Bauwelt

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Wenn es um kostengünstigen Wohnungsbau geht, ist die Forderung nach modularem Bauen und Vorfertigung nicht weit. Doch was heißt das überhaupt? Welche Vorteile haben serielle Bauweisen und Standardisierung und wo liegen die Grenzen?

Text: Gill, Julia, Berlin

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    Für einen Wohnungsbau in Den Haag-Moerwijk ent­wickelten Kempe Thill eine Fassade, die im Werk vorgefertigt wurde.
    Foto: Ulrich Schwarz

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    Für einen Wohnungsbau in Den Haag-Moerwijk ent­wickelten Kempe Thill eine Fassade, die im Werk vorgefertigt wurde.

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    Die Aluminiumfensterrahmen und Abdeckbleche sind in dezenter Goldfarbe ausgeführt.
    Foto: Ulrich Schwarz

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    Die Aluminiumfensterrahmen und Abdeckbleche sind in dezenter Goldfarbe ausgeführt.

    Foto: Ulrich Schwarz

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    Das Gebäude soll eine diskrete Noblesse ausstrahlen und das Stigma, dass sozialer Wohnungsbau nicht nur billig sein muss, sondern auch billig aussehen soll, durchbrechen.
    Foto: Ulrich Schwarz

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    Das Gebäude soll eine diskrete Noblesse ausstrahlen und das Stigma, dass sozialer Wohnungsbau nicht nur billig sein muss, sondern auch billig aussehen soll, durchbrechen.

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    Die finnische Architektin Pia Ilonen baute in Helsinki ein Wohnhaus, das die Bewohner selbst ausbauen ...
    Foto: KUVIO

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    Die finnische Architektin Pia Ilonen baute in Helsinki ein Wohnhaus, das die Bewohner selbst ausbauen ...

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    ... und so Kosten sparen konnten
    Foto: Stefan Bremer

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    ... und so Kosten sparen konnten

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    Für den Bautyp Stadthaus entwickelten Fusi & Ammann Architekten gemeinsam mit der Schwörer Haus KG einen Stadthaustyp ...
    Foto: Martin Kunze

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    Für den Bautyp Stadthaus entwickelten Fusi & Ammann Architekten gemeinsam mit der Schwörer Haus KG einen Stadthaustyp ...

    Foto: Martin Kunze

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    ... der inzwischen auch für unebene Baugrundstücke und in größerer Stückzahl geplant ist.
    Visualisierung: Fusi & Ammann Architekten

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    ... der inzwischen auch für unebene Baugrundstücke und in größerer Stückzahl geplant ist.

    Visualisierung: Fusi & Ammann Architekten

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    Foto: Martin Kunze

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    Für die französische Gemeinde Trignac bauten Lacaton & Vassal Wohnungen ...
    Foto: Philippe Ruault

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    Für die französische Gemeinde Trignac bauten Lacaton & Vassal Wohnungen ...

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    ... aus Gewächshaus­elemente und Polycarbonatplatten
    Foto: Philippe Ruault

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    ... aus Gewächshaus­elemente und Polycarbonatplatten

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    Foto: Lacaton & Vassal

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    Im japanischen Onagawa planten Shigeru Ban Architects Notunterkünfte für Erdbebenopfer.
    Foto: Hiroyuki Hirai

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    Im japanischen Onagawa planten Shigeru Ban Architects Notunterkünfte für Erdbebenopfer.

    Foto: Hiroyuki Hirai

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    Dabei kamen im Werk möblierte Schiffscontainer zum Einsatz.

    Foto: Hiroyuki Hirai

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    Dabei kamen im Werk möblierte Schiffscontainer zum Einsatz.

    Foto: Hiroyuki Hirai

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Wenn es um kostengünstigen Wohnungsbau geht, ist die Forderung nach modularem Bauen und Vorfertigung nicht weit. Doch was heißt das überhaupt? Welche Vorteile haben serielle Bauweisen und Standardisierung und wo liegen die Grenzen?

