Bauwelt

Nach dem Bauhaus

Lucia Moholys Fotos vom Dessauer Bauhaus kennt jeder. Eine Ausstellung im Bauhaus-Archiv in Berlin zeigt: Die späteren Arbeiten der Kunstwissenschaftlerin und Fotografin sind nicht weniger sehenswert

Text: Kasiske, Michael, Berlin

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    Fotografien von Lucia ­Moholy: Health Centre Peckham, London (Arch.: William Owens), 1933–1935.
    Bauhaus-Archiv Berlin © VG Bild-Kunst Bonn

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    Fotografien von Lucia ­Moholy: Health Centre Peckham, London (Arch.: William Owens), 1933–1935.

    Bauhaus-Archiv Berlin © VG Bild-Kunst Bonn

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    ohne Titel (London, Schornsteine)

    Bauhaus-Archiv Berlin © VG Bild-Kunst Bonn

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    ohne Titel (London, Schornsteine)

    Bauhaus-Archiv Berlin © VG Bild-Kunst Bonn

Nach dem Bauhaus

Lucia Moholys Fotos vom Dessauer Bauhaus kennt jeder. Eine Ausstellung im Bauhaus-Archiv in Berlin zeigt: Die späteren Arbeiten der Kunstwissenschaftlerin und Fotografin sind nicht weniger sehenswert

Text: Kasiske, Michael, Berlin

Senkrecht sind nur die Schornsteine aus Backstein. Die Traufe fällt von links nach rechts durch das Bild und trennt das unsichtbare, von der Sonne beschienene Dach von der Wand, die überwiegend im Dunkeln liegt. Die Fenster der Gauben sind weit aufgestoßen, im Gegensatz zu denen darunter, die sich in ihrer tiefen Laibung zu verkriechen scheinen. Ein angeschnittener Bogen in der linken oberen Bildecke zeigt, dass die Fotografin das Objektiv aus einer Durchfahrt heraus gen Himmel gerichtet hat.
Die Kunstwissenschaftlerin Lucia Moholy, Anfang 40, deutsche Emigrantin in London, war ihrer Zeit voraus, als sie 1936 die Stadt, die für das nächste Vierteljahrhundert ihr Wohnort werden sollte, mit der Kamera erkundete: Das Alltagsbild als Sujet, das Politik, Ökonomie, Technik, Ästhetik, Kunst und Soziokultur gleichermaßen beinhaltet, wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg geläufig. Das Bauhaus-Archiv in Berlin zeigt das Schaffen von Lucia Moholy (1894–1989) bis Ende der 50er Jahre, als sie die praktische Fotografie beendete und nach Zürich zog.
Die Arbeiten, die man bislang mit Moholy verband, entstanden in den 20er Jahren: zum einen die Dokumentation des Bauhauses in Dessau, insbesondere der Bauten von Walter Gropius, die laut ihrem Biografen Rolf Sachsse „bis zur Kunstlosigkeit sachlich waren, keinerlei Anspruch auf Eigengestaltung erhoben, sondern sich gegenüber ihrem Gegenstand soweit als irgend möglich zurücknahmen.“ Zum anderen war sie aktiv beteiligt an den lichtbildnerischen Experimenten ihres damaligen Ehemanns, des Bauhauslehrers László Moholy-Nagy, mit denen er als Künstler reüssierte.
Die Ausstellung präsentiert, neben den Bildern des Londoner Alltags, Auftragsarbeiten für Architekten (wiederum Bauten moderner Architektur) und Porträts, die gerade durch ihre Distanz das Wesen der Abgebildeten herausstellen. Ein weiterer Teil widmet sich ihrem pünktlich zum Jubiläum erschienenen Buch „A Hundred Years of Photography 1839–1939“. Zahlreiche Vorarbeiten, bereits in Deutschland entstanden, zeugen von Moholys früh einsetzender Reflexion des Mediums. Das populäre Buch ist, erstmalig ins Deutsche übersetzt, als vierter Band der Reihe „Bauhäusler. Dokumente aus dem Bauhaus-Archiv Berlin“ neu aufgelegt worden.
Ab 1946 arbeitete Lucia Moholy für die Unesco als Beauftragte für die Verfilmung von Kulturgut im mittleren und nahen Osten. Ausgestellt sind Bilder etwa aus Jugoslawien und Israel, auf denen die Zivilisation – Menschen und ihre Umgebung – sachlich und respektvoll gegenüber den Abgelichteten wiedergegeben wird. Diese nur dem Objekt verpflichtete Haltung war zweifellos der Grund, warum Gropius Lucia Moholys Bilder seiner Bauten lange verwendete. Sie selbst maß dem keinen eigenen künstlerischen Wert zu – es war schlicht ihr Verständnis vom Auftrag der Fotografie.

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