Bauwelt

Bahnhof in Casablanca


Die marokkanische Wirtschaftsmetropole erhielt am Hafen einen neuen Bahnhof, die Erwartungen an den Zugverkehr sind groß. Seine eigentliche Aufgabe erfüllt der Bahnhof bisher nur teilweise.


Text: Redecke, Sebastian, Berlin


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    Der Platz vor dem Bahnhof mit Blick auf das neue Casablanca, links die übergroße Moucharabieh-Interpretation, die dem Gebäude als Fassade vorgesetzt wurde
    Foto: Christophe Iliou

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    Der Platz vor dem Bahnhof mit Blick auf das neue Casablanca, links die übergroße Moucharabieh-Interpretation, die dem Gebäude als Fassade vorgesetzt wurde

    Foto: Christophe Iliou

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    40 Stützen tragen das leicht wirkende Dach. Vor der Nordwest-Fassade liegt ein Grünbereich, in dem Rampen zur Taxivorfahrt hinunter führen.
    Foto: Christophe Iliou

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    40 Stützen tragen das leicht wirkende Dach. Vor der Nordwest-Fassade liegt ein Grünbereich, in dem Rampen zur Taxivorfahrt hinunter führen.

    Foto: Christophe Iliou

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    Der „Marktplatz“ des neuenBahnhofs. Die Nutzung der unteren Ebene ohne eine wichtige Anbindung stellt sich als schwierig heraus. Die kreuzweise Aussteifung der Halle gelingt über kaum ins Auge fallende Stahlstäbe.
    Foto: Christophe Iliou

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    Der „Marktplatz“ des neuenBahnhofs. Die Nutzung der unteren Ebene ohne eine wichtige Anbindung stellt sich als schwierig heraus. Die kreuzweise Aussteifung der Halle gelingt über kaum ins Auge fallende Stahlstäbe.

    Foto: Christophe Iliou

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    Viel offener Raum bleibt zwischen der Fassade und der dekorativen Moucharabieh-Abschirmung
    Foto: Christophe Iliou

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    Viel offener Raum bleibt zwischen der Fassade und der dekorativen Moucharabieh-Abschirmung

    Foto: Christophe Iliou

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    Unteransicht aus Zedernholz. Stahlelemente der Stützen und des filigran konzipierten Dachs bei der Montage. Das angrenzende Bürogebäude gehört zum Gesamtprojekt.
    Foto: Christophe Iliou

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    Unteransicht aus Zedernholz. Stahlelemente der Stützen und des filigran konzipierten Dachs bei der Montage. Das angrenzende Bürogebäude gehört zum Gesamtprojekt.

    Foto: Christophe Iliou

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    Jeweils acht Stäbe umgreifen eine Dachöffnung. Der großzügige Lichteinfall war zentrales Entwurfskonzept.
    Foto: Christophe Iliou

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    Jeweils acht Stäbe umgreifen eine Dachöffnung. Der großzügige Lichteinfall war zentrales Entwurfskonzept.

    Foto: Christophe Iliou

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    Losgelöst von der Bahn­hofs­halle entwarfen die Architekten eine leichte, für die Aufgabe aber aufwendig konstruierte Überdachung der Bahnsteige. Alle 30 Minuten fährt von hier ein Zug in die Hauptstadt Rabat.
    Foto: Christophe Iliou

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    Losgelöst von der Bahn­hofs­halle entwarfen die Architekten eine leichte, für die Aufgabe aber aufwendig konstruierte Überdachung der Bahnsteige. Alle 30 Minuten fährt von hier ein Zug in die Hauptstadt Rabat.

