Bauwelt

Gäbe es keine Bilder im Wettbewerb, würde ich eine Aussage zum Entwurf vermissen

Malte Kloes und Christoph Reichen gründeten 2013 bildbau. Seitdem erstellen sie Bilder für die Wett­bewerbsprojekte Schweizer Architekten, aber auch für Bauherren und Entwickler

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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    Christoph Reichen, Malte Kloes, Friederike Meyer (v.l.)
    Foto: Dirk Dähmlow

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    Der Wettbewerbsbeitrag von Christ & Gantenbein für das Wallraff-Richartz-Museum in Köln bekam 2013 den 1. Preis
    Bild: bildbau

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    Der Wettbewerbsbeitrag von Christ & Gantenbein für das Wallraff-Richartz-Museum in Köln bekam 2013 den 1. Preis

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    Wettbewerbsbeitrag von Malte Kloes, Christoph Reichen und Alessandro Bosshard für das Gemeindehaus Greifensee 2013
    Bild: bildbau

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    Wettbewerbsbeitrag von Malte Kloes, Christoph Reichen und Alessandro Bosshard für das Gemeindehaus Greifensee 2013

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    Buchner Bründler Architekten erhielten 2015 im Wettbewerb für die Bebauung des Ruag Areals im schweizerischen Unter­seen den 2. Preis.
    Bild: bildbau

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    Buchner Bründler Architekten erhielten 2015 im Wettbewerb für die Bebauung des Ruag Areals im schweizerischen Unter­seen den 2. Preis.

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    Wettbewerbsbeitrag von Leuschner von Gaudecker für den Erweiterungsbau Wien Museum
    Bild: bildbau

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    Wettbewerbsbeitrag von Leuschner von Gaudecker für den Erweiterungsbau Wien Museum

    Bild: bildbau

Gäbe es keine Bilder im Wettbewerb, würde ich eine Aussage zum Entwurf vermissen

Malte Kloes und Christoph Reichen gründeten 2013 bildbau. Seitdem erstellen sie Bilder für die Wett­bewerbsprojekte Schweizer Architekten, aber auch für Bauherren und Entwickler

