Bauwelt

Raumprogramm und Kontext

Eine prestigeträchtige Architektur für Genf? An exponierter Stelle direkt am Place des Nations soll die Cité de la Musique entstehen. Trotz der auf­sehenerregenden Auswahl zahlreicher Pritzker-Preisträger, gewinnt der lokale Architekt Pierre-Alain Dupraz. Unser Autor findet das Ergebnis eher flau.

Text: Scoffier, Richard, Nizza

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    1. Preis Pierre-Alain Dupraz & Gonçalo Byrne lassen den Körper streng dem Straßenverlauf folgen, zur Parkseite hin ist er geschwungen und offen. Auch der Eingang und das Foyer liegen auf dieser Seite sowie die Lehrräume der Musikschule.
    Abb.: Architekten

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    1. Preis Pierre-Alain Dupraz & Gonçalo Byrne lassen den Körper streng dem Straßenverlauf folgen, zur Parkseite hin ist er geschwungen und offen. Auch der Eingang und das Foyer liegen auf dieser Seite sowie die Lehrräume der Musikschule.

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    Modellfoto: Fondation pour la Cité de la Musique de Genève/Stephan Kortus

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    2. Preis Carrilho da Graça/ JLCG Arquitectos teilen das Gebäude einmal in der Mitte und teilen die Räume für das Orchestre de la Suisse Romande und die Lehrräume für die Musikschule strikt auf. Die Säle befinden sich unter der Erde.
    Abb.: Architekten

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    2. Preis Carrilho da Graça/ JLCG Arquitectos teilen das Gebäude einmal in der Mitte und teilen die Räume für das Orchestre de la Suisse Romande und die Lehrräume für die Musikschule strikt auf. Die Säle befinden sich unter der Erde.

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    Modellfoto: Fondation pour la Cité de la Musique de Genève/Stephan Kortus

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Raumprogramm und Kontext

Eine prestigeträchtige Architektur für Genf? An exponierter Stelle direkt am Place des Nations soll die Cité de la Musique entstehen. Trotz der auf­sehenerregenden Auswahl zahlreicher Pritzker-Preisträger, gewinnt der lokale Architekt Pierre-Alain Dupraz. Unser Autor findet das Ergebnis eher flau.

