Bauwelt

Göttliche Lage

Wie ein neuer See Dortmund-Hörde auf den Kopf stellt

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

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Göttliche Lage

Wie ein neuer See Dortmund-Hörde auf den Kopf stellt

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

„Wir sind hier die Bronx!“ erklärt ein Bewohner von Dortmund-Hörde. Nach Schließung und Abriss des Stahlwerks steht seine Nachbarschaft wortwörtlich alleine da, mit 18.000 Arbeitsplätzen weniger – und einer riesigen Baustelle vor der Tür.
Marketingprofis und Immobilienentwickler wollen aus dem ehemaligen Industriestandort „eine Qualitätslage kreieren“. Da das im Arbeiterviertel Hörde nicht so einfach ist, greifen sie mit 200 Millionen Euro zur großen Geste. Auf 24 Hektar entsteht ein See, drum herum Einfamilienhäuser für Besserverdiener und Büros (Bauwelt 36.2008). Den für alle Beteiligten nicht einfachen Prozess dokumentiert der Film „Göttliche Lage“ von Ulrike Franke und Michael Loeken.
Schnell wird klar: Hier prallen zwei Welten aufeinander. Die Filmemacher zeichnen beide mit Respekt und Homor. Auf der einen Seite die alteingesessenen Bewohner, die sich auf den See freuen, aber auch von Kündigungen betroffen sind und keine Perspektive mit den neuen Nachbarn sehen, die sowieso nicht im alten Hörde einkehren oder einkaufen werden. Auf der anderen Seite die Entwickler und Vermarkter, die offen darauf hoffen, dass „der Markt“ ihre Probleme mit dem vorhandenen Milieu schon „regeln“ wird. Zu den Highlights des Films gehören die Diskussionen der Entwickler, über „Bauhaus-“ und „Toskana-Stil“, über luxuriöse Villenentwürfe („So viele Millionäre hat Dortmund nicht!“) oder über die Ausrottung der Gänse auf dem See („Die ruinieren die Wasserqualität!“). Hinzu kommen die künftigen Bewohner mit ihren Vorstellungen für das neue Eigenheim, das bitte nicht zu „architektisch“ werden soll.
Der Reiz des Films, der das Projekt u.a. mit schönen Zeitraffer-Aufnahmen bis zur erfolgreichen Realisierung begleitet, ist nicht die Geschichte, die sich absehbar entwickelt. Seine Stärke sind die aufmerksamen Milieustudien. Auf der einen Seite ist so ein liebevolles Porträt der Hörder entstanden, auf der anderen ein augenzwinkernder Blick auf die alltäglichen Absurditäten der Immobilienvermarktung.

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