Bauwelt

Ehemaliges Konvent Santa Maria de los Reyes in Sevilla


Eigentlich sollte das ehemalige Konvent Santa Maria de los Reyes in Sevilla von MGM Arquitectos zum Architekturzentrum umgebaut werden. Die Krise verzögerte das Projekt, und die Architekten haben zunächst die Sicherung der Substanz gestaltet.


Text: Cohn, David, Barcelona


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    Blick nach Westen Richtung Kreuzgang. Der Garten ist, anders als von den Architekten geplant, bis heute nicht öffentlich zugänglich.
    Abb.: Jesús Granada

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    Blick nach Westen Richtung Kreuzgang. Der Garten ist, anders als von den Architekten geplant, bis heute nicht öffentlich zugänglich.

    Abb.: Jesús Granada

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    Das ehemalige Kloster entwickelt sich im Inneren des Baublocks zwischen Calle Santiago, Calle Muro de
    los Navarros, Calle Azafrán und Calle Ave María.
    Abb.: MGM Arquitectos

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    Das ehemalige Kloster entwickelt sich im Inneren des Baublocks zwischen Calle Santiago, Calle Muro de
    los Navarros, Calle Azafrán und Calle Ave María.

    Abb.: MGM Arquitectos

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    Im Inneren des Komplexes lassen die Architekten die „nackten Knochen“ der Konstruktion sprechen.
    Abb.: Jesús Granada

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    Im Inneren des Komplexes lassen die Architekten die „nackten Knochen“ der Konstruktion sprechen.

    Abb.: Jesús Granada

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    Original erhaltene Delfter Kacheln zieren den Brunnen im Kreuzgang. Dieser wird im Sommer als Freiluftkino genutzt.
    Abb.: Jesús Granada

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    Original erhaltene Delfter Kacheln zieren den Brunnen im Kreuzgang. Dieser wird im Sommer als Freiluftkino genutzt.

    Abb.: Jesús Granada

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    Durchgang vom Garten zum Kreuzgang
    Abb.: Jesús Granada

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    Durchgang vom Garten zum Kreuzgang

    Abb.: Jesús Granada

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    Der Gartenhof in Richtung Osten. Die Ombubäume wurden bereits vor 400 Jahren gepflanzt.
    Abb.: Jesús Granada

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    Der Gartenhof in Richtung Osten. Die Ombubäume wurden bereits vor 400 Jahren gepflanzt.

    Abb.: Jesús Granada

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    Ausgang zur Calle Santiago
    Abb.: Jesús Granada

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    Ausgang zur Calle Santiago

