Bauwelt

Schauraum in Bad Schönborn


Der neue Schauraum des Büromöbelherstellers ophelis im nord­badischen Bad Schönborn von Ludloff Ludloff Architekten rückt die Designkunst von Bürowelten ins Licht.


Text: Siegele, Claudia, Stuttgart


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    In einem Gewerbegebiet des am Reimold See gelegenen Kurorts Bad Schönborn hat der Möbelhersteller seinen Firmensitz.
    Foto: Jan Bitter

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    In einem Gewerbegebiet des am Reimold See gelegenen Kurorts Bad Schönborn hat der Möbelhersteller seinen Firmensitz.

    Foto: Jan Bitter

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    Das 1500 Quadratmeter große Ausstellungsgebäude wird von einem umlaufenden Lichtband belichtet und über eine schmale Rampe betreten.
    Foto: Jan Bitter

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    Das 1500 Quadratmeter große Ausstellungsgebäude wird von einem umlaufenden Lichtband belichtet und über eine schmale Rampe betreten.

    Foto: Jan Bitter

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    Das Dach der Ausstellungshalle des Büromöbelherstellers ophelis wird von sieben Y-Stützen getragen. Sternförmig angeordnete Holzrippen verstärken die Deckenelemente zu einem Plattenbalkentragwerk.
    Foto: Jan Bitter

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    Das Dach der Ausstellungshalle des Büromöbelherstellers ophelis wird von sieben Y-Stützen getragen. Sternförmig angeordnete Holzrippen verstärken die Deckenelemente zu einem Plattenbalkentragwerk.

    Foto: Jan Bitter

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    Die aus zwei Halbrahmen zusammengesetzten Y-Stützen wurden vorge­fertigt und vor Ort, im Abstand von 14 Metern, als Pendelstützen errichtet.
    Foto: ophelis group

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    Die aus zwei Halbrahmen zusammengesetzten Y-Stützen wurden vorge­fertigt und vor Ort, im Abstand von 14 Metern, als Pendelstützen errichtet.

    Foto: ophelis group

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    Aus der ringförmig an­gelegten Fassade kragen Pfosten im Bereich des Oberlichtbandes aus. Auf ihnen wurde die Deckenplatte aufgelagert. Die Außenfassade und die Wände des Konferenzsaals steifen das Gebäude aus.
    Foto: ophelis group

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    Aus der ringförmig an­gelegten Fassade kragen Pfosten im Bereich des Oberlichtbandes aus. Auf ihnen wurde die Deckenplatte aufgelagert. Die Außenfassade und die Wände des Konferenzsaals steifen das Gebäude aus.

    Foto: ophelis group

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    Punktuell angeordnete Oberlichter ...
    Foto: Jan Bitter

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    Punktuell angeordnete Oberlichter ...

    Foto: Jan Bitter

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    ... werfen diffuses Licht durch das Holzrippengeäst ...
    Foto: Jan Bitter

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    ... werfen diffuses Licht durch das Holzrippengeäst ...

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    ... auf die lose im Schauraum verteilte Büromöbelkollektion.
    Foto: Jan Bitter

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    ... auf die lose im Schauraum verteilte Büromöbelkollektion.

    Foto: Jan Bitter

Wer es als Autor mit seinem Werk geschafft hat, in die Equipe der Bestseller aufzusteigen, hat gute Chancen, nicht nur ein Buch, sondern zugleich Geschichte zu schreiben. In der Welt der Büromöbelhersteller ist das ganz ähnlich – es genügt zumeist ein herausragender Designklassiker wie zum Beispiel der Lounge Chair von Charles Eames, und das Image des Unternehmens als Trendsetter ist in Beton gegossen. Dieses gilt es natürlich zu hegen und zu pflegen, wofür seit geraumer Zeit nicht mehr allein die Kunst professioneller Möbeldesigner gefragt ist, sondern auch die Gestaltungskompetenz jener Architekten, welche die gebauten Hüllen für Verwaltung, Produktion und Ausstellung kreieren.
Bestes Beispiel ist der in Weil am Rhein entstandene Vitra-Campus, wo Architektur, Design und Kunst mit der Endmontage zeitloser Möbel Hand in Hand gehen. Hier treffen Möbelstücke erlesener Designer wie Antonio Citterio, Jasper Morrison oder Verner Panton auf die Baukunst berühmter Architekten wie Zaha Hadid, Tadao Ando oder Herzog & de Meuron. Kurzum – ein Büromöbelhersteller, der in dieser Liga mitspielen will, braucht nicht nur eine Nase für Einrichtungstrends und Kontakte zu stilprägenden Möbel­designern, sondern auch eine gewisse Egomanie in Bezug auf die architektonische Verpackung seiner Produktionsstätte – siehe Vitra, Wilkhahn, Sedus und neuerdings auch der Möbelhersteller ophelis im nordbadischen Bad Schönborn mit seiner komplett in Holzbauweise errichteten Ausstellungshalle von Ludloff Ludloff Architekten.