Text: Gill, Julia, Berlin

Wer wird es diesmal? Kompakte Container? Schlanke Sandwichpaneele? Intelligente Systembauweisen? Unter der Überschrift „Modulares Bauen“ sind auf Standardisierung und Vorfertigung basierende Bauweisen heute wieder populär. Es scheint, dass derzeit alles, was nicht frisch auf der Baustelle zubereitet wird, das Prädikat „Modulbau“ trägt, um im Wettbewerb dabei zu sein. Dabei waren industrielle Bauweisen im Wohnungsbau noch bis vor kurzem assoziativ untrennbar verknüpft mit einer Architektur, die – so jedenfalls – keiner mehr wollte: die der Groß- und Plattenbausiedlungen der 60er bis 80er Jahre.
Ihre Neuauflage verdanken serielle Bauweisen vor allem der Diskussion um die sogenannte „Neue Wohnungsnot“. Diese beschreibt einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum, der in den deutschen Ballungsräumen seit Jahren – und nicht erst seit den jüngsten Migrationsbewegungen – spürbar ist. Schnell und kostengünstig soll nun der Serienbau als schärfste Waffe der „Wohnungsbau-Offensive“ des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen (BMUB) die Löcher stopfen, die ein jahrzehntelanges Aussetzen der Sozialen Wohnraumförderung am Markt hinterließ. Das ist in mehrfacher Hinsicht erstaunlich: Erstens scheinen Zeit- und Kostendruck hausgemacht, waren doch die Entwicklungen am Wohnungsmarkt längst absehbar. Zweitens haben die Baukosten nur bedingt Einfluss auf die Wohnkosten. Diese setzen sich aus sehr viel mehr Faktoren zusammen, wie etwa Grundstücks-, Finanzierungs-, Unterhaltungs-, Energie- und Lebenszykluskosten. Zudem folgen sie – sofern nicht politisch reglementiert – in erster Linie den Gesetzmäßigkeiten des Marktes. Drittens schließlich garantieren Standardisierung und Vorfertigung nicht automatisch Kosten- und Zeiteffizienz. Das belegen nicht zuletzt die Preise, die Kommunen derzeit für die Errichtung provisorischer Containerbauten zur Unterbringung geflüchteter Men­schen bezahlen. Diese nämlich kommen örtlichen Immobilienpreisen für Wohneigentum durchaus nahe.
Doch was ist modulares Bauen überhaupt? Welche Potenziale, aber auch welche Probleme bringt es mit sich? Abgeleitet vom lateinischen modulus (Maß, Maßstab) bezeichnet der Begriff modular zunächst nichts weiter als die Zugehörigkeit zu einem Maß- oder Proportionssystem. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet ein „Modul“ – im übertragenen wie im konkreten Sinne – einen Baustein eines größeren Systems. Beide Lesarten lassen in Bezug auf das Bauen viele Interpretationsmöglichkeiten hinsichtlich Größe, Komplexität und Art dieser Bausteine zu. Es kann sich ebenso um konstruktive wie auch um raumhaltige Elemente, zum Beispiel Nasszellen oder ganze Wohneinheiten, handeln, solange diese „fertig“ auf die Baustelle kommen. Mit Vorfertigung werden heute neben Zeit- und Kosteneffizienz auch andere Ziele verfolgt. Häufig geht es um energetische Leistungsfähigkeit oder gestalterische Präzision, die mit konventionellen Bauweisen nicht in derselben Qualität zu erreichen sind. Zugleich ist Vorfertigung nur eine von vielen möglichen Strategien der Standardisierung, die (einhergehend mit einer Revision unserer Wohnstandards) in der Diskussion um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum Potenzial besitzen.
Der Begriff Standardisierung bezeichnet die Vereinheitlichung von Erzeugnissen oder Fertigungsweisen. Im Wohnungsbau umfasst dies nicht nur die Vorfertigung, sondern auch den Einsatz genormter Bauelemente und -materialien. In der Planung bezeichnet Standardisierung die Erarbeitung von Typengrundrissen und Regeldetails. Ziel ist einerseits Zeit- und Kostenersparnis, andererseits die Sicherung eines anerkannten oder angestrebten Qualitätsniveaus, eines Standards, dessen Verbreitung wiederum durch Standardisierung vorangetrieben wird. Standards sollten auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik beruhen und mit Blick auf gesamtgesellschaftliche Interessen definiert sein. Einige sind heute gesetzlich festgelegt. Dies betrifft z.B. den Brand- und Schallschutz, die Sanitärausstattung oder die Belichtung von Aufenthaltsräumen. Für einen verlässlichen Absatz argumentieren Vermieter und Investoren mit Vermarktungsstandards für Wohnungsgrößen und -zuschnitte oder für die Materialität der Wand- und Bodenflächen, wobei insbesondere hier der gesamtgesellschaftliche Nutzen fraglich ist.
