Bauwelt

„In gewisser Weise haben wir den Berg erweitert, nicht das Museum“

Interview mit Enrique Sobejano

Text: Ballhausen, Nils, Berlin; Kleilein, Doris, Berlin

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„In gewisser Weise haben wir den Berg erweitert, nicht das Museum“

Interview mit Enrique Sobejano

Text: Ballhausen, Nils, Berlin; Kleilein, Doris, Berlin

Zwei Bauwelt-Redakteure im Gespräch mit Enrique Sobejano über sein Konzept für die Erweiterung des baskischen San Telmo Museao in San Sebastián.
Sie bezeichnen den Erweiterungsbau als  „grüne Mauer“ – was stand im Vordergrund: Landschaftsgestaltung oder Architektur? 
Es ist ein Zwischending. Der Ort ist so interessant, weil hier alles zusammentrifft: Wir haben die Natur, wir haben die Altstadt aus dem 19. Jahrhundert und die Neustadt. Wir sahen es als unsere Aufgabe an, dieses Grenzareal zu erhalten. Die „Mauer“ ist nicht nur ein begrenzendes Element: Sie weitet sich und wird räumlich. Zudem wollten wir,  dass die Mauer mit dem Grün des Berges gekreuzt wird, das sich wie von selbst ausbreitet. In gewisser Weise haben wir den Berg erweitert, nicht das Museum.
An der „Mauer“ sprießt also Spontanvegetation?
Nein. Anfangs hatten wir überlegt, wie man zu einem vertikalen Garten kommt, wie etwa beim Caixa Forum von Herzog & de Meuron in Madrid. Doch für uns war nicht nur das Grün, sondern der Maßstab wichtig. Den wollten wir brechen. Die Perforation und das gezielt gesetzte  Grün verringern optisch die Gebäudemasse.
Der Neubau schafft eine Reihe von öffentlichen Räumen. War das Teil der Aufgabe?
Es gab eine Treppe aus den 1940er Jahren, die auf den Monte Urgull führt. Wir haben mit Rücksicht auf die Treppe einen Vorschlag zur Transformation des Ortes gemacht:  einen neuen Aufgang mit Terrasse, von dem aus man das Meer sehen kann – mehr als ein Gebäude.
Das San-Telmo-Museum ist in einem mehrmals erweiterten Renaissancekloster untergebracht. Die Bauteile an der Westseite haben
Sie abreißen lassen. Warum?
Wir mussten die Erweiterungen der 1930er Jahre vollständig beseitigen, da sie den Blick vom Platz auf die Kirche verstellt haben. Die Kirche selbst haben wir als Landmarke erhalten, nicht wegen ihrer baulichen Qualität.
Gab es da keine Berührungsängste? Wie entscheiden Sie, was stehen bleiben darf?
Sie fragen nach einer Methode? Wir haben keine. Wir versuchen zu verstehen, nach welchen
Prinzipien das Gebäude aufgebaut ist und formulieren die Ergänzung in einer zeitgenössischen Sprache, die Teil des gesamten Prozesses der Modifizierung werden soll. Ich glaube nicht, dass es nur einen richtigen Weg gibt.
Sie haben viel Erfahrung mit historischer Bausubstanz. 2004 sagten Sie über den Umbau des Castillo de la Luz: „Wir haben das Gebäude nicht rekonstruiert, wir haben es geleert.“
Das wuchtige Kastell war ursprünglich nur eine sehr kleine Festung. Auf den historischen Plänen erkennt man, dass die Grundfläche von 1483 bereits 50 Jahre später  durch eine neue Um­fassung erweitert wurde. In den Zwischenraum schüttete man einfach Sand.  So blieb es 500 Jahre. Wir haben dann den Sand entfernt – das war eine Besonderheit dieses Projektes. Aber auch bei den anderen Umbauten  ist es so gewesen:  Je mehr man wegräumte, desto mehr wurde die Vergangenheit sichtbar.
Aber was kann nach Ihrer Neuinterpretation noch kommen? Lassen Sie Platz für Nachfolger?
Warum nicht?  Ein Gebäude ist wie ein Buch, dem Sie ein neues Kapitel hinzufügen.
Gab es keine Einwände des Denkmalschutzes?
In San Sebastián hat man es verstanden, dass das Neue sehr nahe an das Alte rücken, es berühren muss. Unser Eingriff in den Bestand hat alle Elemente im Großen und Ganzen belassen, z.B. sind die Türen zwar neu, aber aus Holz. Wir hatten nicht das Gefühl, an jeder Stelle beweisen zu müssen, dass wir dort arbeiten. Allerdings gefallen uns die Einbauten für die Austellung nicht, die bringen wirklich eine Menge neues Zeug.
Zerstören die Einbauten die Raumwirkung?
Zum Teil, ja. Auch bei der Moritzburg in Halle war die Einrichtung nicht mit uns abgesprochen. Die Ausstellungswände dort sind zu hoch. Wären sie 60 Zentimeter niedriger, würde es gut funktionieren. Aber das ist kein deutsches Problem. Auch in  Spanien wurden dafür Spezi­alfirmen beauftragt, und nicht die Architekten.
Fakten
Architekten Nieto Sobejano, Madrid/Berlin
aus Bauwelt 22.2011
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