadt“ mit ihrem Highlight der Weltmoderne war zu allen Zeiten eher von Unsicherheit als von Souveränität geprägt. Dieser Befund zeigte sich erneut, als bei der Standortsuche für das neue Museum ein achtbares Exempel später DDR-Moderne, die Parkmensa der Bauhausuniversität, mal eben geopfert werden sollte – ein Missgriff, den erst Studierende in einer beherzten Kampagne zu verhindern wussten. Danach bot die Stadt einen Bauplatz an, der auf andere Weise höchst heikel ist – als offenes Gelenk zwischen drei völlig disparaten Stadtbereichen: Am biedermeierlichen Jakobstor beginnt die nördliche Altstadt, gegenüber erdrücken die ungeschlachten Baumassen des NS-Gauforums jeden urbanen Zusammenhang, und der sich ostwärts öffnende Weimarhallenpark, ein Gartendenkmal früher Volksparkkultur, wird seit zwölf Jahren durch eine Kongresshalle von gmp dominiert. Die verkehrsreiche Kreuzung dazwischen, für manchen die „große Wunde der Stadt“, soll durch den Museumsbau nun eine komplett neue räumliche Fassung (und möglichst auch eine neue zeitgeschichtliche Akzentuierung) erfahren.
Auf die internationale Ausschreibung für das Museum gingen 536 Bewerbungen ein, 27 Büros wurden für die Endphase zugelassen. Das klingt überschaubar, und doch konnte Jörg Friedrich als Vorsitzender des Preisgerichts nach dreitägiger Marathonsitzung keinen eindeutigen Gewinner verkünden. Stattdessen wurden zwei zweite und zwei dritte Preise ausgesprochen, zusätzlich gab es drei Anerkennungen für Beiträge mit hervorhebenswerten Einzelaspekten. Die vier „preiswürdigen“ Arbeiten reichte man an die Auslober weiter – im Rahmen eines VOF-Verfahrens sollen die nun mit den Autoren die jeweiligen Konzepte noch tiefer durchdringen, um im Juni endgültig entscheiden zu können.
Mit ihrer Unentschiedenheit hat die Jury nicht gekniffen, sondern einen Grundkonflikt offengelegt, der ein definitives Votum tatsächlich erschwert: Weder die Stadt (mit ihrer Standortwahl) noch die Klassik Stiftung (als künftige Betreiberin des Hauses) schienen sich im Vorfeld des Wettbewerbs über Tragweite und Folgen ihrer Ausschreibungswünsche voll im Klaren gewesen zu sein – von gemeinsam zu klärenden Prioritäten ganz zu schweigen. Also standen die Teilnehmer vor der Alternative, entweder der Stadt einen überzeugenden Verbindungsraum, das missing link zwischen possierlicher Altstadt und dräuender NS-Kulisse zu konstruieren, oder alle Kraft und Fantasie in eine vielgestaltige, komplexe, womöglich variable Raumstruktur zu investieren, mit der Weimar „ein neues Standbein der Moderne“ erhält, das nach Sammlungsdirektor Wolfgang Holler sich nicht auf die Aura edler Vitrinen beschränken, sondern „als Werkstatt offen für innovative, prozessuale, ja radikale Präsentationen“ sein will.
