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Learning from Tirol

Wie sehen alltägliche Orte der Nahversorgung in Österreich aus? Eine Reise nach Innsbruck zum "Handelsdialog Baukultur"

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

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    MPreis Innsbruck Franz-Fischer-Straße 8 (Architektin: Silvia Bodey)
    Foto: David Schreyer

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    MPreis Innsbruck Franz-Fischer-Straße 8 (Architektin: Silvia Bodey)
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    MPreis Innsbruck Universitätsstraße (Architekten: LAAC)
    Foto: Lukas Schaller

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    MPreis Innsbruck Hauptbahnhof (Architekt: Rainer Köberl)
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    MPreis Innsbruck im Kaufhaus Tyrol hinter der Fassade von David Chipperfield (Architekt: Rainer Köberl)

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    MPreis Innsbruck im Kaufhaus Tyrol hinter der Fassade von David Chipperfield (Architekt: Rainer Köberl)
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Learning from Tirol

Wie sehen alltägliche Orte der Nahversorgung in Österreich aus? Eine Reise nach Innsbruck zum "Handelsdialog Baukultur"

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Architektur, Stadtentwicklung und Handel zusammenbringen, das ist das gemeinsame Ziel der Bundesstiftung Baukultur, des Deutschen Verbands für Wohnungswesen, Städtebau und Raumforschung DV und des Handelsverbands Deutschland HDE. „Handelsdialog Baukultur“ heißt das neue Format, um dieses Anliegen zu befördern. Eine zweitägige Delegationsreise nach Innsbruck führte verschiedene Akteure der jeweiligen Disziplinen zusammen und ihnen Beispiele vor Augen, wie ganz alltägliche Orte der Nahversorgung im Nachbarland aussehen können: zum Beispiel Supermärkte.
Tageslicht, Raumhöhe, Übersichtlichkeit, möglichst naturbelassene, regional typische Materialien und eine zwanglose Wegeführung – mit wenigen Mitteln versteht die Innsbrucker Supermarktkette MPreis, eine für den Kunden angenehme Atmosphäre zu schaffen. Dazu kommt der Ansatz der Unternehmensinhaber - MPreis befindet sich seit der Eröffnung eines ersten „Greislerladens“ im Jahr 1920 im Besitz der Familie Mölk -, immer wieder neue Architekten die einzelnen Niederlassungen entwerfen zu lassen, und zwar ohne ihnen detaillierte gestalterische Vorgaben zu machen – nur das Budget von 1100 Euro/Quadratmeter Verkaufsfläche sollten sie nicht überschreiten. Zum Zuge kamen ebenso einheimische Aufsteiger wie arrivierte Ausländer (oder umgekehrt). Und sind die meisten Märkte auch naturgemäß am Rand kleinerer Ortschaften autogerecht mit großem Parkplatz entstanden, finden sich doch ebenso kleinere, zentralere Filialen im Portfolio, ob in Innsbruck oder auf dem Land. Unter dem Label „MiniM“ mit weniger als 150 Quadratmeter Verkaufsfläche stellen sie dort eine Fortschreibung dar von andernorts, auch in Deutschlands Dörfern, längst verschwundenen Nahversorgungsstrukturen.
Zahlreiche Veröffentlichungen in Fachmedien, Architekturpreise (zuletzt der Europäische Dorferneuerungspreis 2016 für das Projekt in Fließ), ja sogar eine Präsentation auf der Architekturbiennale in Venedig sind die Folge. Und ebenso eine Folge ist, nach inzwischen 250 Filialen von rund vierzig Architekturbüros, die Marktführerschaft in Tirol - nach dreißig Jahren Investition in Gestaltungsqualität ist MPreis eine Tiroler „Premium-Marke“. Die gewandelte Wahrnehmung seines Unternehmens schildert Geschäftsführer Peter Paul Mölk an einem Beispiel: Standen früher die ländlichen Gemeinden skeptisch, ja ablehnend den unkonventionellen Bauplänen gegenüber und genehmigten sie nur nach einiger Überzeugungsarbeit, treten heute sogar Gemeinden an das Unternehmen heran, ob nicht auch bei ihnen ein solcher Markt entstehen könne. Entsprechend groß sei die Begeisterung im deutschsprachigen Teil Südtirols gewesen, als die Expansion des Unternehmens nach Süden publik wurde. Privatwirtschaftliche Baukultur, ganz ohne Verordnung, sondern entstanden aus dem Wunsch von Bauherren, ihr Unternehmen über Qualität zu definieren und weiterzuentwickeln. Nach dem Thema Architektur arbeite man nun am Passiv- und Plusenergiestandard, so Mölk.
