Bauwelt

Es ist einfacher, die gemischte Stadt zu bauen, als gemischt genutzte Gebäude

Martin Rodeck, Vorsitzender der Geschäftsführung der OVG Real Estate, über „die Immobilienwirtschaft“ als Inte­gra­tionsbegriff, die richtige Architekten-Entwickler-Partnerwahl und die Vorteile, die es bringt, sich auf eine Nutzung zu spezialisieren

Text: Friedrich, Jan, Berlin; Brensing, Christian, Berlin

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Martin Rodeck ist seit September 2016 Vorsitzender der Geschäftsführung der OVG Real Estate GmbH; seit Februar 2015 ist Rodeck Innovationsbeauftragter des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA). Abschluss als Dipl.-Ing. Bauingenieurwesen an der TU Berlin

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Martin Rodeck ist seit September 2016 Vorsitzender der Geschäftsführung der OVG Real Estate GmbH; seit Februar 2015 ist Rodeck Innovationsbeauftragter des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA). Abschluss als Dipl.-Ing. Bauingenieurwesen an der TU Berlin


Es ist einfacher, die gemischte Stadt zu bauen, als gemischt genutzte Gebäude

Martin Rodeck, Vorsitzender der Geschäftsführung der OVG Real Estate, über „die Immobilienwirtschaft“ als Inte­gra­tionsbegriff, die richtige Architekten-Entwickler-Partnerwahl und die Vorteile, die es bringt, sich auf eine Nutzung zu spezialisieren