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Wir hören inzwischen ­­oft, dass Bilder in Wettbewerben limitiert oder gar verboten werden. Was sagen Sie dazu?
Malte Kloes
Gäbe es keine Bilder in einer Jury, würde ich eine Aussage zum Entwurf vermis­-sen: Die Wirkung des angedachten Materials zum Beispiel. Beton Brut, weich geschalt, das kann nur ein Bild ausdrücken. Nur weil es Bilder gibt, die überinszenieren, fände ich es schade, das Mittel zu beschränken.
Christoph Reichen
Viele Architekten glauben, in Plänen alles zu verstehen und das Bild nicht zu brauchen. Das aber widerspricht unseren Gesprächen mit Kunden im Alltag. Wenn sie ihren Entwurf erstmals in 3D sehen, entwerfen sie oft noch mal nach.
Viele behaupten, das Rendering vertusche Schwächen im Entwurf. Decken Sie diese während Ihrer Arbeit auf und korrigieren Sie sie dann?
M
K Das hängt vom Kunden ab. Als Architekten wissen wir, dass es extrem wertvoll ist, sehr früh mit 3D-Skizzen zu arbeiten. Wer einen Entwurf aus vielen Perspektiven betrachtet, durchdenkt ihn automatisch vielschichtiger. Wer erst spät ein Bild erstellt, vergibt sich eine große Chance.
Wann kommt bildbau ins Spiel?
M
K Leider meist erst gegen Ende. Wir bekommen einen fertigen Entwurf, der mit einem Bild verkauft werden soll. Wenn wir dann auf Grundlage der Pläne ein Bild gemacht haben, ist die Überraschung oft groß.
Sie haben im Jahr 2013 Ihr Studium an der ETH Zürich abgeschlossen. Welche Rolle spielte das Rendern im Studium?
M
K Professuren und Themen sind an der ETH Zürich eng verknüpft mit der Methodik und der Darstellung. Jeder weiß, an welchem Lehrstuhl gerendert und an welchem Modell gebaut wird. Bei Hans Kollhoff zum Beispiel wurde gerendert. Da gab es sogar begleitende Kurse. Miroslav Šik benutzt das Rendering als integrales Entwurfswerkzeug. Man arbeitet schrittweise von einem Stimmungsbild auf das Ergebnis hin. Bei Christ und Gantenbein hingegen haben wir Schwarz-Weiß-Fotografien von Modellen als Abgabebilder erstellt. Da waren Renderings verboten.
CR
Auch bei Adam Caruso gehört Modell bauen zur Entwurfsmethodik. Mit der Technik des fotografierten, handgebauten und kolorierten Modells hat er viele Studenten in ihrer Darstellung von Projekten geprägt.
Was hat Sie zur Gründung von bildbau bewogen?
M
K Es war Zufall. Wir haben beide im Studium schon gerne mit Bildern gearbeitet. Als wir an der Bearbeitung unseres ersten gemeinsamen Wettbewerbs saßen, fragte uns eine Freundin, ob wir ein Bild für sie machen könnten. Bei der Bearbeitung dieses Bildes kam uns die Idee, dass wir uns mit Bildaufträgen das gerade gegründete Architekturbüro finanzieren könnten. Wir bauten eine Webseite mit Bildern aus dem Studium und schickten den Link an unsere Freun­de. Der Zeitpunkt war ideal. Sie hatten alle ge­rade begonnen, in den Wettbewerbsabteilungen verschiedener Büros zu arbeiten. Es kamen sofort viele Anfragen. Für uns waren die ersten Aufträge ein Sprung ins kalte Wasser, mit vie­len langen Nächten. Wir hatten weder schnelle Rechner noch das Know-how. Als wir anfingen, konnte ich noch nicht einmal rendern und arbeitete mit Collage-Techniken.
Wie gehen Sie vor?
CR
Unser Arbeitsprozess ist in drei Phasen gegliedert. Zunächst bauen wir auf Basis der Pläne der Architekten ein 3D-Modell. Daran erproben wir Blickpunkt, Geometrie und Lichtstimmung. Danach versuchen wir, in texturierten Renderings die Eigenschaften der Materialien herauszuarbeiten. Am Ende stehen noch Feinschliff und Nachbearbeitung.
Mit welchen Wünschen kommen die Auftraggeber?
CR
Häufig wird der Wunsch nach „abstrakten“ Bildern geäußert, die den Entwurf skizzenhaft zeigen und die Darstellung von Details vermeiden. In solchen Fällen ist es sehr schwierig herauszufinden, welcher Grad an Abstraktion tatsächlich gewünscht ist und welche visuelle Sprache am besten funktioniert. Da muss man dann drüber reden.
M
K Das fotorealistische Rendering birgt die Gefahr, dass sich die Jury an Details festhält. Das wissen die Architekten natürlich.
Sind Ihre Bilder auf die Jurymitglieder und deren Vorlieben zugeschnitten?
C
R In den meisten Fällen schauen wir nicht auf die Juroren, allerdings kann man davon ausgehen, dass die Architekten es tun. Bei der Zusammenarbeit ist das aber selten ein Thema.
Wie viele Bildversionen entstehen im Durchschnitt?
C
