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Barcelona, wir kommen!

Karin Hartmann hat in Barcelona unmittelbar erfahren, wie eine Stadt zur Kulisse für Touristen umgebaut wird.

Text: Hartmann, Karin, Bonn

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Barcelona, wir kommen!

Karin Hartmann hat in Barcelona unmittelbar erfahren, wie eine Stadt zur Kulisse für Touristen umgebaut wird.

Text: Hartmann, Karin, Bonn

Endlich Ferien – wohin mit dem Nachwuchs und seinen architekturaffinen Eltern? Bar­celona! Schnell ist über Airbnb die passende Unterkunft gefunden: eine großzügige, teilsanier­te Altbauwohnung al modernismo, bestückt mit antiken und neuen Möbeln, Bel Etage, direkt am In-Viertel El Born. „Patricia“ verspricht, ein netter Kontakt zu sein und Tipps fürs Viertel zu geben.
Wir sind angekommen, und das Haus ist ein Traum: einer der ersten Blocks der Stadterweiterung von Cerdá. Allein, die Fassade wirkt unbewohnt, wie in Sanierung. Aber die Bäckerei um die Ecke wirkt authentisch, und einen Bioladen gibt es auch. „Patricia“ ist leider verhindert, es erscheint ein smarter Typ in Slippern, führt durchs Treppenhaus, schließt die Tür auf, da sind wir – und trauen unseren Augen kaum. Handwerker erledigen letzte Arbeiten nach der „Sanierung“. Die Luft ist geschwängert von Tapetenkleber, der neue Laminatboden klackert, historisierende Fichtenholztüren mit Baumarktklinken schmücken den Flur. Verschwunden sind Modernismo und hohe Decken, schwedische Selbstbaumöbel bestücken die Räume, touristengerecht.
Angesprochen auf die Optik im Vergleich zu der im Portal angebotenen Wohnung, zeigt sich der junge Mann erstaunt, schließlich haben wir nicht die alte, bröselige, sondern extra schon die sanierte Wohnung bekommen. Das Haus wird aus einer Hand professionell vermietet, nur eine Wohnung dient als Fotomotiv und ist besonderen Gästen vorbehalten. Das restliche Haus, billigst saniert, erhöht die Gewinnspanne, die wir mit unserem Kurzzeitinteresse bedienen.
Inzwischen verhängt Barcelona Geldstrafen für nicht gemeldete Vermietungen, in Palma de Mallorca ist die kurzfristige Vermietung von Privatwohnungen seit 1. Juli sogar verboten. Das rigide Vorgehen scheint berechtigt – in Barcelona zeigt sich, in welcher Geschwindigkeit his­torische Substanz verschwindet, um den Tourismus zu bedienen. Die Internetportale werden, dank weitsichtiger Politik vielleicht dereinst in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt, irgendwann der Vergangenheit angehören. Möge diese Phase an unseren Städten wie eine Schlechtwetterperiode vorbeiziehen. Sie haben schon anderes überstanden.

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