Hersteller wird Kreateur

Es ist ein unwirtlicher Ort, an dem dieses puristisch anmutende Raumschiff mit seinen abgerundeten Ecken gelandet ist – inmitten eines Gewerbegebiets, umzingelt von Supermärkten mit Parkplätzen, grauen Industriebauten, grellen Reklameschildern und einer asiatischen Imbiss­bude. Unmittelbar hinter dem rund sechs Meter hohen Ausstellungsgebäude steht der Verwaltungsbau von ophelis im Kleid später Nackriegs-architektur. Daran schließen sich weitläufig die Produktionshallen an, in denen man unter dem Namen Pfalzmöbel schon vor über 125 Jahren begann, Tische und Aktenschränke für Verwaltungen und Büros im Akkord zusammen zu bauen. Bis zur Namensänderung im Jahr 2006 konnte man in nahezu jeder deutschen Amtsstube irgendwo das Logo der Pfalzmöbel ausmachen. Solange die Akten nicht digitalisiert und das Internet noch in den Kinderschuhen steckte, passte das stark abgegrenzte Portfolio des Unternehmens noch zu den Bedürfnissen in den Büros. Internet, Globalisierung und der demographische Wandel veränderten die Bürolandschaft daraufhin grundlegend – aus Büros wurden Arbeitswelten, die sich allein mit Tischen und Schränken nicht mehr bestücken und schon gar nicht gestalten ließen. Eine neue Geschäftsführung lan­cierte mit ophelis nicht nur eine neue Marke mit breitem Portfolio, sondern überführte sie binnen kurzer Zeit zur ophelis GmbH, womit die international stets erklärungsbedürftigen und nur schwer vermarktbaren „Pfalzmöbel“ Geschichte waren.
So gesellten sich nach und nach zu den modernen Tischen und Schränken auch Sessel, Sitzlandschaften, Paravents und Lounges – und mit ophelis nest, ophelis sum und ophelis deem erste Klassiker zur Gestaltung von Büroarbeitswelten. Auf einmal stand man in Konkurrenz zu den „Großen“ der Büromöbelbranche und war Mitbieter bei bedeutenden nationalen und internationalen Projekten.
Mit dem Erfolg reifte auch der Wunsch nach einem adäquaten Ausstellungsgebäude, dessen Gestalt dem anspruchsvollen Portfolio für moderne Arbeitswelten entspricht und einen Raum für deren Präsentation schafft. Kunden sollten das Flair der Produktwelt erleben und spüren können, Designer ihre Ideen und Kreationen im Kontext zum bestehenden Programm zur Entfaltung bringen und Mitarbeiter einen Platz zum effektiven Arbeiten oder für Besprechungen in der Ausstellung finden. Als Partner wählte man das Berliner Büro Ludloff Ludloff, ein Architektenduo, das mit seiner Arbeit für das Forschungs- und Entwicklungszentrum der Sedus Stoll AG in Dogern bereits auf Tuchfühlung mit einem bedeutenden Büromöbelhersteller gegangen war (Bauwelt 46.2010). Der Vorschlag der Architekten, das Gebäude in Holzbauweise zu konzipieren, passte ebenso zur Nachhaltigkeitsstrategie von ophelis wie die Entwurfsidee eines kompakten, eher verschlossenen und in sich gekehrten Kubus ohne ablenkenden Blickkontakt zu dem umgebenden Chaos und dem typischen Leben des Gewerbegebiets: die Büromöbel stehen im Mittelpunkt.

