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The Austrian Phenomenon | Architektur Avantgarde Österreich 1956–1973

Text: Rumpfhuber, Andreas, Wien

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The Austrian Phenomenon | Architektur Avantgarde Österreich 1956–1973

Text: Rumpfhuber, Andreas, Wien

Das vorliegende Buch ist ohne Übertreibung das neue Standardwerk zur österreichischen (Neo-) Avantgarde. Es dokumentiert in umfassender Weise die „wilden“ Projekte einer in den 60er und 70er Jahren jungen und aufstrebenden österreichischen Nachkriegsgeneration. Geschätzte fünf Kilo Masse, 1100 Seiten Material plus 250 Seiten englische Übersetzungen sprechen für eine wahrlich umfassende, jedoch mitnichten lückenlose Wertung der Aktivitäten von 60 Architekten und drei Architektinnen (Barna von Satory, Johanne Nalbach, Angela Hareiter), die zumindest in der Alpenrepublik Weltberühmtheit erlangten. Adolf Krischanitz, zum Beispiel, der damals in der Gruppe „Missing Link“ zugange war, die Boygroup COOP Himmelb(l)au mit Wolf D. Prix, Helmut Swiczinsky und Michael Holzer, aber auch Hans Hollein, Friedensreich Hundertwasser, Eilfried Huth, Günter Domenig oder Ottokar Uhl sind Protagonisten des hier verhandelten österreichischen Phänomens.
Das Buch ist in drei große Kapitel unterteilt. Im ersten, das mit „Dokumentation“ betitelt ist, wird die mediale Konstruktion des „Austrian Phenomenon“ durch die Reproduktion von Ausstellungs­katalogen, Architekturmagazinen und Büchern dokumentiert. Das zweite große Kapitel rekonstruiert Projekte und ihren Kontext. Zuerst werden in alphabetischer Reihenfolge Arbeiten von Raimund Abraham bis Zünd-Up in Bildern und Texten vorgestellt, die allesamt bereits zwischen 1956 und 1973 publiziert worden sind. Die Präsentation der architektonischen Objekte, der räumlichen Experimente und der Performances im Buch nähert sich dabei der von der (Neo-)Avantgarde postulierten „autonomen Position“ an, indem sie die Projekte von ihrem Kontext löst und sie wie Kunstwerke zeigt. Im Anschluss daran werden die Projekte diskursiv gerahmt: Anhand einer akkuraten Textauswahl wird ein politischer und kultureller Kontext Österreichs und seiner damaligen Kunst- und Kulturszenen mit dem internationalen Architekturdiskurs in Relation gesetzt. Das dritte große Kapitel dokumentiert die Hefte der Zeitschrift „Bau“ der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs von 1965 bis 1970, die vor allem durch Hans Holleins Manifest „Alles ist Architektur“ Berühmtheit erlangt hat.
Johannes Porsch als Editor des Buches hat in gewohnt eigenwilliger und strenger Manier ein wahrlich fantastisches und konzeptionell stringentes Buch über eine mystifizierte Generation von Architekten produziert. Trotz der gewaltigen Masse ist das Buch in keiner Weise großkotzig oder anmaßend. Und trotz der Lücken in der Dokumentation (so fehlen z.B. die Zeitschrift „Transparent“ oder die Artikel der Architekten in den österreichischen Boulevardzeitungen) gibt „The Austrian Phenomenon“ dem Genre „Standardwerk“ und der Disziplin Architektur eine zeitgenössische Façon und lädt uns zum Innehalten, zum Lesen und zum Nachvollziehen ein. Als Materialsammlung liefert es einen wichtigen Anfang, die sich selbst zu Genies hochstilisierten Altvorderen zu entmystifizieren und das österreichische Phänomen als Konstruktion eines ganz spezifischen politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Kontexts zu verstehen.
Fakten
Autor / Herausgeber Architekturzentrum Wien
Verlag Birkhäuser Verlag, Basel Berlin Boston 2009
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aus Bauwelt 20.2010

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