Text: Scoffier, Richard, Nizza

Weltweit bewunderte Architektur jenseits aller Normvorstellungen wie das Opernhaus von Sydney oder die Hamburger Elbphilharmonie ohne das von diesen Vorbildern so eindrücklich vorexerzierte Budget-Debakel? Kein Widerspruch in sich, dem sich die Stadt Genf für ihre Cité de la Musique stellt. Das Verfahren ist wegen der ehrgeizigen Zielsetzung bemerkenswert: ein Ensemble, das zugleich funktional und ikonisch effektvoll sein soll. Genf, wie ihre Rivalin Zürich eher als Finanzstandort bekannt, wünscht sich ein neues Image. Zum Auftakt schien alles richtig gemacht worden zu sein, 18 Teams wurden eingeladen – darunter international renommierte Büros wie Renzo Piano, Rem Koolhaas, Kengo Kuma oder David Chipperfield. Doch das Nutzungsprogramm, welches das Prestige-Projekt mit der Musikschule koppelt und die Wahl des Standorts im Norden der Stadt in unmittelbarer Nähe zum Place des Nations und dem Gelände der UNO, holt sofort auf den Boden der Tatsachen zurück.
Der von der Stadt zur Verfügung gestellte, etwas abseitig gelegene Standort erweist sich als heikel, wenn nicht sogar als schlichtweg problematisch. Im Viertel sind viele in sich geschlossene bauliche Enklaven aneinandergereiht, gegenüber befindet sich der WIPO-Hauptsitz von Behnisch Architekten (Bauwelt 9.2012), zahlreiche Botschaftsbauten wechseln sich ab mit den Niederlassungen großer internationaler Vereinigungen, wie dem Roten Kreuz. Die schmale und auffällig langgestreckte Parzelle wird im Norden von einem hohen Baumbestand besetzt. Nach Süden hin fällt sie in leicht geneigter Hanglage ab und folgt dabei der Zubringeranbindung für die französische Gemeinde Ferney-Voltaire und den Flughafen in die Genfer Innenstadt. Der Baugrund schließt unmittelbar an die von der monumentalen Skulptur Broken Chair dominierten Place des Nations an – ein Mahnmal zur Ächtung von Landminen und zum Schutz der Zivilbevölkerung vor dem Einsatz von Streumunition. Die Westflanke des Areals folgt dem riesigen Parc du Palais des Nations, ein symbolisch denkbar aufgeladener Ort, der für das Scheitern einer Stadt steht, die mit der Ablehnung des Corbusier-Entwurfs im Jahr 1926 den Anschluss an die Moderne verpasste.
Der Ort ist alles: Das Opernhaus von Sydney lebt von seiner exquisiten Lage an der Spitze der weit in die Bucht hinausreichenden Landzunge, die Elbphilharmonie erhebt sich auf ihrem Gebäudesockel über die Elbe, den Hafen und die Stadt. Hier dagegen ist von all dem nichts zu finden, selbst der Blick auf den Genfer See ist verstellt, der hohe Baumbestand im Park schiebt sich in die Aussicht. Darüber hinaus lässt sich das an sich schon überlange Areal überhaupt nur auf einem schmalen Streifen entlang der Route de Ferney bebauen. Jegliche Bemühungen einer großzügigen Weite oder Offenheit sind so von vornherein schwierig und eine kompakte, weit in die Höhe gezogene Bauform ist so gut wie gesetzt.
Das ausgesprochen dicht gepackte Programm fordert die Kopplung der eigentlichen Philharmonie mit der Musikschule plus drei weiteren öffentlichen Veranstaltungssälen für Kammermusik, lyrische Darbietungen und der Black Box für experimentelle Musik. Um etwaige Ausschweifungen im Keim zu ersticken, wurden alle Vorschläge einer detaillierten Begutachtung unterworfen: Statiker, Wirtschaftsprüfer, Akustiker und weitere Spezialisten hatten Funktionalität, Flächenzahlen und Kosten zu bewerten – als handelte es sich in diesem Stadium nicht um Entwurfskonzepte, sondern um fertig ausgearbeitete Ausschreibungsvorlagen.
Die eingereichten Entwürfe lassen sich unter zwei Kategorien subsumieren: Auf der einen Seite finden sich Projekte, die das Programm baulich übersetzen ohne weitere Fragen zu stellen. Dem gegenüber stehen Entwürfe, die der staatstragenden Rolle eines prestigeträchtigen Bauvorhabens dieser Größenordnung in Bezug auf die Stadt gerecht werden wollen und um Lösungen für die Schwächen des ungünstig abgeschotteten Standorts bemüht sind. Die Jury favorisierte wohl die erste Kategorie.
Die Übersetzung des Programms
Die sehr elegant wirkenden Pläne von Pierre-Alain Dupraz & Gonçalo Byrne (1. Preis) scheinen in erster Linie der Aufgabe verpflichtet, die Bezüge zwischen Konzertsälen und Musikschule zu strukturieren. In diesem Sinne gruppieren sich die beiden Partien in zwei dreieckige, an einer langen Diagonale in Ost-West-Richtung einander friedfertig gegenüberliegende Baukörper. In einem Dreiecksbau sind die öffentlichen Säle nach ansteigender Größe übereinander gestapelt, sodass sich der größte Saal auf die Place des Nations und in Richtung zur Stadt hin öffnet. Im anderen Triangel winden sich die Seminarräume in einer Schnecke um die Hörsäle. Die Erschließung erfolgt von der Parkseite. Die Silhouette des Gebäudes erinnert an das etwas windschiefe Berliner Scharoun-Zelt, das sich konzeptionell der Idee von Musik als lebendiger Kunstform verpflichtet sieht: das Publikum gruppiert sich rings um die Musiker herum. Hier kommt die Idee allerdings eher leblos und wie mit dem Dampfbügeleisen platt gemacht daher. Die vorgehängte Sixties-Fassade könnte ebenso gut einen Bibliotheksbau oder ein Bürogebäude zieren. Der große Konzertsaal erinnert an Hamburg, wirkt aber deutlich massiver. Es ist ein Entwurf, dem man gewisse Qualitäten sicherlich nicht abstreiten will, doch ebenso gilt: Bestimmt braucht man keinen unverhofften Meinungsumschwung zu fürchten bei der Einschätzung, dass das bescheiden wirkende Projekt nicht das Zeug dazu hat wie Hamburg oder Sydney zum Pilgerziel der internationalen Architektur-Szene zu werden.
Dem Siegerentwurf sehr ähnlich und mit vergleichbar bewundernswerter Konsequenz in der Klarheit von Grundriss und Silhouette, gelingt es dem Vorschlag von Carrilho da Graça / JLCG Arquitectos (2. Preis) beide Programme perfekt in einem einzigen Parallelepiped zusammenzuspannen. Alle öffentlichen Säle sind unterirdisch angelegt und durch ein Atrium erschlossen, während die Musikschule darüber um einen langgestreckten Hof herum angeordnet wurde und mit seinen beiden Seitenflügeln eine Rahmung zur Stadt hin ausbildet.
Es ist davon auszugehen, dass der ausführende Bauträger, ein privat geführtes Unternehmen, zweifellos im Stande ist, ein solch anspruchsvolles Vorhaben termin- und sachgerecht umzusetzen. Bei der Realisierung wird er ohne die Einflussmöglichkeiten eines staatlichen oder kommunalen Trägers auskommen.
Aus dem Französischen von Agnes Kloocke

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