Bauwelt

Werner Orlowsky

1928–2016

Text: Eichstädt, Wulf, Berlin

Werner Orlowsky

1928–2016

Text: Eichstädt, Wulf, Berlin

Der Wandel von der abrissgeprägten Sanierungspolitik zur Behutsamen Stadterneuerung in Berlin-Kreuzberg zwischen 1979 und 1989 hatte nicht nur eine professionelle und betroffenenpolitische Seite zusammen mit baukünstlerischen Statements von Architekten wie Siza, Steidle oder Baller, sondern auch eine administrative. Sanierungsverwaltungsstelle, Bauaufsicht und Planungsamt des Bezirks Kreuzberg sowie die Fachabteilungen des Berliner Bausenats hatten die Durchsetzung der Behutsamen Stadterneuerung lange behindert, weil sie im Konfliktfall eher den Argumenten der Wohnungsbaugesellschaften und Investoren folgte als den Forderungen der Bewohner, die von einer konkreten Baumaßnahme betroffen waren. Der zähe Richtungsstreit änderte sich erst im Zuge der Hausbesetzungen 1980/81. Über 200 besetzte Häuser mit mehr als 3000 Wohnungen führten der Öffentlichkeit das Scheitern der bis dato durchgesetzten Sanierungspraxis vor Augen.
In dieser Auseinandersetzung spielte Werner Orlowsky, ehemaliger Gewerbetreibender vom Kottbusser Tor und ab 1981 erster grüner Baustadtrat, die entscheidende Rolle. Erst mit ihm gelang es, die bis dahin üblichen behördlichen Routinen aufzubrechen und das einzelne konkrete Erneuerungsvorhaben verlässlich an die Betroffeneninteressen zu binden und Besetzerkonflikte friedlich aufzulösen. Kraft seiner glänzenden Rhetorik vermochte er, das Vertrauen von Anwohnerversammlungen und Besetzerplenen zu erlangen, vor allem aber lag sein Verdienst in seiner täglichen Schreibtischarbeit, bei der er jedes einzelne Abriss-, Bau- und Erneuerungsvorhaben gemeinsam mit seinen jungen Mitarbeitern auf den Prüfstand stellte und auf Nutzen und Zumutbarkeit für die Betroffenen überprüfte.
Bei diesen Interventionen waren regelmäßig Konflikte mit Bauherren, Hausbesitzern und Fachbeamten zu bewältigen, die Mut, Hartnäckigkeit und Durchsetzungswillen erforderten. Orlowsky, in Bau- und Verwaltungssachen nicht vorgebildet, konnte sich dabei nur auf seine eigenen Erfahrungen und auf den unbedingten Rückhalt der Betroffenenvertreter verlassen. Die erfolgreiche Behutsame Stadterneuerung in Berlin-Kreuzberg der 80er Jahre hatte viele Väter. Werner Orlowsky, Stadtrat bis zur Wende 1989, war ein entscheidender.

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