Bauwelt

Bergland im Höhenrausch

Roche-Turm, Basel Limmat-Tower, Dietikon Swissmill-Silo, Zürich

Text: Herzog, Andres, Zürich

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Auf den Prime Tower von Gigon/Guyer folgte in Zürich-West ein Hochhaus auf das nächste.
Foto: Shinkenchikusha

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Auf den Prime Tower von Gigon/Guyer folgte in Zürich-West ein Hochhaus auf das nächste.

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Bergland im Höhenrausch

Roche-Turm, Basel Limmat-Tower, Dietikon Swissmill-Silo, Zürich

Text: Herzog, Andres, Zürich

Die Schweizer wollen hoch hinaus. Angetrieben von den teuren Landpreisen, dem Ruf nach Verdichtung und der wiederentdeckten Freude an der Urbanität, wachsen in fast allen größeren Städten Türme aus dem Boden. Ein Dutzend entstand in den letzten Jahren allein in Zürich. Auch in Basel, St. Gallen, Luzern, Zug oder Chur sprossen Türme aus dem Baugrund. Selbst die Westschweiz, wo schon lange nicht mehr in die Höhe gebaut wurde, denkt wieder an Türme, in Genf ist gar ein ganzes Hochhaus-Quartier geplant. Einzig im Tessin scheinen hohe Häuser kein Thema zu sein.
Jahrzehntelang war das Hochhaus totgesagt. Aus Angst, weil die Bewohner in den Wohnsilos der sechziger und siebziger Jahre zu vereinsamen drohten. Weil die Hochhäuser der Moderne auf ihren Stelzen das Erdgeschoss veröden ließen. Weil das Hochhaus für Urbanität schlechthin stand und die Stadt dank dem Auto ausgedient zu haben schien. Doch das ist Vergangenheit. Im 21. Jahrhundert ist die Stadt wieder stark und sind Superlative erwünscht. Nur die Vorzeichen haben sich umgekehrt. Nicht für die Mittelschicht wird gebaut, sondern meist für die Reichen. In ihren vollverglasten Apartments. In ihren Büros in den Champagneretagen.
Die Renaissance des Hochhauses begann gemächlich. In den neunziger Jahren wagten sich gerade einmal zwei Bauten über die Hochhausgrenze von 25 Metern, 2003 stellte der Messe-Turm in Basel (105 Meter) einen neuen Rekord auf. Richtig Schub erhielt das Hochhaus erst 2011 mit dem PrimeTower (126 Meter) in Zürich-West, von wo aus das Hochhausfieber aufs ganze Land übergriff. Mit dem Roche-Turm (178 Meter) steht das mit Abstand höchste Haus der Schweiz wieder in Basel. Doch der Turm bleibt eine Ausnahme. Die Ökonomie und der Brandschutz definieren die größte Rendite bei rund 80 Metern, was dem Höhenrausch enge Grenzen setzt.
Der Thementeil zeigt, warum man hoch baut: um die Macht einer Firma zu demonstrieren (S. 16), um luxuriösen Wohnungen Aussicht zu bieten (S. 22) oder schlicht, um Platz zu schaffen (S. 26). Allerdings ist das Hochhaus kein Rezept für die Verdichtung, wie Stadtplaner betonen. Das Baurecht limitiert die Ausnutzung der Grundstücke, auch gibt es Richtlinien zum Schattenwurf. Überdies weisen viele Städte mit einem Leitbild aus, wo Türme erlaubt sind. Das Hochhaus ermöglicht jedoch, zentrale Grundstücke zu vergolden. Denn für die Aussicht bezahlen die Bewohner extra. Das haben auch die Schweizerischen Bundesbahnen gemerkt, die bei den Bahnhöfen rund ein Dutzend Mal in die Höhe bauen. Möglich ist dies auch, weil die Bürger selbst in Kleinstädten für Türme votieren. Die Turmeuphorie dürfte so schnell also nicht abreißen. Vorausgesetzt, der Klientel geht das Geld nicht aus.

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