Bauwelt

Kongresszentrum Nancy


Das ehemalige Briefverteilzentrum von Nancy wurde für die Neunutzung als Kongresszentrum deutlich erweitert und öffnet sich zum Vorplatz des Bahnhofs. Marc Barani nahm mehrere Bezüge vom Altbau auf. Die Fassadenstruktur blieb erhalten


Text: Pierre, Catherine


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    Beton, Stahl, Glas. Die Ostseite des Altbaus verrät kaum etwas von der neuen Nutzung. In der Stadt war diese Form des Umgangs mit dem Bau umstritten.
    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Beton, Stahl, Glas. Die Ostseite des Altbaus verrät kaum etwas von der neuen Nutzung. In der Stadt war diese Form des Umgangs mit dem Bau umstritten.

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Früher wurde hier die Post ein- und ausgeladen. Das Gebäude stand dann acht Jahre leer.
    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Früher wurde hier die Post ein- und ausgeladen. Das Gebäude stand dann acht Jahre leer.

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Die große Halle mit dem Übergang vom Alt- zum Neubau
    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Die große Halle mit dem Übergang vom Alt- zum Neubau

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Der große und der kleine Saal zeigen sich im Foyer mit der schrägen Unterseite des Zuschauerraums.
    Das Foyer über zwei Ebenen ist sehr weiträumig ausgelegt.
    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Der große und der kleine Saal zeigen sich im Foyer mit der schrägen Unterseite des Zuschauerraums.
    Das Foyer über zwei Ebenen ist sehr weiträumig ausgelegt.

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Blick in den Altbau
    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Blick in den Altbau

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Die mächtige Rahmenkonstruktion aus Beton blieb in Teilen erhalten und ist innen sichtbar. Von Vorteil war, dass der Raum des Altbaus nur eine zentrale Stützenreihe aufweist.

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Die mächtige Rahmenkonstruktion aus Beton blieb in Teilen erhalten und ist innen sichtbar. Von Vorteil war, dass der Raum des Altbaus nur eine zentrale Stützenreihe aufweist.

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Kunst: Benjamin Dufour, Guillaume Eckly und Barbara Fischer gestalteten mit „Souvenir des Îles“ im oberen Foyer unter anderem ein Bodenmosaik
    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Kunst: Benjamin Dufour, Guillaume Eckly und Barbara Fischer gestalteten mit „Souvenir des Îles“ im oberen Foyer unter anderem ein Bodenmosaik

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Die zwei Vortragssäle liegen im Obergeschoss des Neubaus.

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Die zwei Vortragssäle liegen im Obergeschoss des Neubaus.

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    In die Betonstruktur des Altbaus wurden kleinere Kongress- und Ausstellungsräume und ganz oben ein Restaurant mit Saal für Rezeptionen eingefügt.
    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    In die Betonstruktur des Altbaus wurden kleinere Kongress- und Ausstellungsräume und ganz oben ein Restaurant mit Saal für Rezeptionen eingefügt.

    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Blick von Westen über die Gleise. Hier zeigt sich die wahre Größe des Gesamtkomplexes, der auf dem Parkgaragen-Sockel steht.
    Foto: Olivier-Henri Dancy

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    Blick von Westen über die Gleise. Hier zeigt sich die wahre Größe des Gesamtkomplexes, der auf dem Parkgaragen-Sockel steht.

    Foto: Olivier-Henri Dancy

Um die wirtschaftliche Attraktivität anzukurbeln, lobte die Stadtverwaltung von Nancy vor sieben Jahren einen internationalen Wettbewerb für ein neues Kongress- und Ausstellungszentrum aus, das auf dem Gelände des kurz zuvor geschlossenen Briefverteilzentrums entstehen sollte. Es blieb den Wettbewerbsteilnehmern freigestellt, ob sie sich ausschließlich für einen Neubau entscheiden oder aber einen Entwurf präsentieren wollen, der eine Umnutzung des früheren Postgebäudes in die Planung einbezieht.
Die Communauté Urbaine du Grand Nancy hatte trotz der Zwänge, vor allem trotz des knapp bemessenen Raums, den Mut, das Kongresszentrum nicht draußen vor der Stadt zu planen, sondern nahe dem Zentrum. Nach der Fertigstellung wird deutlich, wie richtig diese Entscheidung war. Der Platz ist heute ein lebendiger Ort. Besonders lobenswert ist auch die Auseinandersetzung mit der Bausubstanz der alten Post.