    Foto: Christophe Iliou

Marokko steht für Fortschritt. Beim Ausbau regenerativer Energien (Solar-, Wind- und Wasserkraft) sei man, so ist zu lesen, nicht nur bei den Vorhaben, sondern auch bei einigen konkreten Projekten schon vergleichsweise weit gekommen. In der Wüste entsteht gerade der weltweit größte Solarpark.
Auch der öffentliche Nahverkehr wird ausgebaut. In der Fünf-Millionen-Stadt Casablanca führt bereits heute eine neue Straßenbahnlinie nach französischem Vorbild durch das gesamte Stadtgebiet. Und beim Schienennetz der marokkanischen Bahn werden bessere oder völlig neue Strecken zwischen den wichtigsten Städten des Königreichs besonders gefördert. Das große, immer wieder verschobene Projekt ist die Schnellzugverbindung von Tanger über Rabat nach Casablanca, die später einmal weiter bis nach Agadir führen soll. Man träumt sogar von einem Tunnel unter der Straße von Gibraltar und einer Zugverbindung von Rabat nach Madrid in vier Stunden. Zurzeit ist man allerdings schon froh, wenn das Vorhaben der Erneuerung des vorhandenen Schienennetzes mit vergrößerten oder neuen Bahnhöfen weiter vorankommt.
Einer dieser neuen Bahnhöfe wurde nun eröffnet – die Endstation, am Hafen von Casablanca. Sie heißt entsprechend „Casa-Port“. Hier befanden sich früher nur Bahnsteige mit einfachen Überdachungen. Der wichtigste Bahnhof in der Stadt bleibt Casa-Voyageurs, ein Bau aus dem Jahr 1923, während des französischen Protektorats errichtet.
Für den Bahnhof „Casa-Port“ wurden die Architekten AREP beauftragt. Sie sehen ihren Neubau in der „großen Tradition der Paläste und öffentlichen Gebäude in Marokko“. Es mag zutreffen, dass dies für bestimmte konzeptionelle und gestalterische Entscheidungen eine Rolle gespielt hat, vor allem beim Thema Lichtinszenierung. Das Ergebnis hat nun aber eine ganz andere atmosphärische Ausprägung, allein schon durch die gewählten Materialien: Stahl und Glas. Ähnlich wie zum Beispiel von Gerkan, Marg und Partner haben auch AREP im außereuropäischen Raum große öffentliche Bauten geplant, bei denen man versuchte, lokale architektonische Leitideen, neuinterpretiert, einfließen zu lassen, um sie dann zur Besonderheit zu erklären.
Der Kopfbahnhof hebt sich mit einer sehr leicht wirkenden, flachen und über die Fassaden sich vorschiebenden Dachscheibe hervor, die von Rundstützen getragen wird. Im Südosten vorgelagert befinden sich die Bahnsteige. In der Halle sind auf den zwei Längsseiten Pavillons mit Shops und Fastfood eingefügt. Im mittleren Bereich führen Rolltreppen in eine tiefere Ebene, die umgeben ist von weiteren Shops und einem „Food-Court“, der erst teilweise in Betrieb ist. Die eigentliche Funktion dieser Ebene ist der Zugang zur ebenfalls tiefer gelegenen Taxivorfahrt und zur Tiefgarage. Später soll man über diese Ebene auch zu den Bahnsteigen einer neuen unterirdischen Nahverkehrsverbindung gelangen – ein ehrgeiziger Plan, der diese untere Ebene mehr rechtfertigen würden. Wie genau das unterirdische Tunnelkonzept und in welchem Zeitraum es umgesetzt werden soll, ist völlig offen. Zurzeit fahren von Casa-Port Pendlerzüge in die Vororte und alle halbe Stunde ein Zug nach Rabat.
Die Erschließung des Bahnhofs im Erdgeschoss gliedert sich in zwei Bereiche: Nach Südwesten, entlang des Boulevard des Almohades, öffnet sich eine große Glasfront mit einer Reihe außen stehender Stützen zu einem Vorplatz. Hier soll später eine Straßenbahnlinie entlangführen. Das Gegenüber bilden neue Büro- und Hoteltürme. Die Längsseite nach Nordwesten zeigt auf ei-nen Platz mit Palmen, der den Abschluss des Boulevard Houphouet Boigny am Hafen bildet. Nach Nordosten schließt der Bereich des Bahnhofs mit eine Mauer ab, hinter der sich Überseecontai-ner stapeln. Die Fassade zum Platz im Nordwesten wird bestimmt von einer abstrakt vereinfachten Moucharabieh aus faserverstärktem Beton. Dem Fahrgast, der der Bahn entstiegen ist und in die Halle kommt, zeigt sich dieser „Paravant“ mit feinem Lichtspiel in ganzer Breite, be-vor er sich entscheidet, wohin er geht, um in die Stadt zu gelangen.
Die Stützen des „Hypostyls“ setzen sich aus einem zwei Meter hohen unteren Teil aus hellem Beton, dem Stahlrohr und den acht Stäben unter den Dachöffnungen zusammen. Die transparenten Dachhauben sind begehrte Sitzplätze der Möwen. Dies hat bereits zu einer starken Verschmutzung geführt. Gut gelungen ist die Ausgestaltung der Unterseite des großen Daches. Hier fand Zedernholz Verwendung, was, wenn es bei Dunkelheit angestrahlt wird, besonders eindrucksvoll wirkt.

Abwarten

Die Architekten und Ingenieure des Planungsbüros AREP haben seit vielen Jahren Bahnhöfe für die französischen Schnellzüge TGV in ganz Frankreich gebaut und verfügen über große Erfahrungen auf diesem Gebiet. Zuletzt bauten sie die Bahnhöfe von Straßburg und von Saint- Lazare in Paris um. Betrachtet man den Bahnhof in Casablanca, kommt man nicht umhin von einem Projekt zu sprechen, bei dem international tätige Planer ihre Architektur „mitgebracht“ haben. Auf lokale Traditionen wird entwurflich zwar eingegangen, letztendlich aber doch mit einer fremden Sprache. Das Konzept einer offenen, städtischen Halle als schattigem Ort der Begegnung, von dem die Gewerbetreibenden profitieren, ist bisher noch nicht aufgegangen.



Fakten
Architekten AREP, Paris
Adresse Gare ONCF Casa Port, Casablanca 20250, Marokko


aus Bauwelt 42.2015
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