R Da wir als Architekten wissen, dass es im Entwurf selten lineare Arbeitsprozesse gibt, arbeiten wir ohne vordefinierten Prozessablauf. Das Zeitfenster der Abgabe ist allerdings immer begrenzt. Teil unserer Aufgabe ist, auch das Zeitmanagement im Blick zu haben. Manchmal müssen wir dem Kunden sagen, wann es Zeit wird, in die nächste Phase des Bearbeitungsprozesses überzugehen.
Was macht die Bildstimmung aus?
C
R Den größten Einfluss auf die Bildstimmung hat die Lichtstimmung. Licht und Schatten prägen die Grundatmosphäre des Bildes und sind zentrales Instrument für die Inszenierung der Materialität der Architektur.
Ich dachte immer es ist die Farbe. Vor allem bei den Siegerprojekten Schweizer Wettbewerbe, so mein Eindruck, dominieren entsättigte Bilder. Bunt und quirlig hingegen sind die Renderings bei Wettbewerben in Südeuropa oder in den USA.
M
K Bunt, laut und quirlig ist in der Schweiz selten gefragt. Das bezieht sich auf die Architektur und auf die Bilder.
CR
Das liegt sicherlich auch daran, dass es sehr schwierig ist, die richtigen Farben und Intensi­täten zu treffen.
M
K Meistens sind unsere Bilder Collagen aus Renderings und Fotografien. Es ist eine Kunst, die verschiedenen Medien in einem Bild so zusammenzubringen, dass sie kohärent wirken. Helligkeiten, Kontraste und Farben entscheiden über die Gesamtkomposition. Durch das Entsättigen fällt alles automatisch besser zusammen.
Man sollte sich das Leben allerdings auch nicht zu leicht machen. Farbenfrohe Bilder können durchaus effektvoller und passender sein, wenn sie gut gemacht sind.
Gibt es Techniken, die Sie bewusst nicht verwenden?
MK
Am Anfang haben wir beispielsweise oft mit vorgefertigten Filtern wie „glamour-glow“ ge­arbeitet. Das sind Filter, die die Weißbereiche im Bild weich zeichnen und schnell Stimmung erzeugen. Mit der Zeit haben wir aber gemerkt, dass diese schnell erzeugten Effekte oft vom Wesentlichen ablenken. Wir sind davon abgekommen.
C
R Solche Filter überzeichnen oft die Detailarbeit und banalisieren das Bild. Sie verwischen, woran Architekt und Visualisierer lange gearbeitet haben.
Welche Rolle spielen Schärfe und Unschärfe im Rendering?­­
MK
Wir arbeiten wenig damit. Die Architektur soll erkennbar sein. Die Blende ist offen.
Die Architekturfotografie hat sich gewandelt. Man sieht immer mehr verwischte Menschen, auf Fotos von Schulbauten viele Kinder. Auf Ihren Bildern gibt es kaum Menschen, warum nicht?
C
R Wenn man Menschen gut einsetzen will, braucht man viel Zeit. Für den Maßstab gibt es auch Möbel und Einrichtung, nicht nur Menschen.
MK
Menschen werden oft für Effekte verwendet. Da entstehen manchmal absurde Bilder. Zum Beispiel ein Platz voller Menschen, an dem es noch nicht mal ein Café gibt.
Wollen Sie nicht manchmal lieber selbst bauen?
MK
Unser Alltag profitiert enorm davon, beides zu machen. Wenn wir zum Kunden gehen, gehen wir auch als Architekten. Wir sind ein guter Partner für den Entwurf. Andersherum profitieren wir von den Bildern, weil wir sie als Werkzeug benutzen. Das hilft uns bei den eigenen Wettbewerbsteilnahmen.
CR
Der Austausch mit anderen Architekten ist bereichernd. Wie sie über Architektur sprechen, wie sie arbeiten, zum Teil auch chaotisch, die Dinge über den Haufen werfen. Wir bekommen Einblicke in viele verschiedene Büros.
Öffnen Sie den Etablierten durch Ihre Arbeit auch neue Perspektiven?
MK
Die wissen, was sie wollen. Ich sitze nicht neben Roger Diener und sage, was er entwerfen soll. Wir hören zu. Aber das ist auch schon spannend.
Ein Bild produziert auch eine Erwartungshaltung bei den Auftraggebern. Wie gehen Sie damit um?
MK
Ein gutes Bild geht von realistischem Material und Lichtstimmung aus. Je effektvoller die Bilder sind, desto fragwürdiger ist die Machbarkeit. Wir glauben, dass gute Bilder Missverständnisse eher ausräumen, als sie erzeugen.
Ein Rendering ist ja aus vielen gedanklichen Leistungen zusammengesetzt. Es gibt den Entwurf, die Fotos von anderen. Eine kooperative Urheberschaft. Ärgert es Sie, wenn Sie nicht genannt werden?
MK
Es fällt uns auf, aber wir schlafen deshalb nicht schlecht.
CR
Wir sehen uns als Teil des Entwurfsteams.
Warum sollte man Bildbau beauftragen?
MK
Wir machen gute Bilder wie Fotografen gute Fotos. Sie hängen nicht nur von der Kamera ab. Es braucht das Know-how, das Auge.

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