Claude Prouvé

Das Briefverteilzentrum ist ein wichtiger, im Stadtbild von Nancy überaus präsenter Bau der sieb-ziger Jahre. Architekt des Gebäudes mit 11.000 Quadratmetern Nutzfläche ist Claude Prouvé, Sohn des Ingenieurs Jean Prouvé, dem durch den in Nancy ansässigen Architekten Jacques André verschiedene Projekte für das Ministerium für Post und Telekommunikation anvertraut wurden. Die Bedeutung des Gebäudes beruht auf mehreren Aspekten. Zunächst auf seiner Lage an der Kreuzung Rue Mazagran und Rue Saint-Thiébaut unweit des Bahnhofs. Ein weiterer Aspekt ist seine architektonische Eigenwilligkeit. Claude Prouvé hatte zwar ein funktionales Gebäude entworfen, das sich aber zugleich von den damals geltenden Gestaltungsvorgaben für derartige Gebäude löste.

Neuanfang

Das Atelier Marc Barani aus Nizza in Bürogemeinschaft mit dem Architekten Christophe Presle aus Nancy entschied den eingeladenen Wettbewerb zu seinen Gunsten. Der Entwurf stand ganz im Zeichen des Respekts vor dem Altbau, der um einen Neubau ergänzt wurde. Barani nutzte den Altbau nicht nur wegen der wertvollen, soliden Bausubstanz, sondern auch, weil sich ihm damit die Möglichkeit bot, für die Bauaufgabe einen atypischen Gebäudekomplex zu entwerfen. Er entwickelte eine vertikale Organisation des Nutzungsprogramms mit großer Transparenz. Mehr noch, er präsentiert seine Architektur gestalterisch wie auch räumlich in vielen Bereichen als logische Weiterentwicklung des Altbaus.
Um das Programm zu erfüllen, bei dem auch der Bau eines öffentlichen Parkhauses gefordert war, hat der Architekt die Funktionen auf zwei Baukörper verteilt, die eng miteinander verbunden sind. Die zugleich maßvollen und doch radikalen Veränderungen, die er am Briefverteilzentrum vorgenommen hat, zielten insbesondere darauf ab, den Baukörper durchlässig zu machen und ihn zur Stadt hin zu öffnen. Die düstere Erdgeschosszone wurde komplett aufgebrochen, es entstand eine große, rundum verglaste Eingangshalle. Die Fassaden wurden demontiert und auf allen Geschossen ausgetauscht, wobei besonders die über die gesamte Raumhöhe reichende Verglasung auf der Nord- und Westfassade dem Gebäude eine überraschende Lebendigkeit verleiht. Interessant ist, dass Prouvé den Bau von Anfang an auch als ein Gebäude mit einer gewissen Transparenz konzipiert hatte. Innen beeindruckte früher die Technik, die die Abläufe eines Briefverteilzentrums verlangten. Im Laufe der Zeit gab es dann aber viele Veränderungen.
Beim Ausbau standen die eindeutige und unmittelbar verständliche Orientierung für die Kongressteilnehmer und die reibungslosen Abläufe im Zusammenhang mit der Veranstaltungslogis-tik im Vordergrund. Die unterschiedlichen Funktionen des Kongresszentrums folgen ganz natürlich den Vorgaben der ursprünglichen Architektur und greifen dabei räumliche und konstruktive Besonderheiten des früheren Postbaus auf. Marc Barani hatte zuvor den Architekten Claude Prouvé (1929–2012) noch aufsuchen können. Bei ihrer Begegnung stellte sich heraus, dass Prouvé bei seiner Planung auch schon Ideen für eine mög-liche Transformation des Gebäudes entwickelt hatte. Ihm war wohl klar, dass die Funktion an diesem Ort in nicht allzu ferner Zeit überholt sein würde. So hatte er ganz bewusst die inneren Abläufe quasi losgelöst von einem in sich autonomen Gebäude angelegt. Er erfand eine Konstruktion mit Geschoss-Plattformen, frei nutzbar für eine neue Bestimmung.
Bei Baranis Vorhangfassade wurden die originalen Fensterprofile mit ihren hohen und niedrigen Flügeln nachgebaut und den zeitgemäßen akus-tischen und wärmetechnischen Vorgaben angepasst. Die gerasterte Fassade respektiert in allen Teilen das Grundgerüst des Originals.