Auf diese divergierenden Anforderungen reagierte die Jury, indem sie pro Preiskategorie je einen Entwurf mit körperlicher Präsenz und einen mit funktionell ausdifferenzierter Struktur wählte. Dabei wurde sowohl bei HKR Architekten (2. Preis) als auch bei Hanada/Tonon (3. Preis) überraschend klar, wie schnell die auf Stadtraum zielenden Lösungen ins Block- oder gar Barrierehafte umschlagen. Dagegen versprechen die eher pavillonartigen Entwürfe von Bube/Daniela Bergmann (3. Preis), vor allem aber von Johann Bierkandt (2. Preis) nicht nur spannend bespielbare Interieurs, sondern auch geradezu elegante Verknüpfungen des Museums mit dem Park. Diese „Wendung ins Offene“ ist den Betreibern unbedingt zu empfehlen, nicht zuletzt wegen der ideologischen Verspannungen, die eine allzu direkte Nachbarschaft zwischen Bauhaus-Museum und NS-Gauforum ganz sicher provozieren wird. Ein Dilemma, das historischen Realitäten geschuldet ist und dem man eigentlich nur mit festem „Zukunftsblick“ entgehen kann: indem man das Bauhaus nicht als Sammelsurium elitärer Stilvorlagen begreift, sondern als Laboratorium emanzipatorischer Praxis. Und die reicht schließlich über 1925 oder 1933, sogar über 2019 hinaus.
ein 3. Preis | Bube/Daniela Bergmann organisieren den öffentlichen Raum zwischen Weimarhallenpark und ehemaligem Gauforum neu und erweitern ihn nach Norden. Die drei Kuben seien gestalterisch sensibel durchgebildet, meinte die Jury, die sich an das Kirchner Museum in Davos erinnert fühlte. Sie seien jedoch nur bedingt kompakt, ein hoher technischer Aufwand für Doppelfassade und Raumklima sei zu erwarten. Denkmalpflegerisch unproblematisch.
ein 3. Preis | Heike Hanada mit Benedict Tonon positioniert im Park einen starken Solitär mit einer Fassade aus weißem poliertem Beton mit Rillenstruktur. Diese repräsentiere keinen Museumsbau und wirke zu wenig öffentlich, urteilte die Jury. Wegeführung und Räume böten große Potenziale für ein attraktives Ausstellungserlebnis. Die Geometrie des Kubus nehme den Bezug zur Weimarhalle auf und damit zum neuen Weimar, nicht zum „Gauforum“. Die Bauhöhe sei in Bezug auf die Umgebung kritisch, aber noch akzeptabel.
ein 2. Preis | Johann Bierkandt verteilt eine Großform aus mehreren Baukörpern über das Grundstück. Ein Achenskreuz bezieht sich in alle Richtungen auf die Umgebung. Die additive Struktur fördere die Assoziation an die Ausbildung im Bauhaus, so die Jury. Am meisten überzeugte sie die Anbindung an den Park. Es gab keine denkmalpflegerischen Bedenken.
ein 2. Preis | HKR Architekten zeigten eine intensive Auseinandersetzung mit dem das Grundstück prägenden Niveausprung, urteilte die Jury. Die Freitreppe entlang des Gebäudes schaffe einen gelungenen Zugang zum Park. Der zentrale Innenraum bilde ein sehr differenziertes räumliches Angebot, die Ausstellungsbereiche müssten wesentlich flexibler sein. Dies sei in der Überarbeitung aber lösbar. Mit Ausnahme des Abstandes zum Gärtnerhaus im Weimarhallenpark denkmalpflegerisch akzeptabel.
vollständiges Ergebnis:
Realisierungswettbewerb
ein 2. Preis (40.000 Euro) Johann Bierkandt, Landau | ein 2. Preis (40.000 Euro) HKR Architekten, Klaus Krauss und Rolf Kursawe, Köln | ein 3. Preis (30.000 Euro) Heike Hanada mit Benedict Tonon, Berlin | ein 3. Preis (30.000 Euro) Bube/Daniela Bergmann, Rotterdam | Anerkennungen (9666 Euro) Karl Hufnagel Architekten, Berlin | hks Hestermann Rommel Architekten, Erfurt | menomenopiu architectures/Alessandro Balducci, Rom
Fakten
Architekten Bierkandt , Johann, Landau; HKR Architekten, Köln; Hanada, Heike, Berlin Tonon, Benedict, Berlin; Bube/Daniela Bergmann, Rotterdam
aus Bauwelt 14.2012
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