Bauwelt

Identity

New Commercial, Cultural and Mobility Architecture

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

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Identity

New Commercial, Cultural and Mobility Architecture

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

Das Berliner Architekturbüro Graft ist unlängst mit gleich zwei großen Bauvorhaben in Berlin hervorgetreten, „Bricks“ in Schöneberg (Bauwelt 17.2020) und „Charlie Living“ an der Zimmerstraße in Mitte. Und schon wird das Design für Ladestationen für Elektrofahrzeuge vorgestellt – bislang die Schwachstelle beim Wechsel zur Elektromobilität.
Graft, das sind Lars Krückeberg, Wolfram Putz und Thomas Willemeit, und schon die Gründung des Büros im Jahr 1998 war durch den Erstauftrag für Hollywood-Star Brad Pitt von medialer Aufmerksamkeit begleitet. So ist es geblieben, denn Graft, neuerdings um drei Partner verstärkt und mit 150 Mitarbeitern und Filialen in drei Kontinenten verankert, tritt immer wieder mit spektakulären Entwürfen in Erscheinung. Vor kurzem ist ein Buch unter dem Titel „Identity“ erschienen – das Wort gleich fünf Mal auf dem Umschlag –, das die vielgestaltige Arbeit des Büros in die Bereiche „New Commercial, Cultural and Mobility Architecture“ sortiert, wie es der Untertitel des bunten Bilderbuchs besagt.
In einem der „Gespräche“, die in das Buch eingestreut sind, fallen die Worte „well-educated and urban audiences“. Genau das ist das Publikum, das Graft anspricht; ein Publikum, das beispielsweise die „Platoon Kunsthalle“ oder das „Brlo Brwhouse“ frequentiert, zwei Bauten in Berlin, die aus Standard-Containern hervorgegangen sind und bereits mehr sind als nur gestapelte Container. Graft pflegt einen „hybriden De­signansatz“, und was immer das meint, so ganz sicher die Verschleifung der Grenzen von Architektur, Gestaltung und Markenauftritt. Graft verschafft Marken-Identität.
Das haben sie in Berlin mit der Zahnarztpraxis „KU64“ geschafft, einem Geniestreich auch der Eigenwerbung, denn Tausende mitteljung-urbaner Patienten haben dort schon ihre Zähne richten lassen und hernach die Kunde von der schicken Groß-Praxis verbreitet. Die geschwungenen, aus Boden und Wänden elegant herauswachsenden Treppen und Tresen und Sitzgruppen finden sich in späteren Gestaltungen wieder, ob im „Voloport“ für innerstädtischen Lufttransport oder in der Station einer Magnetschwe bebahn. Das mögen Zukunftsvisionen sein; Realität aber sind die Showrooms für Daimler-Benz, die dem Konzern ein dynamischeres Image als das der S-Klassen-Wuchtigkeit verpassen sollen.
Virtuos sind auch die Konversionsprojekte, ob beim Eiswerk zwischen Spree und Köpenicker Straße oder beim Admiralspalast. Es gibt kein stilistisches Einerlei, sondern eine enorme Bandbreite von Formen und Gestaltungselementen. Kennzeichnend aber sind großzügige Raumangebote in Foyers, Terrassen, in Treppen und Übergangszonen. Derlei steht bei der immerzu mobilen workforce hoch im Kurs, für die die neuen Büroräume geschaffen werden; denn Gewerbeflächen sind es, und rechnen muss sich das verschwenderische Platzangebot doch. Sehr farbstark sind die Abbildungen des Buches, manchmal sollten Designer mit Photoshop zurückhaltender sein. Und auch die ewig gleichen Staffagefiguren auf den Computerrenderings verströmen eine etwas aseptische Fröhlichkeit.
„Graft“ – heißt es in der Selbstbeschreibung am Anfang des Buches – „antwortet auf die Herausforderungen der Zukunft mit einer optimistischen Haltung zu multiplen und gleichzeitigen Identitäten, was einen höheren Grad an Komplexität erlaubt.“ Und, ganz zentral: „Unser Ansatz leitet sich von Bühnenbild und Bewegung her, weniger von Tektonik.“ Graft entwirft Architektur für das Hier und Jetzt – und für ein Morgen, das für alle Probleme geschmeidige Lösungen verspricht.
Fakten
Autor / Herausgeber Graft (Hrsg.)
Verlag Birkhäuser Verlag, Basel 2020
Zum Verlag
aus Bauwelt 24.2022
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