Organisation

Für die Innenaufteilung – Ausstellungshallen für kleinere Messen, Flächen für Präsentationen und andere Veranstaltungen – hat der Architekt ein sehr flexibles Raumkonzept mit unterschiedlichem Raster entwickelt. Das Scharnier zwischen den beiden, durch viel Tageslicht zusammengehaltenen Gebäuden bildet eine nach innen verlagerte Straße. Von zahlreichen Aussichtspunkten öffnet sich hier der Blick auf die Stadt. Mit den Rolltreppen zwischen dem Eingangsfoyer und dem oberen, zwischen den Vortragssälen liegenden Foyer überspielt der Architekt jeglichen Eindruck eines Bruchs oder Übergangs, sodass beide Bereiche weder dem einen noch dem anderen Gebäude zugeordnet werden.
Mit sorgsam ausgearbeiteten Proportionen und sparsamen Mitteln lehnt sich der Erweiterungsbau an das Postgebäude an. Die einzelnen Elemente des Nutzungsprogramms – die zwei Vortragssäle, die Ausstellungsflächen, vor allem die große Halle im Erdgeschoss mit ihren 2400 Quadratmetern und den weiten Toren – sind entlang der Gleistrasse angeordnet, dort, wo einst die Postzüge unter Betongewölben ein- und ausgeladen wurden. Das in Sichtbeton ausgeführte Sockelgeschoss mit der Parkgarage knüpft daran an. Die unterschiedlich ausgerichteten Vortragssäle sind komplett geschlossen und heben sich durch ihr Interieur deutlich von dem ansonsten hellen Raumeindruck des Kongresszentrums ab. Die Säle mit 850 bzw. 300 Plätzen lassen sich gleichzeitig und unabhängig voneinander bespielen.
Modularität und Funktionalität bestimmen als Leitlinien die interne Struktur. Der Gebäudeentwurf ist darauf ausgerichtet, ganz unterschiedlichen Veranstaltungen Raum zu bieten. Die große Ausstellungshalle wie auch das Eingangsfoyer im Altbau, das sich auf den Vorplatz öffnet, werden als direkte Verlängerung des öffentlichen Raums behandelt, der so bis in den Kern des Kongresszentrums hineinreicht. Um diesen öffentlichen Charakter zu ermöglichen, wurden die Flächen für die Veranstaltungslogistik im Untergeschoss des Altbaus untergebracht, die Zufahrt für Anlieferungen erfolgt über einen Hof am südlichen Rand des Grundstücks. Dies ermöglicht den Besuchern, die von der Stadt oder vom Bahnhof kommen, einen problemlosen Zugang ins Gebäude.
Im Rahmen des Kunst-am-Bau-Programms hat das Kongresszentrum auch eine künstlerische Installation erhalten. Die Arbeit „Souvenir des Îles“ der Arbeitsgemeinschaft Benjamin Dufour (Künstler), Guillaume Eckly und Barbara Fischer (Architekten-Designer) setzt mobile Möbelobjekte, ein Bodenmosaik für die große Halle und Lichtobjekte miteinander in Bezug.

Ein ambivalentes Bild

Nancy ist die Stadt der Place Stanislas aus dem 17. Jahrhundert und des Art déco. Sie ist aber auch gekennzeichnet von Bauten der sechziger und siebziger Jahre, wie es auch das Hochhaus neben dem Kongresszentrum verdeutlicht (Bauwelt 34.2012). Die Außenwirkung des neuen Ensembles ist von Ambivalenz geprägt: Der industrielle Charakter der historischen Bausubstanz wird dem raffinierten Umgang mit der Fassade des neuen Gebäudes gegenübergestellt. Marc Barani ging es darum, „ein neues Objekt mit der Technologie von heute zu entwickeln, das respektvoll mit der Innenstadtsituation umgeht. Das war der Anlass zu einer intensiven Auseinandersetzung mit innovativer Fassadengestaltung, um sich so in den Bestand einbringen und ihn weiterführen zu können.“
Unter diesen Vorzeichen wurde die verglaste Fassade des Neubaus in Zusammenarbeit mit dem Büro Van Santen (VS-A) entwickelt. Sie besteht aus Glaspaneelen von sechs auf drei Metern auf einer vorgespannten Stützkonstruktion von nahezu zehn Meter Höhe. Weitere Fassadenpartien auf der Längsseite wurden als lichtundurchlässige Doppelhaut aus Aluminium und geätztem Glas konzipiert – ein akustischer Filter, um das Innere vor dem Lärm der Bahntrasse zu schützen. So gehen die „Schlitze“ in der Fassade auf Schall-Berechnungen zurück und sind nicht einem rein ästhetischen Formenspiel geschuldet.
Zugleich verleiht die Fügung der geriffelten Glasoberflächen mit dem Aluminiumblech der Fassade einen subtilen Schimmer beim Reflektieren des unterschiedlich einfallenden Lichts – bei hellem Sonnenschein dominiert ein Grünton, der bei bedecktem Himmel fast zu Weiß wird.
In Nancy konnte Marc Barani zum ersten Mal herausfinden, wie es geht, ein Spannungsverhältnis zwischen Alt und Neu aufzubauen, ohne die Nahtstelle besonders zu definieren. Dies ist ihm gut gelungen. Und er hat im Altbau ein Belvedere mit einem Saal für Rezeptionen realisieren können, mit Blick auf die ganze Stadt und auf die 1300 Quadratmeter Sonnenkollektoren auf dem Dach des niedrigeren Neubaus.
Aus dem Französischen von Agnes Kloocke



Fakten
Architekten Barani, Marc, Nizza
Adresse Nancy


aus Bauwelt 45.2014

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