Die Voraussetzungen für diese Erfolgsgeschichte sind freilich günstiger als hierzulande. Dafür müssen gar nicht mal kulturelle Unterschiede gesucht werden, es beginnt schon bei den ganz handfesten technischen Vorschriften. In einem Supermarkt in Tirol etwa genügt ein zweifacher Luftwechsel pro Stunde, während in Deutschland ein vierfacher gefordert wird. Dafür aber braucht es keine Lüftungsanlage, es genügt das Öffnen und Schließen der Eingangstüren, wenn ein Kunde den Markt betritt, der im Winter praktischerweise die kalte Außenluft durch das Abstrahlen seiner Körpertemperatur anwärmt, so dass auch keine große Heizung nötig ist. Auch Hygieneschleier im Frischebereich sind nicht erforderlich, und ebenso wenig sind es Sprinkleranlagen für Flächen kleiner als 1200 Quadratmeter. Kein Wunder, dass hiesige Märkte tendenziell mit größerem Budget gebaut werden und für architektonische Besonderheiten dabei weniger Spielraum bleibt: Ein Rewe-Markt etwa wird mit durchschnittlich 1500 Euro pro Quadratmeter realisiert.
Mehr als einkaufen - Stadtentwicklung in Innsbruck
Innsbruck ist aber nicht nur wegen dieser Supermärkte ein lohnenswertes Reiseziel, auch die Stadt als Ganzes hat in den letzten 25 Jahren mit unterschiedlichen Maßnahmen neue Sogkraft aufgebaut. Ende der achtziger Jahre noch, so die Innsbrucker Stadtplanerin Irene Zelger, habe Innsbruck der Verlust seiner Kernfunktion gedroht, aufgrund der fortgeschrittenen Suburbanisierung und der Überlastung durch den fließenden wie ruhenden Autoverkehr. Ein neues Verkehrskonzept, 1989 von drei deutschen Professoren erarbeitet, sah u. a. vier Mal so viel Parkplätze in Tiefgaragen vor und schuf damit die Voraussetzung, Straßen und Plätze neu gestalten zu können, den öffentlichen Raum für neue Nutzungen aufzuschließen und nach und nach auch eine neue Qualität in den Erdgeschosszonen zu erreichen – und zwar sowohl mit Blick auf Vielfalt und Niveau der Angebote als auch auf deren Präsentation und gestalterischen Rahmen. Damit einher ging ein neues Wegenetz durch Passagen, die zuvor brach liegende Blockinnenbereiche für das städtische Leben zugänglich machte. Schließlich leistete auch ein neues Stadtmarketing mit Veranstaltungen im öffentlichen Raum einen Beitrag dazu, das Zentrum gegenüber der Peripherie wieder attraktiv zu machen. All das hat nicht nur atmosphärische Auswirkungen, es ist auch statistisch belegbar: Die Passantenfrequenz auf der Maria-Theresien-Straße etwa hat sich seit dem Jahr 2000 fast verdoppelt und ist inzwischen die zweitstärkste Einkaufsstraße Österreichs, mit Ausstrahlung bis nach Südtirol, Vorarlberg und Bayern. In der Tat überrascht das Angebot im Stadtzentrum, vergleicht man es mit dem, was man aus deutschen Städten mit 125.000 Einwohnern gewohnt ist. Für jene sieht Lovro Mandac, langjähriger Vorsitzender der Geschäftsführung der Galeria Kaufhof AG, denn auch schwarz: Erreichbarkeit, Sauberkeit und Sicherheit der deutschen Mittelstädte seien unzureichend, ihre Erlebnisdichte zu gering, außerdem verhindere der Denkmalschutz auf der einen, der Betriebsrat auf der anderen Seite die Entwicklung zeitgemäßer und konkurrenzfähiger Handelsangebote. Sei der Umsatz aber erst einmal weg, sei der Standort verloren.
Was aber kommt dann? Ist der Verlust der Zentrumsfunktion notwendig und unausweichlich das Todesurteil für eine Altstadt? Umnutzungsprojekte von Handelsimmobilien, wie sie in den letzten Jahren in den von Mandac angesprochenen Mittelstädten umgesetzt worden sind, sprechen gegen einen solchen Pessimismus. Ob Wohnfunktion, ob Kultur, ob andere, neue, „alternative“ Handelsnutzungen - die Bandbreite ist breit genug, um vorsichtigen Optimismus zu erlauben (Bauwelt 38.2015). Gemeinsam ist auch all jenen Beispielen ein hohes Bewusstsein auch für gestalterische Qualität, womit sich der Bogen zu MPreis schließt: Lünen, Detmold oder Gelsenkirchen-Buer sind gar nicht so weit weg von Tirol. Oder anders gesagt: Vielleicht haben deutsche Einzelhandelsunternehmen und Mittelstädte jahrelang zu wenig in Architektur und Stadtraum investiert, um gegenüber neuer (Online-)Konkurrenz punkten zu können. Bloßes Einkaufen ist allein kein Grund mehr, um in die Stadt zu gehen.

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