Bauwelt

Welche Identität?

Ausstellung slowakischer Architektur in Berlin

Text: Meyer, Ulf, Berlin

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Wohnhaus Nový háj, Atelier ITB
    Foto: L. Stacho

    • Social Media Items Social Media Items
    Wohnhaus Nový háj, Atelier ITB

    Foto: L. Stacho

Welche Identität?

Ausstellung slowakischer Architektur in Berlin

Text: Meyer, Ulf, Berlin

Die Slowakei gehört zu den jüngsten Staaten Europas. Ihre größte Stadt, Bratislava – einst direkt hinter dem „Eisernen Vorhang“ gelegen –, wurde 1993 zur Hauptstadt und musste als „kleine Großstadt“ alles, was eine Kapitale ausmacht, neu bauen. Eine kleine, feine Ausstellung im Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin präsentiert derzeit die besten Bauten der letzten zwanzig Jahre in Modell, Zeichnung, Foto und Text.
Nach dem Übergang zur Marktwirtschaft flossen erstmals wieder private Investitionen und Auslandskapital in die Stadt. So sind bezeichnenderweise heute die beiden dominanten Hochhäuser der Innenstadt die Zentrale der größten slowakischen Bank „Všeobecná úverová banka“ (1997) von Ján Bahna und die Nationalbank (2002) von Martin Kusý und Pavol Paňák. Die Architekten bauten auch die neue slowakische Botschaft in Berlin (2010), deren Kulturabteilung zusammen mit dem Verband Slowakischer Architekten die Ausstellung initiiert hat.
Im Osten der Stadt, am Ufer der Donau, entstehen derzeit weitere Hochhäuser: Gerade eingeweiht wurde die gigantische „Panorama City“ von Ricardo Boffil, der noch vier „Čulenova“ genannte Türme von Zaha Hadid zur Seite gestellt werden sollen. Ebenfalls an der Peripherie von Bratislava breiten sich große Einkaufs- und Verwaltungszentren wie der „Digital Park“ von Jakub Cigler (2009) und der „Reding Tower II“ von Vitko und Kobák (2012) aus. „Sie brachten die Entvölkerung der Altstadt mit sich“, bemerken die Kura-toren der Berliner Ausstellung trocken. Dort gibt es zahlreiche Meisterwerke der klassischen Moderne – wie die Sparkasse Slovenská Sporiteľňa von Juraj Tvarožek (1930), die von Ján Bahna im Jahr 2000 sorgfältig rekonstruiert wurde, andere Juwelen sind akut abrissgefährdet. Zu den bekanntesten großen neuen Wohnbauten in der Stadt gehören „Rozadol“ von Moravčík und Šujan (2006) und „Nový háj“ von Atelier ITB (Tomáš Šebo, Igor Lichý, Emanuel Zatlukaj und Katarína Uhnáková) aus dem Jahr 2015. In der zweitgrößten Stadt des Landes, Kosiče in der Ostslowakei, „Kulturhauptstadt Europas 2013“, hat Irakli Eristavi ein altes Kasernenareal in einen modernen Kulturpark verwandelt (Bauwelt 38.2013).
„Ein Handicap für die slowakische Architektur ist, dass zu wenig in die Kultur und das Bildungswesen investiert wird. Es gibt nur wenige öffentliche Architekturwettbewerbe“, schreiben die Organisatoren der Berliner Schau, „Subjektivität und Einzigartigkeit werden vermisst.“ Trotzdem entstanden in den letzten zwanzig Jahren interessante Sakralbauten wie die Kirchen in Nitra und Viglas und markante Freizeitbauten wie das Eishockeystadion von Ondrej Nepela/Fischer (2011) oder das RELAXX Sportzentrum in Bratislava von AK2 (2009). Doch die 26 vorgestellten Bauten wollen sich nicht zum Bild einer neuen slowakischen  Architektur fügen. Aber der Kurator der Schau, Ján Bahna, ist zuversichtlich: „So wie seit dem EU-Beitritt 2004 das gesamte kulturelle Niveau der Gesellschaft wächst, so wächst auch unsere Architektur als Zeuge dieser Zeit.“

0 Kommentare


loading
x
loading

9.2024

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.