Bauwelt

Verflüssigte Welten

UNStudio in München

Text: Paul, Jochen, München

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Irritation in der Architekturgalerie München
Foto: Sebastian Schels, Pk. Odessa Co

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Irritation in der Architekturgalerie München

Foto: Sebastian Schels, Pk. Odessa Co


Verflüssigte Welten

UNStudio in München

Text: Paul, Jochen, München

Mit dem Einfluss von Bewegung auf Architektur beschäftigen sich Ben van Berkel und Caroline Bos nicht erst, seit van Berkel 2011 für eine F.A.Z.-Kampagne im Wohnwagen posierte. „Move“ hieß schon ihr Manifest aus dem Jahr 1999, mit dem sie „weg vom ausgebrannten Mutterschiff der überkommenen Architekturpraxis hin zur Erkundung neuer Territorien des Bauens“ aufbrechen wollten.
Das ist UNStudio seitdem beeindruckend gelungen: Das Büro mit Sitz in Amsterdam und Shanghai baut in Europa, China, Dubai, Hongkong, Südkorea und Singapur; das Aufgabenspektrum der aktuell 148 Mitarbeiter reicht vom Türdrücker über das Loft eines Kunstsammlers in New York bis zum Flughafen in Kutaisi/Georgien. Mit diesem „Weg-von-der-überkommenen-Architekturpraxis“ einher geht die Vorstellung der Architekten von einer zunehmend „verflüssigten Art und Weise, wie die Welt heute organisiert ist“ – worauf die Architektur zu reagieren habe, indem sie performativer und interaktiver werde. In diesem Kontext untersucht UNStudio seit längerem das Potenzial von Installationen und Ausstellungen für die dynamische Raumerfahrung.
In der Ausstellung „Motion Matters 4.0“ spielen Licht, Farbe und die Möglichkeit des Perspektivwechsels die zentrale Rolle. Weil die Räume der Architekturgalerie München es nicht zulassen, die Projekte wie bei den Vorgänger-Stationen in Harvard, in Berlin und in Rom im Maßstab 1:1 zu zeigen, wandelten UNStudio ihr Konzept leicht ab: Für jeden der drei gezeigten Bauten – das Wohn- und Bürohaus Baumkirchen-Mitte in München, das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart und das jüngst eröffnete Theatre de Stoep in Spijkenisse – gibt es exakt einen Standpunkt, von dem aus sich eine Zentralperspektive auf das Gebäude ergibt. Dieser Punkt ist auf dem Boden mit einem grauen Kreis markiert; verlässt man ihn, beginnen sich die raumhohen Fotografien zu überlagern und wie in einem Zerrspiegel zu verändern – sie wurden nicht flach auf die Wände, sondern auf die raumbildend gefaltete Ausstellungsarchitektur und den Boden aufgebracht und mit Rhino und Photoshop auf den Idealstandpunkt hin berechnet.
Mit einem solchen Arrangement lässt sich zwar das Dilemma, dass Architekturausstellungen ihre Besucher nicht an den Ort des gebauten Geschehens versetzen können, auch nicht auflösen – aber beim Durchlaufen der raumschaffenden Installation entstehen permanent andere Bilder, optische Illusionen und Trompe-l`Oeuil-Effekte. Um dem Besucher die Diskrepanz zwischen Vision und Realität stärker zu verdeutlichen, verwenden UNStudio in München erstmals nicht nur „starre“ Fotos, sondern auch Projektionen und reflektierende Oberflächen. Die eröffnen nebenbei Einblicke in die Arbeit des Büros für Projekte im Nahen, Mittleren und Fernen Osten. Dort gehören bewegte Bilder und Animationen inzwischen bei fast jedem Wettbewerb zum Pflichtprogramm.

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