Text: Friedrich, Jan, Berlin; Brensing, Christian, Berlin

Wir sind dem Verhältnis von Architekten und Immobilienwirtschaft auf der Spur. Oder ist das für Sie gar kein Gegensatzpaar?
Martin Rodeck Für mich ist „Immobilienwirtschaft“ inzwischen ein integrativer Begriff. Wenn Sie sich die Verbandslandschaft anschauen: Vor zehn Jahren wurde der ZIA, der Zentrale Immobilien Ausschuss, als Interessenvertretung der Branche gegründet. Der ZIA repräsentiert heute rund 10 Prozent der deutschen Beschäftigten – wir haben 42 Millionen Beschäftigte in Deutschland, also 4 Komma irgendwas Millionen Menschen. Das ist natürlich der weiteste mögliche Umgriff für „die Immobilienbranche“. Darin eingeschlossen sind: Eigentümer, Investoren, Projektentwickler, Bauunternehmer, Banken, die Bauprojekte finanzieren, Anwälte, die für die Bauunternehmerschaft arbeiten, Ingenieure – und Architekten.
Es gibt Architekten, die sich dort nicht eingeschlossen fühlen, die das, was sie mit Projektentwicklern umsetzen könnten, als „Investorenarchitektur“ bezeichnen. Was nicht positiv gemeint ist.
Vielleicht ist es gut, die Sache einmal so zu betrachten: Wenn man die Zwänge kennt, unter denen jemand steht, der heute ein Gebäude baut, welches finanzielle Risiko es bedeutet, Geld in den Dimensionen, die diese Projekte kosten, zu investieren und die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen – das verdient erst einmal Respekt.
Über das Produkt, das dabei herauskommt, kann man von Fall zu Fall sicher unterschiedlicher Meinung sein. Ich kenne viele Fälle, in denen „Investorenarchitektur“ so geworden ist, dass ich sage: „Das hätte auch anders sein können“ – obwohl ich die Dinge, die dahinter stehen, verstehe. Es gibt aber genauso Projekte, in denen sich erkennbar der Architekt als Künstler verwirklicht hat, bei denen ich wiederum sagen würde: „Zum Glück ist es nicht meins.“
Eine Frage der richtigen Partnerwahl also?
Ich bin sicher, es gibt viele Architekten, um mich konkret auf die OVG zu beziehen, die gerne mit uns arbeiten. Auch solche, die gerne mit uns arbeiten würden, weil wir ein paar Dinge anders machen, gerade was die Technologieseite beim Bauen betrifft. Und es gibt andere, die sagen: „Die sind klassische Hardcore-Entwickler, das ist nichts für mich.“ Was vollkommen legitim ist.
Gibt es Dinge, die Sie sich wünschen würden, damit die Zusammenarbeit noch besser klappt?
Wir können ja nicht nur erwarten, dass Architekten verstehen, was wir tun. Wir müssen umgekehrt verstehen, aus welchen Beweggründen ein Architekt sagt: „Nein, tut mir leid. Sie können jetzt noch weitere fünf Mal diese Wände gerade stellen, weil Sie dann einen Quadratmeter mehr haben. Aber es ist städtebaulich zwingend, dass diese Ecke rund ist!“
Das ist eine Diskussion, die ist irgendwann müßig, wenn er recht hat. Diese Balance muss man finden. Wir fühlen uns auch wohler, wenn wir mit gelungener Architektur – das ist ein wesentlicher Teil des Produkts – werben und sagen können: Wir haben ein tolles Bürogebäude gemacht. Der Bau ist nachhaltig, wir haben eine gute Technologie und eine gute Architektur.
Die OVG hat auf der Expo Real in München einen eigenen Stand, auf der Mipim sind Sie Partner des Berlin-Stands. Wie kann man sich das vorstellen: Haben Sie eine große Kiste dabei, in die Architekten ihre Portfolios einwerfen?
Architekten, die interessiert an einer Zusammenarbeit mit Entwicklern sind, lesen meistens eine Publikation wie die Immobilienzeitung. Da bekommt man ziemlich gut mit, welche großen Projektentwickler oder Endinvestoren es gibt und in welchem Bereich sie arbeiten. Und natürlich: Es gibt Architekten, die kommen auf der Messe bei uns an den Tresen und sagen, sie hätten Interesse, jemanden aus unserer deutschen Truppe zu treffen. Dann kommt man miteinander ins Gespräch.
Ab welchem Punkt in einem Projekt beauftragen Sie überhaupt einen externen Architekten?
Die allerersten Ideen, die machen wir im Haus. Einige der Kollegen, die bei uns als development manager arbeiten, sind ausgebildete Architekten. Allererste Idee heißt: Auf einem Grundstück, für das man sich interessiert, eine bisschen scribbeln – im Sinne von „so und so könnte es gehen“.
Und dann?
Wenn wir präziser wissen wollen, wie viele Quadratmeter könnten es werden, wie viel BGF, wie viel Mietfläche – dann packen Sie die Mieten drauf und wissen, das könnte die Einnahmeseite sein, aus der BGF ziehen Sie sich die Baukosten, so entsteht eine Kalkulation – das macht man logischerweise nicht erst, wenn man das Grundstück gekauft hat, sondern davor ...
... dafür beauftragen sie einen Architekten?