    Abb.: Jesús Granada

Die Spanische Architektur und Städtebau-Biennale 2016 bot einen nüchternen Überblick über den Zustand des Metiers acht Jahre nach dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 2008. Die meisten der 22 ausgezeichneten Arbeiten waren Projekte im eher kleineren Maßstab, die häufig in die Außenhülle vorhandener Bauwerke hineingebaut wurden. Elf der preisgekrönten Entwürfe kosteten weniger als eine Million Euro und drei sogar weniger als 100.000.Unter den ausgezeichneten Arbeiten evozierte keine so sehr den kritischen Zustand der öffent­lichen Architektur in Spanien wie die „Konsolidierung“ des ehemaligen Konvents Santa María de los Reyes und dessen Gartenanlagen in Sevilla durch das örtliche Büro MGM Arquitectos unter Leitung von José Morales und Sara de Giles. Mitfinanziert von der Europäischen Union mit 1,2 Millionen Euro, sah der Entwurf nichts weiter vor, als die Stabilisierung von Teilen der verfallenen Gebäude aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert und die Sanierung des Außengeländes.
MGM hatten 2005 einen Wettbewerb für den Umbau des Konvents, der Eigentum des Minis­teriums für Entwicklung und Wohnungsbau der Regionalregierung von Andalusien ist, in ein Zen­trum für Dokumentation und Verbreitung von Architektur und Bauwesen mit einem Budget von 11 Millionen Euro gewonnen. Klosterkirche und der separate untere Chor waren 1992 restauriert worden und werden nach wie vor für Architekturausstellungen genutzt. Da das Bauvorhaben jedoch aus Geldmangel ein ums andere Jahr aufgeschoben werden musste, wurde der Zustand der Gebäude, die seit 1970 leer standen, allmählich kritisch. Durch die aktuellen Maßnahmen, die 2015 abgeschlossen worden sind, wird der Bau auf lange Sicht in einer Warteposition gehalten, bis eine dauerhaftere Lösung in Sicht ist.
Die Stabilisierungsarbeiten konzentrierten sich auf den Bereich um den schmucklosen Kreuzgang, wo die Architekten die Mauern aus Backsteinen und Lehmziegeln mit Harzinjektionen verstärkten und neue Betondecken über die ursprünglichen Deckenbalken gossen, die zum Teil aus Tropenholz sind, das vor Jahrhunderten aus Südamerika eingeführt wurde. Sie bauten zudem ein einfaches System für die Licht- und Stromversorgung ein und fügten ein Kanalsystem hinzu, über das Regenwasser in eine antike Zisterne im Garten geleitet wird. Der Außenbereich ist einheitlich mit portugiesischem Pflaster gestaltet, das den Eingangshof bzw. „Compás“ mit dem Kreuzgang und dem Garten verbindet. Die Architekten setzten Rampen an die Stelle von Stufen und nivellierten Unterschiede in der Neigung. Um den Kreuzgang herum fügten sie unten an den Wänden belüftete Gräben hinzu, damit Feuchtigkeit entweichen kann. Doch die brüchigen Mauern selbst beließen sie in einem „vorrestaurierten“ Zustand. Die ursprünglich vorhandenen Stuckverzierungen sind größtenteils verschwunden, lediglich einige wenige Reste von polychromem Stuck blieben erhalten. Entsprechend besteht die einzige Bearbeitung der Außenbereiche und des Kreuzgangs in einem staubabweisenden weißen Farbanstrich zur Vermeidung der weiteren Erosion. Der Rest des verfallenen Komplexes blieb nahezu unberührt, wie etwa die ehemaligen Backöfen und die Küche, ein Wäschehof und ein baufälliger Erweiterungsbau aus dem 19. Jahrhundert, den die Architekten mit einer Reihe aus gemauerten Pfeilern abstützten.
Im nur teilweise restaurierten Garten strukturierten die Architekten die Räume durch meh­rere lange, niedrige Bänke, zum Teil ergänzt durch Gräben mit fließendem Wasser und teilweise als Rahmen um einige Hügelbeete, in denen zwei uralte Ombubäume stehen, die ebenfalls aus Südamerika eingeführt und um 1600 herum hier gepflanzt wurden, um den Eingang zu dem Komplex zu markieren. Die Zickzackform mehrerer dieser Elemente wurde, nach Aussage der Architekten, durch „Rift“, ein Landart-Werk von Michael Heizer von 1968, inspiriert. Das Konvent liegt versteckt innerhalb eines großen Blocks im mittelalterlichen Viertel der Stadt. MGM öffneten Tore und Wege aus dem Garten zu drei umliegenden Straßen, um den Anwohnern Einblicke zu ermöglichen. Doch aus verwaltungstechnischen Gründen und wegen des unsicheren Zustands eines Großteils des Komplexes sind diese Wege nicht öffentlich.Zu den emblematischen Überresten des Konvents gehören der Brunnen im Hof des Kreuzgangs mit seinen original Delfter Kacheln und die schlichten Marmorsäulen mit ionischen Kapitellen, die in Höhe und Form variieren. Die Architekten verlegten das Ossuarium des Konvents in eine verfallene Galerie des Kreuzgangs, die an den Garten angrenzt. Sie legten es als Grabhügel an, bedeckten es locker mit portugiesischen Pflastersteinen, ganz so, als ob das Pflaster sich aufgewölbt hätte, und legten einen großen Grabstein, der dort gefunden wurde, quer darüber.
Der Kreuzgang wird im Sommer als Freiluftkino genutzt, in den Räumen im Erdgeschoss und in den Außenanlagen finden Workshops, Empfänge und andere Events statt. Für die Architekten bie-tet der Minimal-Umbau den Nutzern „einen Rahmen zur ständigen Reflexion über die Beziehung zwischen dem Raum, der Stadt und dem historischen Moment“, wodurch ein Dialog geschaffen wird, der über die künstlerischen Interventionen in den Räumen hinausgehen sollte. Rem Koolhaas hat 2005 das Konzept der Restaurierungsprojekts als Halbruine in Bezug auf seine Arbeit an der Eremitage hinterfragt: „Kann ein bestimmtes Maß an Untätigkeit, ein bestimmter Widerstand gegen Veränderung, tatsächlich eine instrumentelle Rolle spielen, um die Authentizität zu einem gewissen Grad aufrechtzuerhalten, die so häufig im Prozess der Modernisierung getilgt wird?“ (El Croquis Nr. 131-132)
Im anderen Extrem bemächtigte sich Gordon Matta-Clark, mit der Kettensäge in der Hand, in den 1970er Jahren verlassener Häuser in New York zur Nutzung als freies Feld für grenzüberschreitende Aktionen. Für ihn war ein verfallenes Gebäude ein träger Leichnam, den er, wie ein Pionier in einer Ödnis, erlösen und transformieren wollte, um damit eine neue utopische Gemeinschaft aus Künstlern in Aktion zu schmieden. Mit ihrer Intervention in Santa Maria de los Reyes liegen Morales und De Giles zwischen diesen Ansätzen. Durch den langen Leerstand hat der Komplex einen Grad an Verfall erreicht, der ei­-nen eigenen Zustand darstellt, so weit entfernt von einem „authentischen“ Fenster zur Vergangenheit wie von einer falschen Wiederauferstehung. In ihrer Arbeit am Garten nehmen sich die Architekten ein wenig von der Freiheit Matta-Clarks – in diesem Sinne ist ihre Referenz an dessen Zeitgenossen Michael Heizer kein Zufall. In den Gebäuden selbst lassen sie jedoch die „nackten Knochen“ des Bauwerks sprechen: die traditionelle Raumfolge, die auch in anderen historischen Bauten in Sevilla sichtbar ist: Der Weg führt aus dem engen Raum der mittelalterlichen Straße zum Reich des Compás, des Innenhofs und des Gartens.
Übersetzung aus dem Englischen: Beate Staib



Fakten
Architekten MGM arquitectos, Sevilla
Adresse Calle Santiago 33, 41003 Sevilla, Spanien


aus Bauwelt 14.2017
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