Durch die Höhle in die Weite

Schon das Betreten der mit dunklem Holz verschalten Halle erzeugt eine Spannung und folgt einer gewissen Dramatik. Eine leicht ansteigende Rampe an der nordöstlichen Gebäuderundung markiert den höhlenartigen Zugang zu der fensterlosen Halle mit ihrem umlaufenden, semi­transparenten Oberlichtband und endet an einer ebenso dunklen, massiven Drehtür. Sobald sich diese öffnet, wechselt der düstere, abweisende Eindruck ins Gegenteil – plötzlich ist der Raum von Tageslicht geflutet, die drückende Vorzone wechselt in einen hellen und hohen Raum, die Rampe steigt kontinuierlich an und der Aufgang weitet sich mit jedem Schritt ein klein wenig mehr. Schließlich biegt die rechte Wand in einer sanften Kurve ab und gibt den Blick in die Ausstellungshalle frei. Erste Möbel tauchen auf und markieren die „offizielle“ Eingangszone zu der sich dahinter präsentierenden Bürowelt, gefasst von einer mit schmalen Lamellen bekleideten Holzwand, die in etwa drei Meter Höhe dort endet, wo das Oberlichtband beginnt. Das hier von allen vier Seiten in die Halle flutende Tageslicht lässt die von sieben Y-Doppelstützen getragene Dachkonstruktion förmlich schweben und setzt die vielen unterschiedlichen Möblierungsinseln in ein angenehmes Licht.

Spiel mit Licht und Farbe

Unterstützend wirkt das Farbkonzept: der lasierte Betonboden, die Stützen und die Holzwände sind in gedecktem Weiß gehalten, was das sanft einfallende Tageslicht reflektiert und von jedem Standpunkt her einen neutralen Hintergrund bildet, der nicht in Konkurrenz zur Farbabstimmung der Möblierung tritt. Baumkronenartig angeordnete, pressverleimte Holzrippen unter der Brettsperrholzdecke ertüchtigen die vorgefertigten Deckenelemente zu einem mehrachsig gespannten Dachtragwerk. Insgesamt drei Konferenz- oder Tagungssräume ergänzen das Raumkonzept – der größte davon nimmt einen Teil der Halle ein, die beiden anderen bilden zusammen mit Teeküche, Toiletten und Nebenzonen einen flachgedeckten Anbau an der nördlichen Längsseite der Halle. Jeder dieser Räume folgt einem eigenen Farbklang mit aufeinander abgestimmten Nuancen für Böden, Wand und Decke mit unterschiedlichen Attributen wie kreativ, konzentriert oder sachlich. Jeweils dazu passend zeigt ophelis im Farbton entsprechend abgestimmte Varianten für Materialien und Oberflächen für die Möblierung.


Statik formt die Ästhetik

Wer sich probeweise in einen der ausgestellten Loungesessel fläzt oder seinen Blick einfach neugierig durch den Innenraum der Ausstellungshalle spazieren lässt, bleibt irgendwann an den unterschiedlich langen, sternförmig ausgerichteten Brettschichtholzlamellen unter der 16 Zentimeter dünnen Deckenscheibe hängen. Die Länge der Rippen und deren Unterbrüche sind nicht zufällig gewählt, sondern folgen der statischen Vorgabe für das Plattentragwerk in Kombination mit den Maßgaben an die Vorfertigung und Montage. So liegen alle Plattenstöße exakt im Bereich der Momentennullpunkte, wodurch hier nur Schubkräfte zu übertragen waren, die mit einer einfachen Verschraubung erfolgen konnte. Für den Aufbau des Dachtragwerks wurden zunächst zwei Stützenreihen der Y-förmigen Träger mit den zugehörigen Deckenplatten und pressverleimten Lamellen aufgestellt. Im nächsten Schritt wurden dann diese Deckenstreifen mit den Zwischenelementen zu einem mehrachsig gespannten Tragwerk zusammengefügt. Die aus zwei transportfähigen Halbrahmen zusammengesetzten Y-Stützen stehen im Abstand von 14 Metern zueinander und wirken als Pendelstützen. Zur Aussteifung der Halle tragen die Außenfassade mit dem gläsernen Oberlichtband sowie der schneckenförmig eingeschriebene Konferenzsaal gleichermaßen bei. Inwieweit sich diese statischen und montagebedingten Notwendigkeiten dem Betrachter der Deckenkonstruktion erschließen mögen, ist für deren optische Wirkung unerheblich – weitaus entscheidender ist für den Bauherren das unvergessliche Erlebnis der staunenden Besucher dieser Symbiose aus Architektur, Design und Kunst.



Fakten
Architekten Ludloff Ludloff Architekten, Berlin
Adresse Dr.-Alfred-Weckesser-Straße 1, 76669 Bad Schönborn


aus Bauwelt 8.2022
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