Gerade haben wir in einer Ankaufsphase mit einem externen Architekturbüro eine Volumenstudie erarbeitet: Wie viel Baumasse bringen wir auf das Grundstück? Was bedeutet es, wenn man das Gebäude so hinstellt? Was, wenn man es anders orientiert? Da geht es noch nicht um Architektur, nicht um einen Grundriss. Es geht nur darum zu schauen: Der Verkäufer erzählt uns, man kann 80.000 Quadratmeter auf dem Grundstück bauen. Wir finden aber heraus: Egal, wie ich es drehe und wende, es sind nur 60.000. Dann habe ich Argumente gegenüber dem Verkäufer.
Sie haben vorhin erwähnt, die OVG würde einiges anders machen, als andere Entwickler, vor allem wenn es um die Technologieseite geht. Was genau?
Die OVG gibt es seit 20 Jahren. 2007 hat Coen van Oostrom, der Unternehmensgründer, Bill Clinton und Al Gore kennengelernt und war fasziniert von deren Engagement für Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Er hat mit der Clinton Foundation ein Abkommen geschlossen, dass er innerhalb der nächsten Jahre eine Milliarde Dollar in nachhaltige Gebäude investiert.
Seither gibt es bei unseren Gebäuden Tiefenbohrungen, Solar auf dem Dach etc. Ziel bei jedem neuen Projekt ist es, das, was wir beim letzten Projekt an Energieeffizienz, an Ressourcen­effizienz etc. erreicht haben, mindestens genauso gut zu machen bzw. zu verbessern. Wir haben unseren eigenen technologischen Standard entwickelt. Den überprüfen wir immer wieder, um ihn weiterzuentwickeln.
Ein Architekt, der sich für eine Zusammenarbeit mit Ihnen interessiert, sollte also eine gewisse Technik-Affinität und -Erfahrung haben.
Wenn bei uns jemand vorbeikommt und sein Büro vorstellt, schauen wir inzwischen weniger auf Referenzen. Wir interessieren uns vor allem für seine Reaktion, wenn wir unsere Vorstellung davon präsentieren, wie wir denken, dass man Bürogebäude zukünftig bauen muss.
Wie stellen Sie sich das vor?
Es geht dabei nicht nur um Technologie, es hat vor allem mit Flexibilität zu tun. Wir wollen kürzere Mietlaufzeiten anbieten können, weil wir nicht daran glauben, dass jemand heute noch einen Mietvertrag für zehn Jahre unterschreibt. Woher soll jemand wissen, was in zehn Jahren ist. Die Welt ist so schnell geworden, wir wissen heute schon nicht, was in drei Jahren ist.
Flexibilität im Mietvertrag können Sie aber nur anbieten, wenn Sie nicht nach jedem Mieterauszug alle Innenwände wegreißen müssen, möglichst noch aus Gipskarton, damit alles schön staubt und einen Riesenmüll produziert. Man muss modular an die Sache herangehen.
In Rotterdam war die OVG an „De Rotterdam“ beteiligt, einem riesigen von OMA entworfenen Hybridgebäude. In Deutschland bauen Sie ausschließlich Bürogebäude?
„De Rotterdam“ war ein joint venture mit einem anderen holländischen Entwickler. Dort gibt es Büros, ein Hotel, Wohnen, Parken und Handel. Unternehmensstrategie der OVG sind aber Büros.
Und das soll auch so bleiben?
Ja. Und zwar aus folgendem Grund: Ein Hotel zu bauen oder ein Bürogebäude zu bauen – das hat nichts miteinander zu tun. Das einzige, das bei beiden gleich ist: Sie müssen auf Basis eines Konzepts und einer Baugenehmigung eine Baufirma finden, die es Ihnen baut. Und sie müssen eine Bank finden, die es finanziert. Aber dann gibt es Architekten, die sagen, wir können natürlich auch ein Hotel planen, aber eigentlich machen wir lieber gute Bürogebäude – oder umgekehrt. Das Gleiche gilt für die Baufirmen. Es gibt Banken, die finanzieren keine Hotels, weil es eine Betreiberimmobilie ist. Es gibt Investoren, die kaufen keine Hotels. Das heißt: Sie haben es jeweils mit anderen Playern zu tun.
Und das sind nur die externen Themen. Die internen Themen sind relativ einfach: Wir haben eine Truppe von Spezialisten, die müssen nicht Hotel, Logistik, Wohnen, Shopping können – die können aber Büro. Das können sie, weil sie darauf spezialisiert sind, besser als andere. Das heißt nicht, dass wir in fünf Jahren nicht mal wieder ein Hotel bauen. Es gibt Projekte, bei denen mixed-use Sinn ergibt, was den Standort betrifft, aus städtebaulicher Sicht ...
... alle sprechen in der letzten Zeit wieder davon, dass sie die gemischte Stadt wollen, aber sie bauen …
Die gemischte Stadt ist immer die Zielsetzung, ganz klar! Wobei es tatsächlich einfacher ist, die gemischte Stadt zu bauen als gemischt genutzte Gebäude. Wenn man ein größeres Grund­stück hat, auf dem ein Mix gewünscht ist – von der Stadtgesellschaft, von der Politik – dann sucht man sich jemanden, der mitmacht. Man gibt einen Teil des Grundstücks an jemanden, der zum Beispiel das Hotel entwickelt und betreibt oder die Wohnungen baut.

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