Ein originär mit Standardisierung verknüpftes Problem ist die mangelnde Anpassungsfähigkeit der Systeme an Ort und Nutzer. Hieraus erwächst die Gefahr gestalterischer und funktionaler Monotonie – insbesondere, da sich die Investition in die Entwicklung erst über die Menge amortisiert. Die Übertragung von Prinzipien der Mass Customization, also der Individualisierung industriell gefertigter Produkte unter Beibehaltung serieller Produktion, eröffnet gewisse Spielräume, erfolgt jedoch in der Regel nicht kostenneutral. Sie führt zudem meist zu gestalterisch eher konventionellen Ergebnissen, da sich die „Kundenwünsche“ naturgemäß am bereits etablierten „Geschmack“ orientieren. Ein Beispiel für diese Art von kundenindividueller Serienfertigung sind die „Case Study“-Häuser, die Fusi & Ammann Architekten zusammen mit der Schwörer Unternehmensgruppe entwickelten. Die erstmals im Rahmen der IBA Hamburg erprobte Kooperation zeigt, dass die Übertragung einer im Eigenheimbau bewährten Technologie auf den innerstädtischen Geschosswohnungsbau erfolgreich sein kann: Unter Einsatz von bis zu 3x12,50 Quadratmeter großen Wandelementen mit Verkleidung, Fenstern und vorbereiteter Installationsführung wurden seither sechs Bauvorhaben für ganz unterschiedliche städtebauliche Situationen konzipiert.
Vielversprechender erscheinen Ansätze, die gezielt auf einzelne Aspekte von Standardisierung setzen, um durch Einsparungen auf der einen Seite auf der anderen Seite Gestaltungs- und Aneignungsspielräume zu eröffnen – und neben äußerst kostengünstigen auch qualitätvolle Wohnungen ermöglichen. So kombiniert das niederländische Atelier Kempe Thill beim Bau von (Sozial-)Wohnungen eine intelligente Logistik für einen konventionell errichteten Rohbau (Tunnelschalung für Ortbeton) mit der Fabrikfertigung solcher Bauteile, die viele Gewerke miteinander verbinden: Sie entwickeln geschosshohe, achsbreite Fassadenelemente, um den Planungs- und Montageaufwand auf wenige Anschlusspunkte zu reduzieren. Es entstehen gestalterisch hochwertige Wohngebäude zu sehr günstigen Preisen. Das französische Büro Lacaton & Vassal hingegen verwendet auf unkonventionelle Weise großformatige, marktgängige Industriebauteile und -materialien: Gewächshauselemente, Polycarbonatplatten und Thermovorhänge. Die Einsparungen bei Planung und Fertigung werden – zum Teil – in ein „Plus“ an Wohnfläche reinvestiert. Pia Ilonen, Mitglied der finnischen Architektengruppe Talli, konzipierte in Helsinki eine Art Wohnregal (Bauwelt 18.2016). Die Bewohner konnten dort den Ausbau standardisierter „Roh-Raumzellen“ mit Grundflächen von 50 bzw. 100 Quadratmetern und 5,50 m Raumhöhe selbst gestalten und durch Eigenarbeit Kosten sparen. Die Raumaufteilung und der Einbau einer Galerieebene war den Nutzern überlassen, allein die Badezimmer wurden als vorgefertigte Raum­zellen auf die Baustelle geliefert. Dass sich selbst aus Schiffscontainern Wohnungen mit Freiräumen realisieren lassen, zeigen die von Shigeru Ban Architects geplanten Notunterkünfte für Erdbebenopfer in Onagawa. Die Module sind fertig möbliert und „auf Lücke“ angeordnet. Dazwischen bleibt Platz für individuelle Nutzungen.
In derart intelligenten Verknüpfungen von Standardisierung und Individualisierung scheint das größte Potenzial und auch die größte Herausforderung für einen kostengünstigen und zugleich nachhaltigen Wohnungsbau zu liegen.

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